Ein Laden, der ohne Verpackungen auskommt
Neueröffnung Carolin und Tobias Dürner eröffnen am Donnerstag ihr „Füllwerk“, das erste verpackungsfreie Geschäft in Türkheim. Sie wollen auch zeigen, wie sich jeder schon beim Einkauf für die Umwelt einsetzen kann
Türkheim Carolin und Tobias Dürner aus Türkheim beschäftigen sich seit Jahren mit dem Thema Plastikmüll. Die Eltern von zwei kleinen Kindern haben sich über das Thema „gesunde Ernährung“dem Problem Verpackung genähert. Und sie haben sich entschlossen, es aktiv anzugehen. Mit ihrem neuen Geschäft „Füllwerk“in der Maximilian-philipp-straße 1 in Türkheim (früher City-moden) erfüllen sich die beiden einen Traum. Am Donnerstag, 11. November, um 9 Uhr, öffnet das erste verpackungsfreie Geschäft in der Region seine Pforten.
Plastikmüll - ein Riesenproblem und eine Riesengefahr für uns und unsere Umwelt. Diese Erkenntnis ist inzwischen Allgemeingut. Im Meer treibende Plastikinseln, verendete Meerestiere mit Plastikfolien im Magen: Diese Bilder haben wir mit Schrecken gesehen. Gigantisch hohe Abfallberge aus zusammengepresstem Plastikmüll, von dem nur ein Teil recycelt werden kann und der tonnenweise ins Ausland verschoben und dort dann illegal deponiert oder verbrannt wird: Diese Bilder haben wir mit Entsetzen gesehen. Und vielleicht auch mit Schuldgefühlen. Denn jeder von uns ist an diesen Müllgebirgen direkt beteiligt.
Also was tun? Technische Lösungen sind kompliziert und teuer. Einfacher ist, als ein Baustein, die Vermeidung der täglichen Plastikverpackungen zum Beispiel von Lebensmitteln. Am Donnerstag, 11. Oktober, um 9 Uhr eröffnen sie in Türkheim den ersten verpackungsfreien Laden in unserer Region. Erst wieder in Augsburg gibt es einen weiteren. „Verpackungsfrei“ist dabei nicht das einzige Kriterium. Hinzu kommen „regional erzeugt“und möglichst „Bio-qualität“.
Es war viel Vorarbeit nötig, um regionale Erzeuger und Produzenten auszumachen. Aber es gibt gar nicht so wenige von diesen meist kleinen Betrieben hier. Lieferanten von Obst und Gemüse kommen aus Türkheim – die „Gmias-baura“–, weitere aus Siebnach und Igling, die auch den Bio-markt am Donnerstag in Türkheim beliefern. Mehl und Getreide kommen aus einer Mühle in Stockheim.
Kaffee kommt natürlich von weiter her, wird aber ohne Zwischenhandel in Übersee eingekauft und in einer Rösterei in Kißlegg weiterveredelt. Die wiederum arbeitet mit einer Behinderten-werkstatt zusammen. Für Produkte wie Mais oder Quinoa, von denen man erst einmal annimmt, dass sie in unseren Breiten nicht wachsen, wurden Produzenten in Österreich und Norddeutschland gefunden.
Wichtig ist für Familie Dürner dabei, dass die Produkte, die sie anbieten, nicht anonym sind. Deshalb ist die Bio-qualität allein nicht entscheidend. Auch konventionelle Ware, deren Erzeuger man kennt, ist im Angebot.
Zum Einkaufen in einem verpackungsfreien Laden kann man eigene Gefäße und Flaschen mitbringen, muss man aber nicht. Es gibt sie für die mehrmalige Verwendung im Laden zu kaufen. Auch Tupperdosen sind willkommen. „Es geht nicht darum, Plastikprodukte zu verteufeln und zu verbannen, die ihren Sinn und Zweck haben. Aber als Wegwerf- und Einmalgebrauchsverpackung haben sie keine Berechtigung“, sagen die Dürners.
Lose verkaufen kann man viele Trockenprodukte wie Reis, Nudeln, Getreide, Saaten. Mit einer Getreidemühle kann das Mehl frisch gemahlen werden, Hafergetreide kann zu Flocken gequetscht werden.
Eigene Müslimischungen kann man sich so zusammenstellen. Flüssiges wie Essig und Öl werden aus Glasbehältern in die eigenen Flaschen gefüllt, in speziellen Gastronomiebehältern werden Salz oder Backpulver vorrätig gehalten.
Die Container für Wasch- und Reinigungsmittel sind zwar ihrerseits aus Plastik, werden aber nach Gebrauch an den Erzeuger zurückgeschickt und neu befüllt, Zauberwort Kreislauf.
Familie Dürner will klein anfangen, was die Auswahl an Waren betrifft. Ohne Helfer im Freundeskreis geht es nicht, der Internetauftritt soll professionell sein und das Layout für Handzettel und Etiketten auch. Kontakte mit dem „Amt für Lebensmittelhygiene“sind ebenso erforderlich wie genaue Dokumentationen.
„Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen“steht als Motto auf einer Tafel über dem neuen Tresen. Er ist wie die anderen Regale und Einrichtungen aus hellen frischen Holz, das noch ganz neu duftet. Es gibt Kaffee und Tee für die Pause nach dem Einkauf, mit Sitzgelegenheiten direkt am großen, tiefgezogenen Außenfenster. Ruhe und Zeit zum Abschalten.
Carolin Dürner arbeitet in Türkheim im Waldkindergarten und wird das nicht aufgeben. Ihr Mann kommt aus dem Maschinenbau. Anfangs wollen sie an drei Tagen in der Woche ihren Laden öffnen. „Was in unserer Macht steht, das wollen wir probieren“, sagt Tobias Dürner zu der Herausforderung, der sie sich gestellt haben.
„Als Wegwerf-verpackung haben Plastikprodukte keine Berechtigung.“
Carolin und Tobias Dürner eröffnen in Türkheim den ersten verpackungsfreien
Laden in der Region
O
Öffnungszeiten Das Füllwerk hat künftig immer am Donnerstag und Freitag von 9 bis 12 und von 15 bis 19 Uhr sowie samstags von 9 bis 13 Uhr geöffnet.