Türkheims Festgeldkonto schmilzt dahin
Gemeinderat Die Jahresrechnung 2017 zeigt: Der Markt hat ordentlich gewirtschaftet. Der Blick des Kämmerers geht aber auch auf die bevorstehenden Millioneninvestitionen. Der Dreh an der Steuerschraube bleibt 2019 wohl nicht aus
Türkheim Positive Zahlen konnte Gemeindekämmerer Claus-Dieter Hiemer den Türkheimer Gemeinderäten für das vergangene Haushaltsjahr 2017 präsentieren: Ende 2017 hatte die Marktgemeinde noch rund 5,5 Millionen Rücklagen auf dem Festgeldkonto und musste dort sogar weniger Geld abheben als geplant, um die laufenden Kosten bezahlen zu können: Statt der angesetzten knapp 2,1 Millionen Euro wurde „nur“gut 1,5 Millionen benötigt.
Keine Überraschung auch, dass das „Thema Trinkwasser“, wie Hiemer diesmal die Verkeimung des Türkheimer Leitungswassers und die dadurch nötigen Maßnahmen zu Spülung des Leitungsnetzes bezeichnete, einen großen Posten ausmachte: Derzeit geht die Gemeindeverwaltung davon aus, dass die „Türkheimer Trinkwasser-Misere“des Jahres 2017 letztlich gut 475 000 Euro kosten wird – ein Teil davon – 75 000 Euro – muss schon im Haushaltsjahr 2017 aus der Gemeindekasse bezahlt werden und somit zulasten des aktuellen Haushaltes, wie Hiemer schon Anfang August vorgerechnet hatte. 400 000 von 475 000 Euro zahle letztlich der Gebührenzahler, davon würden aber 300 000 Euro langfristig verrechnet und „führen dadurch zu einer geringen Gebührenanpassung“, so die Verwaltung damals. 100 000 Euro würden auf die nächsten vier Jahre kalkuliert.
Die Gemeinde Türkheim hat also im vergangenen Haushaltsjahr 2017 ordentlich gewirtschaftet – doch Hiemer wollte gar keine allzu große Euphorie aufkommen lassen, denn: „In diesem Jahr sieht es leider nicht so gut aus“, wagte er schon mal einen Blick auf das laufende Haushaltsjahr 2018, in dem die Marktgemeinde weitaus größere Haushaltslücken wird schließen müssen.
Auch davon wurde freilich keiner am Ratstisch überrascht: Die Haushaltsberatungen sind ja längst abgeschlossen und schon bei der Verabschiedung des Gemeindehaushaltes im Juni machte Hiemer klar, dass Türkheim vor großen finanziellen Herausforderungen stehe, die es mit einer sparsamen und vorausschau- enden Haushaltsführung zu bewältigen gelte. Die Aufgaben sind zahlreich – und teuer: KindergartenNeubauten, Waaghaus-Sanierung, Neubau von Wohnungen im Keltenweg, Ausweisung und Erschließung neuer Baugebiete, Kanalsanierung, Neubau Bauhof – auf rund 30 Millionen Euro schätzt Hiemer das Investitionsvolumen der Gemeinde bis ins Jahr 2021.
Die Gemeinde muss also ihr „Erspartes“anknabbern, was dann dazu führen werde, dass die Rücklagen der Gemeinde am Ende des Jahres 2018 auf gut eine Million zusammengeschmolzen sein werden, rechnete Hiemer vor.
Und auch wenn es bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderates keiner aussprechen wollte: Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Türkheim wohl im kommenden Jahr nicht drumherum kommen wird, an der Steuerschraube zu drehen und – zumindest – die Gewerbesteuer zu ergeht höhen. Oder, wie es Hiemer schon in seinem Vorbericht zu den Haushaltsberatungen Ende Mai so schön formuliert hatte: „Sollten alle Maßnahmenpakete wie geplant umgesetzt werden (...), muss zumindest mittelfristig auch über eine höhere Ausschöpfung der Möglichkeiten der Einnahmeerzielung diskutiert werden“.
Derzeit kassiert die Gemeinde Türkheim einen Gewerbesteuerhebesatz von 280 und zählt damit zu den günstigsten Gemeinden im ganzen Landkreis Unterallgäu. Dies wird aber immer mehr auch zu einem finanziellen Bumerang: Schuld daran ist das Gesetz über den Finanzausgleich in Bayern.
Dort wird landesweit ein einheitlicher Nivellierungssatz für Grundund Gewerbesteuer von 310 festgelegt. Frei nach dem Motto: Die Gemeinden können gerne selbst die politische Entscheidung treffen, wie viel sie bei ihren Unternehmen abkassieren wollen. Aber wenn partout weniger als der Durchschnitt kassiert werden soll, dann muss die Gemeinde diesen großzügigen politischen Willen eben auch aus eigener Tasche bezahlen. Eine Diskussion, die immer wieder auch in Bad Wörishofen für heftige Diskussionen sorgt.
Der jeweilige Landkreis bzw. Kreistag legt dann den Hebesatz/ Umlagesatz für die Kreisumlage fest, die dann aus der Steuer- bzw. Umlagekraft der Gemeinde berechnet wird. Das kann dann – wie im Fall von Türkheim – sogar dazu führen, dass eine Gemeinde Umlagen für Einnahmen zahlen muss, die sie in Wirklichkeit gar nicht einnimmt.
Der Markt Türkheim verzichtet derzeit jährlich auf rund 300 000 Euro möglicher Einnahmen bei der Gewerbesteuer und rund 25 000 Euro bei den Grundsteuern A und B zusammen, so Hiemer, der sich dabei auf einen Vergleich des aktueller Hebesatzes von 280 mit einem Hebesatz von 310 bezieht.
Schon bei der Haushaltberatung hatten die Grünen daher gefordert, sich Gedanken über eine Erhöhung der Gewerbesteuer zu machen. Die nächsten Haushaltsberatungen der Marktgemeinde Türkheim stehen im Frühjahr 2019 an.
Die Aufgaben sind zahlreich – und teuer