Rezeptcomputer assistiert in der Backstube
Beim Auftakt erfahren 160 Lehrer und Projektpartner, welchen Raum Digitalisierung inzwischen in vielen Berufen einnimmt. Auch Schüler sind Feuer und Flamme für die Aktion, wie Interviews und ein Live-brettspiel beweisen
Waltenhofen Jonas Löflath reißt seine Hände in die Luft, zieht eine Hand vor und zurück. Vor den Augen von 160 Teilnehmern der Auftaktveranstaltung der Allgäuer Berufsoffensive in Waltenhofen (Oberallgäu) stellt er den Beruf des Schreiners pantomimisch dar. Mit drei Mitschülern demonstriert der Achtklässler der Mittelschule Durach, dass Berufsfindung im Unterricht richtig Spaß machen kann – etwa beim lustigen Kreativspiel.
Die Spielkarten und Figuren stechen an diesem Tag heraus: Sie sind nicht digital. Der Schwerpunkt jedoch liegt auf dem technischen Fortschritt im Berufsleben. Wobei jeder Arbeitnehmer etwas anderes mit der vierten Revolution verbinde, sagt Markus Raffler, stellvertretender Redaktionsleiter unserer Zeitung, der durch die Veranstaltung führt und zum Einstieg Statements von Azubis und älteren Beschäftigten an die Wand wirft.
ersten Eindruck, wie Berufsfindung mit neuer Technik aussieht, bekommen die Teilnehmer schon zu Beginn: an einem Stand des Berufsinformationszentrums der Agentur für Arbeit liegt ein Klassen-set Tablets. Berufsfindung 4.0: Mit verschiedenen Apps lernen Schüler ihre Stärken und dazu passende Ausbildungsberufe kennen.
Die Berufsoffensive wird von unserer Zeitung und vielen Projektpartnern unter dem Motto „Deine Chance – Ausbildung 4.0“veranstaltet. „Wir wollen keine Modejobs pushen“, sagt Raffler. „Sondern Appetit machen auf die Lehre und zeigen, wie hoch das Niveau der Ausbildung im Allgäu ist.“Dazu geben am Vormittag verschiedene Betriebe in Interviews und Vorführungen
Einblicke in ihre Arbeit.
Die Berufswahl treffen die Jugendlichen nicht alleine, sagt Christine Zahnow, Leiterin der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Kempten. „Es ist immer eine Entscheidung der ganzen Familie.“Junge Menschen bekämen von Eltern, Verwandten und Freunden Ratschläge, Tipps und Warnungen. Auf der Bühne verdeutlichen zahleinen reiche Berufsberater dies mit Pappkartons. Der wachsende Schachtelturm steht dabei für die Verunsicherung von Jugendlichen in der Findungsphase. Berufsberatung heißt für Zahnow: Junge Menschen stärken, ihren eigenen Weg zu gehen.
Pierre Hennicke hat Lust auf eine Ausbildung. Er geht in die Mittelschule Waltenhofen. Auf der Bühne interviewt er Vertreter aus Wirtschaft und Berufsschule. Er will wissen, was ihn in den Betrieben erwartet. Pierre fragt Robert Härle, den Juniorchef der Blaichacher Bäckerei, wie technischer Fortschritt in der Backstube aussehe. „Wir haben kein Büchle mehr, wo Rezepte drinstehen“, sagt Härle. Sondern Rezeptcomputer. Dort gebe er ein, wie viele Semmeln er backen möchte. Die Anlage wiege dann automatisch Mehl und Salz ab. Echtes Handwerk bleibe aber trotz PC gefragt. Neben Pierre steht Benedikt Sacher von der Realschule Kempten. Ihn interessiert, was einmal schwieriger sein wird: „Schule oder Beruf?“Thomas Barmetler, Abteilungsleiter Elektrotechnik der Berufsschule, beruhigt: Betrieb und Schule zögen an einem Strang. „Sollte etwas schiefgehen, der Azubi einen schlechten Prüfungstag haben, wiederholt er die Prüfung.“
Fragen beantwortet auch das Brettspiel, das Jonas und seine Mitschüler spielen. Nico Jauernik ist dran. Er zieht die Frage: Wann beginnen Bewerbungsverfahren? a) im Februar des Vorjahres, b) ein Jahr vor Ausbildungsbeginn c) drei Monate davor? Nico zuckt die Schultern, schaut ins Publikum: „Wissen Sie ‘s?“