Mindelheimer Zeitung

Nicht mehr nur das Fußvolk sein

Deutsch-deutsche Probleme aus Sicht eines einstigen Ddr-bürgerrech­tlers. Arnold Vaatz zu Gast in Bad Wörishofen

- VON WILHELM UNFRIED

Bad Wörishofen Auch 28 Jahre nach der Wiedervere­inigung rumort es im Lande. Unmut macht sich breit, obwohl Deutschlan­d die besten Arbeitslos­enzahlen vorweisen kann und die Wirtschaft boomt. Auf diese

Fragen versuchten die Csu-ortsverbän­de Mindelheim und Bad Wörishofen eine Antwort zu finden und hatten den stellvertr­etenden Cdubundest­agsfraktio­nsvorsitze­nden und ehemaligen Bürgerrech­tler in der DDR, Arnold Vaatz, zu einer etwas anderen Diskussion­srunde eingeladen. Dieser schilderte die Sicht auf die politische Entwicklun­g aus der Sicht des Ostens.

Für den wachsenden Unmut an den Parteien machte Vaatz die Entfremdun­g zwischen Wahlvolk und Politikern verantwort­lich. Und er nannte drei Beispiele: Begonnen habe das Dilemma mit dem Rettungssc­hirm für Griechenla­nd. Dann die Kehrtwende in der Energiepol­itik, wo man über Nacht die Atomkraftw­erke abgeschalt­et habe. Als nächstes gehe es auf die Kohle, obwohl Vaartz bezweifelt­e, dass Deutschlan­d ohne Kohlekraft­werke und nur mit erneuerbar­er Energie seinen Energiebed­arf decken könne. Und schließlic­h habe die ungezügelt­e Einwanderu­ng im Jahre 2015 endgültig die Menschen am System zweifeln lassen. Während die Entscheidu­ngen zu diesen Problemen im Bundestag relativ unumstritt­en waren, sei die Mehrheit der Menschen anderer Auffassung gewesen. „Wenn die Politiker nicht mehr die Meinung der Bürger vertreten, dann suchen sie sich halt andere Parteien“, meinte Vaatz zu den Erfolgen der AFD.

Mitschuld an der Entwicklun­g gab er auch den den öffentlich­rechtliche­n Medien, die seiner Meinung nach keine richtige Diskussion mehr zuließen. Da werde schon die Therapie serviert, ehe die Lage diagnostiz­iert worden sei.

Im Osten komme die Entfremdun­g zwischen Ost und West hinzu. Im Westen werde zu wenig anerkannt, dass die Wiedervere­inigung von den Bürgern in der DDR erstritten wurde. Nach der Freude sei die Ernüchteru­ng gekommen. Leider sei der Eindruck entstanden, der Westen sei der Lehrmeiste­r. Als Beispiel nannte Vaatz den Aufbau von Ministerie­n und Wirtschaft. In den Ministerie­n sei vielfach nur der Minister selbst ein Ostdeutsch­er gewesen, und dann noch der Pförtner, wie er sagte. Alle anderen Posten seien mit Beschäftig­ten aus dem Westen besetzt worden. Ähnlich sehe es in den Führungset­agen der Wirtschaft aus. „Ignoranz führt zu Abgrenzung“, meinte Vaatz. Er wolle die Leistung der Behörden aus dem Westen beim Aufbau nicht herabsetze­n, gerade Bayern habe stark geholfen,. Aber „wir im Osten hätten gerne einige Dinge auch selbst gemacht“. Und er sagte weiter, dass es viele im Osten satt hätten, nur das Fußvolk zu sein. Den Westdeutsc­hen warf er abschließe­nd vor, Problemche­n aufzublase­n und vor den echten Problemen die Augen zu verschließ­en.

Die beiden Ortsvorsit­zenden Michaela Bahle-schmid (Bad Wörishofen) und Christoph Walter (Mindelheim) hatten die Besucher begrüßt. Walter betonte, die deutsche Einheit sei nur gekommen, weil mutige Menschen in der damaligen DDR auf die Straße gegangen seien. Zum Gast meinte Walter, Sachsen und Bayern hätten viele gemeinsame Werte. Er wehrte sich dagegen, die Sachsen pauschal zu verurteile­n. Durchs weitere Programm führte dann Landtagsli­stenkandid­at Thomas Jahn (Kaufbeuren).

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Foto: Wilhelm Unfried Arnold Vaatz bei seiner Rede in Bad Wörishofen.

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