Nicht mehr nur das Fußvolk sein
Deutsch-deutsche Probleme aus Sicht eines einstigen Ddr-bürgerrechtlers. Arnold Vaatz zu Gast in Bad Wörishofen
Bad Wörishofen Auch 28 Jahre nach der Wiedervereinigung rumort es im Lande. Unmut macht sich breit, obwohl Deutschland die besten Arbeitslosenzahlen vorweisen kann und die Wirtschaft boomt. Auf diese
Fragen versuchten die Csu-ortsverbände Mindelheim und Bad Wörishofen eine Antwort zu finden und hatten den stellvertretenden Cdubundestagsfraktionsvorsitzenden und ehemaligen Bürgerrechtler in der DDR, Arnold Vaatz, zu einer etwas anderen Diskussionsrunde eingeladen. Dieser schilderte die Sicht auf die politische Entwicklung aus der Sicht des Ostens.
Für den wachsenden Unmut an den Parteien machte Vaatz die Entfremdung zwischen Wahlvolk und Politikern verantwortlich. Und er nannte drei Beispiele: Begonnen habe das Dilemma mit dem Rettungsschirm für Griechenland. Dann die Kehrtwende in der Energiepolitik, wo man über Nacht die Atomkraftwerke abgeschaltet habe. Als nächstes gehe es auf die Kohle, obwohl Vaartz bezweifelte, dass Deutschland ohne Kohlekraftwerke und nur mit erneuerbarer Energie seinen Energiebedarf decken könne. Und schließlich habe die ungezügelte Einwanderung im Jahre 2015 endgültig die Menschen am System zweifeln lassen. Während die Entscheidungen zu diesen Problemen im Bundestag relativ unumstritten waren, sei die Mehrheit der Menschen anderer Auffassung gewesen. „Wenn die Politiker nicht mehr die Meinung der Bürger vertreten, dann suchen sie sich halt andere Parteien“, meinte Vaatz zu den Erfolgen der AFD.
Mitschuld an der Entwicklung gab er auch den den öffentlichrechtlichen Medien, die seiner Meinung nach keine richtige Diskussion mehr zuließen. Da werde schon die Therapie serviert, ehe die Lage diagnostiziert worden sei.
Im Osten komme die Entfremdung zwischen Ost und West hinzu. Im Westen werde zu wenig anerkannt, dass die Wiedervereinigung von den Bürgern in der DDR erstritten wurde. Nach der Freude sei die Ernüchterung gekommen. Leider sei der Eindruck entstanden, der Westen sei der Lehrmeister. Als Beispiel nannte Vaatz den Aufbau von Ministerien und Wirtschaft. In den Ministerien sei vielfach nur der Minister selbst ein Ostdeutscher gewesen, und dann noch der Pförtner, wie er sagte. Alle anderen Posten seien mit Beschäftigten aus dem Westen besetzt worden. Ähnlich sehe es in den Führungsetagen der Wirtschaft aus. „Ignoranz führt zu Abgrenzung“, meinte Vaatz. Er wolle die Leistung der Behörden aus dem Westen beim Aufbau nicht herabsetzen, gerade Bayern habe stark geholfen,. Aber „wir im Osten hätten gerne einige Dinge auch selbst gemacht“. Und er sagte weiter, dass es viele im Osten satt hätten, nur das Fußvolk zu sein. Den Westdeutschen warf er abschließend vor, Problemchen aufzublasen und vor den echten Problemen die Augen zu verschließen.
Die beiden Ortsvorsitzenden Michaela Bahle-schmid (Bad Wörishofen) und Christoph Walter (Mindelheim) hatten die Besucher begrüßt. Walter betonte, die deutsche Einheit sei nur gekommen, weil mutige Menschen in der damaligen DDR auf die Straße gegangen seien. Zum Gast meinte Walter, Sachsen und Bayern hätten viele gemeinsame Werte. Er wehrte sich dagegen, die Sachsen pauschal zu verurteilen. Durchs weitere Programm führte dann Landtagslistenkandidat Thomas Jahn (Kaufbeuren).