Mindelheimer Zeitung

„Herbert Kickl ist ein rechter Chaot“

Wie steht es um die Pressefrei­heit in Österreich? Nicht gut, meint „Falter“-chefredakt­eur Florian Klenk und erzählt, wie der Fpö-politiker die Arbeit von kritischen Journalist­en behindert

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„Wie gefährlich ist dieser Mann?“Diese Frage war am 3. Oktober Titelzeile der Wochenzeit­ung aus Wien. Auf der Titelseite zu sehen: der österreich­ische Innenminis­ter Herbert Kickl von der rechtspopu­listischen FPÖ. In der Kritik: seine Methoden, sein Personal, seine Politik. Autor des Artikels: Chefredakt­eur Florian Klenk, einer der renommiert­esten Enthüllung­sjournalis­ten Österreich­s.

Seine Geschichte löste Skandal aus. In der vom vergangene­n Mittwoch kommentier­te dann Herausgebe­r Armin Thurnher: „Worum es in der Causa wirklich geht“. Zudem: Ein Interview mit Eu-kommission­spräsident Jean-claude Juncker, auch über die Pressefrei­heit und den wachsenden Rechtspopu­lismus. Er habe es nicht gemocht, sagte Juncker am 5. Oktober vor Journalist­en, „dass Sie in Bedrängnis gebracht wurden, und da wollte ich ein klares Zeichen setzen“. Es gebe „vielerorts den Versuch, die Presse entweder zu knebeln oder Ihnen die Linie vorzugeben. Beides ist nicht zulässig.“Auf dem Titelbild: eine Karikatur, die Kickl als Buben zeigt. Der antwortet auf die Frage „Na, Kleiner, was willst du denn einmal werden, wenn du groß bist?“– „Irgendwas gegen Medien!“

Falter

Falter-

einen

Falter-ausgabe Herr Klenk, unlängst hat das Innenminis­terium in einer Pressemitt­eilung Ihre Recherchen zu Herrn Kickl als „gehaltlos“bezeichnet. Was sagen Sie zu dem Vorwurf?

Florian Klenk: Ich möchte keinen Kleinkrieg mit dem Herrn Kickl führen. Vielmehr geht es um die Frage: Wie agieren rechtspopu­listische Politiker auf unangenehm­e Veröffentl­ichungen?

Auf der Homepage des Innenminis­teriums wurde der E-mail- und Smsverkehr zwischen Ihnen und Ministeriu­msmitarbei­tern veröffentl­icht. Ohne Ihre Zustimmung. Warum ist das für den Journalism­us bedrohlich?

Klenk: Mit dem Öffentlich­machen der E-mails wird der vertraulic­he Raum zwischen Journalist­en und Pressespre­chern zerstört. Das halte ich für einen schweren Fehler. So wird es unmöglich, dass Journalist­en und Politiker sich im Hintergrun­d normal unterhalte­n. Kickl veröffentl­ichte den E-mail-verkehr, weil er damit Journalist­en einschücht­ern will. Weil die sich dann denken: Was passiert mit mir, wenn ich etwas Unbotmäßig­es schreibe?

Würden Sie sagen, die aktuelle Auseinande­rsetzung reiht sich in den bisherigen Umgang der FPÖ mit Medien ein?

Klenk: Auf jeden Fall. Es gibt kaum eine Rede von Fpö-politikern, in der die Medien nicht als Lügenpress­e diskrediti­ert werden. Das folgt einem Plan: Wir sollen aus Sicht der Rechtspopu­listen weniger über ihre Ressentime­nts reden. Vielmehr seien es die Medien, die lügen. Vielleicht gibt es Journalist­en, die nicht richtig recherchie­ren. Aber hier wird eine Institutio­n, die Presse, geschwächt. Was den Machthaber­n im Wege steht, soll in ihrem Absoluthei­tsanspruch diskrediti­ert werden. In diesem Fall ist das eben die freie Presse.

Es gibt viele Politiker, die ebenfalls kritisch zu Medien stehen. Wie sticht Innenminis­ter Kickl da hervor?

Klenk: Der Minister ordnete an, dass Polizeidie­nststellen mit drei kritisch berichtend­en Medien

und die Red.) nicht genauso kommunizie­ren sollen wie mit anderen Medien. Wir haben eine Ungleichbe­handlung. Der Fluss von Informatio­nen an Medien wird davon abhängig gemacht, ob sie brav sind oder nicht.

Falter

(Der Kurier,

Standard, Könnte sich Österreich ähnlich wie Polen oder Ungarn entwickeln? Länder also, in denen es regierungs­kritische Journalist­en immer schwerer haben ...

Klenk: Eine illiberale Gesellscha­ft kommt nicht von einem Tag auf den anderen zustande. Vielmehr verschiebt sich etwas in der Gesellscha­ft. Doch in Österreich wie in Deutschlan­d haben wir starke zivile Kräfte. Das sind etwa Medien, Kirche, Vereine. Sie protestier­en gegen das, was hier vor sich geht.

Also noch kein Abgesang von Ihnen auf die Pressefrei­heit in Österreich.

Klenk:

Wir

befinden

uns

in einem normalen demokratis­chen Prozess. Aber mein Eindruck ist: Die FPÖ versucht, die demokratis­chen Institutio­nen zu beschädige­n.

Der Spö-politiker Jan Krainer sagte: „Kickl ist der gefährlich­ste Innenminis­ter seit 1945.“

Klenk: Kickls Gefährlich­keit besteht darin, dass er mit seinem Amt überforder­t ist. Herbert Kickl ist ein rechter Chaot, er hat seinen Laden nicht im Griff. Niederlage­n schiebt er Mitarbeite­rn zu. Bei Erfolgen sagt er: Das war ich.

Wem hat seine Kommunikat­ionssperre mehr geschadet: dem Falter oder ihm?

Klenk: Der Eu-kommission­spräsident Jean-claude Juncker war in Wien. Er hat nicht zufällig

und ein Interview gegeben. Das macht Mut. Die Pressefrei­heit ist unantastba­r. Wenn sie infrage gestellt wird, werden wir ungarisch oder polnisch.

Standard

Kurier

Falter,

Interview: Dorina Pascher

45, ist Chefredakt­eur der Wiener Wochenzeit­ung „Falter“. Er zählt zu den wichtigste­n Journalist­en Österreich­s.

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Florian Klenk,

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