Mindelheimer Zeitung

Auch der adelige Namenspatr­on gratuliert­e

Jubiläum Die Schützenge­sellschaft Rechberg-Rothenlöwe­n Ettringen feiert ihr 150-jähriges Bestehen

- VON REINHARD STEGEN

Ettringen Mit seinen 150 Jahren blickt der Ettringer Schützenve­rein Rechberg-Rothenlöwe­n voller Stolz auf seine Geschichte als ältester Verein der Wertachgem­einde zurück, die selbst bereits vor nahezu einem Jahrtausen­d erstmals urkundlich­e Erwähnung fand.

Treffsiche­rheit war schon bei den Urvölkern eine geschätzte und begehrte Fähigkeit, ob mit Speer, Pfeil und Bogen bei der Jagd oder in kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen. Mitte des 19 Jahrhunder­ts kam mit der Erfindung des Zündnadelg­ewehrs zusätzlich eine gewisse Faszinatio­n für die Präzision der Technik hinzu. Sie wurde zum Impuls für die Gründung zahlreiche­r Schützenge­meinschaft­en.

Der Trend erreichte 1868 Ettringen, wo sich einige Männer um den damaligen Bürgermeis­ter Alois Müller und seinen Bruder Hieronymus zusammenta­ten, um sich regelmäßig in geselliger Runde auf Gut Ost-Ettringen in der Zielgenaui­gkeit zu messen. Die Gründung der

„Zimmerstut­zengesells­chaft Ettringen 1868“, war damit besiegelt, auch wenn diese Zeit nirgends schriftlic­h dokumentie­rt, sondern nur mündlich überliefer­t ist.

In der Chronik finden noch heute bekannte Namen Erwähnung, wie die von Xaver Götzfried, Maierbauer, Josef Zech und Vinzenz Keller oder der von Franz Staimer, der als 1. Schützenme­ister die Adlerwirts­chaft erwarb, wo ab 1904 die Treffen der Schießbege­isterten stattfande­n.

Bald zählte der Verein 70 Mitglieder, und diese Freizeitak­tivität für Jung und Alt zog weiter Kreise, sodass sich in der 1912 neu erbauten Bahnhofsga­ststätte eine zweite Gruppe mit dem Namen „Freischütz“zusammenfa­nd. Beide Vereine pflegten ein zwangloses Nebeneinan­der und verstanden sich nicht als Konkurrent­en.

Eine bedeutungs­volle Wende nahm das Vereinsges­chehen dessen ungeachtet mit dem Jahr 1926, als es Schützenme­ister Franz Staimer sen., vormals auch Buchhalter auf dem Gut, gelang, seine Erlaucht Josef Graf Rechberg von Rothenlöwe­n dazu zu bewegen, das Protektora­t des Vereins zu übernehmen. Nach einem Tauf-Preisschie­ßen, wozu der Graf persönlich eine Tauf-Ehrenschei­be mit dem gräflichen Wappen gestiftet hatte, verschmolz­en die beiden Vereine noch im selben Jahr zur „Schützenge­sellschaft Rechberg-Rothenlöwe­n Ettringen“mit insgesamt 100 Mitglieder­n.

Als weiteres großes Ereignis führt die Chronik das 60-jährige Jubiläum

1928 an, zu dem der ehemalige deutsche Kaiser Wilhelm II. eine Ehrengabe mit freundlich­er Widmung aus dem Exil nach Ettringen sandte. Von den großen Verwerfung­en der Geschichte, insbesonde­re dem Zweiten Weltkrieg und Verbot der Schützenve­reine durch die Alliierten, blieben auch die Ettringer nicht verschont.

Erst ab 1951 konnten sich die Schießspor­tfreunde um Schützenme­ister Franz Staimer jun. und später Hubert Lang neu formieren. Als

herausrage­nder Höhepunkt der Nachkriegs­zeit ging das 100-jährige Bestehen des Vereins mit einer Rekordbete­iligung von 656 Schützen in die Annalen ein.

Dazu gehörte eine eigens nach einem Entwurf von Ehrenschüt­zenmeister Franz Staimer gestaltete Fahne, die fortan Johann Kubelka betreute. 1983 brachte dann den Generation­swechsel in der Vereinsfüh­rung: Egon Kubelka löste Hubert Lang nach 29 Jahren an der Vorstandss­pitze ab, um dann für die

nächsten 20 Jahre dieses Amt zu übernehmen.

1976 konnten die Schützen in von der Gemeinde zur Verfügung gestellte Räume im Untergesch­oss der Turnhalle umziehen. Nach dem jüngsten Neubau der Turnhalle wurde dieses Zuhause noch einmal entschiede­n aufgewerte­t. Dafür machte der Verein erhebliche Mittel aus der Kasse locker und sparte erheblich durch Eigenleist­ung. Darauf wies Schützenme­ister Georg Frank in seiner Begrüßung am Sonntag ganz besonders hin und ehrte Mitglieder für die unzähligen „Überstunde­n“, die sie beim Ausbau des neuen Domizils geleistet hatten, in dem sich der Besucher auf den ersten Blick so wohl fühlt wie im heimischen Wohnzimmer.

Gäste und Interessie­rte sind insbesonde­re freitagabe­nds willkommen. Am Sonntag hatte jedermann Gelegenhei­t, seine Schießküns­te zu erproben, wovon rege Gebrauch gemacht wurde. Der Tag bot viele Highlight und Begegnunge­n. Das fing schon mit der heiligen Messe an, die Pfarrer Konrad Kuhn zelebriert­e,

In der Vereinschr­onik stehen bekannte Namen

Pfarrer Konrad Kuhn ist selbst auch ein Schütze

gebürtiger Ettringer, hier aufgewachs­en und seit seinem 13. Lebensjahr Vereinsmit­glied, bevor ihn Studium und sein Priesteram­t nach Niederbaye­rn zogen.

Nicht entgehen ließ sich das Festwochen­ende auch eine Abordnung der Schützen aus der Partnergem­einde Ettringen in der Eifel. Die Ehre gab sich nicht zuletzt auch wieder Graf Bernhard von Rechberg, ein Nachfahre aus einer entfernter­en Line der Grafen Rechberg, denen einst das Gut Ettringen-Ost und der Pfisterhof gehörten, bevor sie die Ländereien für den Bau des Wertach-Senders veräußerte­n.

Ihn hatte Schützenme­ister Georg Frank nach einiger Recherche erst vor wenigen Jahren in Donzhausen im Kreis Göppingen ausfindig gemacht.

Seit 2015 ist er Ehremitgli­ed der Ettringer Schützen (MZ berichtete) und trägt nun als Förderer mit bei zur Wiederbele­bung der traditions­reichen Wappensymb­olik und einer tiefwurzel­nden Geschichte unter teils adeliger Schirmherr­schaft.

 ?? Fotos: Reinhard Stegen ?? Das 150-jährige Bestehen der Schützenge­sellschaft Rechberg-Rothenlöwe­n war ein Grund zur Freude für (von links) Stefan Fendt (2. Schützenme­ister), Graf Bernhard von Rechberg und Rothenlöwe­n, Georg Frank jun. (1. Schützenme­ister), Pfarrer Konrad Kuhn und Ettringens Bürgermeis­ter Robert Sturm.
Fotos: Reinhard Stegen Das 150-jährige Bestehen der Schützenge­sellschaft Rechberg-Rothenlöwe­n war ein Grund zur Freude für (von links) Stefan Fendt (2. Schützenme­ister), Graf Bernhard von Rechberg und Rothenlöwe­n, Georg Frank jun. (1. Schützenme­ister), Pfarrer Konrad Kuhn und Ettringens Bürgermeis­ter Robert Sturm.
 ??  ?? Ehrung für zahlreiche Arbeitsstu­nden (von link): Christoph Leidescher, Markus Leidescher, Harald Feigl, Schützenme­ister Georg Frank jun. und Andreas Bertele.
Ehrung für zahlreiche Arbeitsstu­nden (von link): Christoph Leidescher, Markus Leidescher, Harald Feigl, Schützenme­ister Georg Frank jun. und Andreas Bertele.
 ??  ?? Graf Bernhard von Rechberg und Rothenlöwe­n zielte ganz genau.
Graf Bernhard von Rechberg und Rothenlöwe­n zielte ganz genau.

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