Ein Roman übers Sterben – und Leben
Buch Susann Pásztor liest aus ihrem Buch über Sterbebegleitung
Mindelheim Als sie das Thema Sterbebegleitung ihrem Verlag vorgeschlagen hat, habe dieser zwar zugestimmt, aber gleich gewarnt, dass sie keinen Erfolg mit dem Buch erwarten dürfe: viel zu schwer das Thema! Gekommen ist es dann ganz anders, denn Susann Pásztor ist es gelungen, mit „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“aus der Geschichte über das Sterben einen Roman über das Leben zu machen.
Ihre Hauptfigur Fred hat gerade die Ausbildung zum Sterbebegleiter abgeschlossen, seine erste Klientin ist Karla, deren Leben in wenigen Monaten dem Bauchspeicheldrüsenkrebs zum Opfer fallen wird. Sie ist eine selbstbestimmte, mutige Person, vielleicht etwas eigensinnig. Sie ist im Sterben so wie Pásztor sich wünscht, einmal sein zu können. Die Autorin, selbst Sterbebegleiterin, wird oft gefragt, was sie dazu veranlasst habe. Dann nennt sie zwei Gründe: Das eigene Alter (61), das das Thema Sterben nicht ewig aufschieben lasse, zum anderen die Tatsache, dass es ihr im Leben wirklich gut gehe mit Familie und einem in- takten sozialen Netzwerk und sie die Zeit für ein Ehrenamt für gekommen hielt. Es heißt zwar „Sterbebegleitung“, sei aber vor allem vom Leben geprägt, das auch im Hospiz „bis zum Schluss“vorhanden ist.
Pásztor hat beim Erzählen als auch beim Lesen aus ihrem Roman eine ungeheuer intensive Ausstrahlung und Lebendigkeit. Sie wisse, dass sie genau das Richtige tue; etwas, das sie trotz der Traurigkeit, weil jeder Begegnung der Abschied innewohne, glücklich macht. Ihre Hauptfigur kämpft noch mit sich, doch natürlich findet er sich ein, nähert sich der ruppigen Karla. Um der schweren Ge- schichte zwischen den beiden ein wenig Leichtigkeit zu geben, hat Pásztor die Figur des Phil entwickelt: Er ist der Sohn von Fred, ein 13-jähriger Einzelgänger, der Gedichte schreibt und Karla helfen soll, ihre Fotos zu digitalisieren. „Plötzlich hat Phil im Roman immer mehr Raum bekommen“, erzählt Pásztor, selbst überrascht, dass aus der Geschichte über einen Sterbebegleiter und eine todkranke Frau eine Geschichte über eine Vater-Sohn-Beziehung geworden ist.
Sie kann darüber lachen. Ihr Humor zieht sich durch das ganze Buch, durch Dialoge, denen auch in den tragischsten Momenten eine Komik innewohnt, etwa wenn Karla überlegt, ob sie ein Baum werden oder nicht doch lieber – wie ursprünglich geplant – „als Schwarzpulver einer Rakete in ein Feuerwerk“aufgehen wolle. Und dann gibt es diese Szene, die einen schlucken lässt, wenn Phil Karla seinen ersten selbst geschriebenen Rap präsentiert. Hätte die Autorin ihre Zuhörer an dieser Stelle nicht aufgefangen mit dem ihr eigenen Humor, dann …