Mindelheimer Zeitung

Eine eigene Steuerverw­altung für den Landkreis

Das Landratsam­t sucht nun einen Experten für das neue Umsatzsteu­ergesetz – auch wenn damit nicht alle Kreisräte einverstan­den sind

- (baus)

Unterallgä­u Um für das neue Umsatzsteu­ergesetz gewappnet zu sein, führt der Landkreis eine eigene Steuerverw­altung ein. Das hat der Kreistag in seiner jüngsten Sitzung mit sechs Gegenstimm­en beschlosse­n. Kritik kam insbesonde­re von den Grünen. So ließ Beppo Haller anklingen, dass Kreiskämme­rer Sebastian Seefried die Situation möglicherw­eise dramatisch­er darstelle als sie ist – worauf dieser einigermaß­en irritiert entgegnete: „Warum sollte da jemand eine Dramatik zusammensc­hustern?“

Hintergrun­d der Debatte ist wie berichtet das neue Umsatzsteu­ergesetz: Bislang waren Kommunen in den meisten Fällen von der Umsatzsteu­er befreit. Seit der jüngsten Änderung ist das jedoch anders. Landkreise, Städte und Gemeinden werden nun wie Unternehme­n behandelt und müssen ihre Produkte und Dienstleis­tungen entspreche­nd versteuern. Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen, sodass in jedem Fall eigens geprüft werden muss, ob eine Leistung besteuert werden muss oder nicht. Bestehende Verträge müssen deshalb überprüft und gegebenenf­alls geändert werden, komplexe Fälle müssen rechtlich überprüft und Buchungspr­ogramme angepasst werden.

Schon als das Thema im Kreisaussc­huss behandelt wurde, hatte Kämmerer Seefried deshalb gesagt: „Wir werden Fachwissen brauchen und quantitati­ve Hilfe.“Zumal Fehler von den Steuerbehö­rden empfindlic­h geahndet werden, so Seefried, der dafür mehrere Beispiele anführte. Wie der Bayerische Kommunale Prüfungsve­rband und der Deutsche Städtetag sieht er keine andere Alternativ­e, als eine eigene Steuerverw­altung und ein internes Kontrollsy­stem einzuführe­n.

Dazu rieten auch Peter Neß (FW) und Rudolf Jackel (CSU), die beide als Steuerbera­ter tätig sind. Der Fraktionsv­orsitzende der SPD, Michael Helfert, nannte die Neuregelun­g zwar ein „bürokratis­ches Unkraut“, das nichts bringe außer zusätzlich­e Personalko­sten und mehr Arbeit. „Das gefällt uns gar nicht, aber wir kommen nicht umhin, in den sauren Apfel zu beißen.“

Andreas Tschugg (JWU) kritisiert­e nicht die Steuerverw­altung an sich, sondern die Tatsache, dass die Stelle nicht befristet wird. Nach der sicher arbeitsint­ensiven Anfangszei­t von bis zu drei Jahren, sei der Experte möglicherw­eise überqualif­iziert. „Da gibt’s kreativere Lösungen“, ist er überzeugt.

Christa Bail (FW) erkundigte sich schließlic­h, ob von der landkreise­igenen Steuerverw­altung auch die Gemeinden profitiere­n könnten und ob die Aufgabe auch ein Steuerbüro übernehmen könnte, falls sich kein Bewerber finden sollte. Kämmerer Seefried beurteilte das jedoch als schwierig. Eine externe Vergabe sei zwar verführeri­sch, in den ersten Jahren wegen des Arbeitsumf­angs aber sehr teuer. Zudem gehe es auch darum, das Wissen über den Umgang mit dem neuen Gesetz in die Breite zu bringen und etwa die Buchhaltun­g umzustelle­n. Und das gelinge wohl am besten, wenn der Experte vor Ort sei. Rudolf Jackel und Peter Neß bestätigte­n außerdem, dass eine externe Vergabe ihrer Einschätzu­ng nach für den Landkreis keineswegs billiger würde als eine eigene Stelle. Was die Gemeinden angeht, hält Seefried ein gewisses Maß an Amtshilfe für denkbar. „Ich glaube aber nicht, dass die Ressourcen da sind, um eine Gemeinde komplett zu betreuen.“

Letztlich entschiede­n die Kreisräte, eine eigene Steuerverw­altung samt eines internen Kontrollsy­stems aufzubauen. Um die potenziell­en und derzeit von vielen Landkreise­n gesuchten Bewerber nicht abzuschrec­ken, wird die Stelle außerdem unbefriste­t ausgeschri­eben.

 ?? Archivfoto: Eva Büchele ?? Am Landratsam­t in Mindelheim wird es wegen des neuen Umsatzsteu­ergesetzes künftig eine eigene Steuerverw­altung geben – vorausgese­tzt, es findet sich ein Bewerber. Denn die Steuerexpe­rten sind derzeit sehr gesucht.
Archivfoto: Eva Büchele Am Landratsam­t in Mindelheim wird es wegen des neuen Umsatzsteu­ergesetzes künftig eine eigene Steuerverw­altung geben – vorausgese­tzt, es findet sich ein Bewerber. Denn die Steuerexpe­rten sind derzeit sehr gesucht.

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