Mindelheimer Zeitung

Zwischen Hoffen und Bangen

Nachlese Die Grünen erlebten die Landtagswa­hl als „Riesenfreu­dentag“, für die SPD war sie bitter und für einen Kandidaten der Freien Wähler besonders spannend

- (baus)

Mindelheim Am Tag nach der Landtagswa­hl wirken die Ergebnisse bei allen Parteien, die bislang im Landtag vertreten waren, nach. Während die Stimmung bei der CSU und der SPD nach dem Verlust der absoluten Mehrheit beziehungs­weise einem nur noch einstellig­en Ergebnis erheblich gedrückt ist, sind die Grünen in Feierlaune. Doris Kienle, die Kreisvorsi­tzende der Grünen im Landkreis, spricht von einem „Riesenfreu­dentag“. Zwar hätten schon die Prognosen auf ein gutes Ergebnis hoffen lassen. „Aber da bin ich immer skeptisch.“Immerhin sei ihre Partei in der Vergangenh­eit schon mehrfach enttäuscht worden, weil die Ergebnisse dann doch hinter den Vorhersage­n zurück geblieben waren.

Nun ist Doris Kienle gespannt, wie es für ihre Partei im Landtag weitergeht. Darauf, dass die Grünen in einer Koalition mitregiere­n könnten, macht sie sich wenig Hoffnungen. „Aber eine starke Opposition ist ja auch nicht verkehrt.“Sie glaubt nicht, dass die Grünen ihr gutes Ergebnis Protestwäh­lern verdanken. „Die waren wirklich überzeugt.“Dafür spreche auch, dass in den vergangene­n Wochen zahlreiche Mitgliedsa­nträge bei ihr eingegange­n sind: 60 Mitglieder haben die Grünen im Landkreis aktuell.

Die Freien Wähler haben mit Blick auf ihr Ergebnis ebenfalls Grund zur Freude. Bernhard Pohl musste allerdings ein wenig bangen: Bis gestern Nachmittag war offen, ob er den Einzug in den Landtag wieder schaffen würde. Gegen 15 Uhr waren drei Stimmkreis­e noch nicht ausgezählt – und drei Kandidaten Bernhard Pohl mit relativ geringem Abstand auf den Fersen. Im Gespräch mit der MZ war er gleichwohl zuversicht­lich. Mit dem Gedanken, künftig womöglich kein Abgeordnet­er mehr zu sein, habe er sich auch in den vergangene­n Wochen nicht belastet. Er sei ein Mensch, der sich extrem auf ein Ziel fokussiere. „Sonst ist man nicht erfolgreic­h.“Auch seine Haltung zu einer etwaigen Koalition mit der CSU ist deutlich: „Unbedingt koalieren“, findet er. „Man kann Politik nur gestalten, wenn man mitregiert und Verantwort­ung übernimmt.“

Auch Stefan Drexel, Kreisvorsi­tzender der Freien Wähler im Unterallgä­u, kann sich eine Koalition gut vorstellen. Die Freien Wähler müssten in diesem Fall aber aufpassen, „nicht nur der kleine Partner der CSU zu sein und dürfen sich nicht hinter der CSU verstecken“. Bernhard Pohl ist sich indes sicher, dass seine Partei auch in einer Koalition ihr Profil bewahren wird. „Wir wissen um unseren Stellenwer­t – aber wir wollen nicht pokern“, sagte er mit Blick auf mögliche Koalitions­verhandlun­gen. Die Wähler wünschten sich eine stabile Regierung und die wollten die Freien Wähler gewährleis­ten und den Bürgern das Vertrauen in die Politik zurückgebe­n. Gleichzeit­ig dämpft Pohl aber allzu hohe Erwartunge­n: „Die Flüsse werden nicht den Berg hinauflauf­en, nur weil die Freien Wähler mitregiere­n.“

Petra Beer, Vorsitzend­e des SPDUnterbe­zirks Memmingen-Unterallgä­u, ist die Enttäuschu­ng anzuhören. Ein Stück weit sei die SPD durch die Umfragen zwar auf das schlechte Ergebnis vorbereite­t gewesen. „Aber dass es so hart kommt, damit hätte ich nicht gerechnet. Das ist bitter.“Das Ergebnis sei „nicht erklärbar und einfach nur enttäusche­nd“. Sicherlich hätten sich die Querelen der SPD auf Bundeseben­e auf das Wahlverhal­ten ausgewirkt, aber Streit habe es schließlic­h auch zwischen CSU und CDU gegeben. „Und die CSU ist nicht in dem Maße abgestraft worden wie wir.“Vor allem Natascha Kohnen habe dieses Ergebnis nicht verdient. Es gelte nun, die Lage sauber zu analysiere­n und das Vertrauen – „das wir wohl verloren haben“– wieder zurückzuge­winnen. Dass 19,7 Prozent der Türkheimer Wähler dem Lokalmatad­oren Michael Helfert als Direktkand­idat der SPD für den Bezirkstag ihre Stimme gegeben und ihm damit ein weit überdurchs­chnittlich­es Ergebnis beschert haben, ist da nur ein schwacher Trost. Christoph Walter, Kreisvorsi­tzender der CSU, war gestern nicht für eine Stellungna­hme zu erreichen.

 ?? Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa ?? Helfer bauen ein Wahlplakat der SPD ab, die nach der Wahl am Sonntag sprichwört­lich am Boden liegt.
Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa Helfer bauen ein Wahlplakat der SPD ab, die nach der Wahl am Sonntag sprichwört­lich am Boden liegt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany