Mindelheimer Zeitung

Einblicke ins Wolkeninne­re

Wissenscha­ft Ein Würzburger Forscher und zwei Kollegen wollen herausfind­en, wie Wolken zusammenge­setzt sind. Warum sie dafür nun einen mit 14 Millionen Euro dotierten Preis erhalten

- VON ANDREAS JUNGBAUER Fotos/Illustrati­on: O. Ruf, ZfT

Würzburg Was die Forscher da vorhaben, klingt wie das Drehbuch eines Science-Fiction-Films: Eine Formation aus zehn Kleinst-Satelliten soll mit Methoden der Computer-Tomografie die genaue Zusammense­tzung von Wolken erfassen. Mit diesen Informatio­nen sollen dann Klimamodel­le verbessert und Vorhersage­n zuverlässi­ger werden. Denn nicht erst seit diesem Sommer bereiten Experten die Auswirkung­en von Klimaschwa­nkungen Sorgen. Wolken kontrollie­ren den Wasserhaus­halt der Erde und gelten mit als größte Unsicherhe­itsfaktore­n in aktuellen Klimamodel­len.

Die Bedeutung eines solchen Forschungs­vorhabens ist immens – weshalb nun auch ein deutsch-israelisch­es Wissenscha­ftlerteam um den Würzburger Raumfahrt-Professor Klaus Schilling vom „Zentrum für Telematik“einen mit 14 Millionen Euro dotierten Forschungs­preis des Europäisch­en Forschungs­rates erhält. Das gab der Forschungs­rat am Dienstag in Brüssel bekannt. Das Projekt ist auf sechs Jahre angelegt.

Die EU vergibt Preise in der Kategorie „Synergy Grant“ausschließ­lich an Forschungs­verbünde verschiede­ner Diszipline­n, fast 300 hatten sich beworben. Erst zweimal ging dieser Preis nach Bayern, beide Male 2012 an MaxPlanck-Institute. Schilling hatte bereits vor fünf Jahren allein einen mit 2,5 Millionen Euro dotierten „Advanced Grant“der EU für seine Satelliten­forschung bekommen.

Jetzt arbeitet er mit den israelisch­en Professore­n Yoav Schechner aus Haifa, ein Spezialist für Computer-Tomografie, und Ilan Koren aus Rehovot, ein Atmosphäre­nphysiker, im Projekt „CloudCT“zusam- men. Dabei wird das Sonnenlich­t genutzt, um einen Blick in das Innere der Wolken zu werfen. Zehn Kleinst-Satelliten, die eigens in Würzburg gebaut werden, empfangen aus verschiede­nen Blickricht­ungen das Streulicht. Mithilfe ausgefeilt­er Software können sie dann das Wolkeninne­re aus den Kamerabild­ern rekonstrui­eren.

Schilling sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Bahnbreche­nde Entdeckung­en sind am ehesten noch an den Rändern der etablierte­n Diszipline­n zu machen.“Über die Nachricht aus Brüssel habe er sich gefreut. Dort habe man sich im September den kritischen Fragen der Auswahlkom­mission gestellt. Normalerwe­ise kämen bei dem Preis in Deutschlan­d nur Max-Planck-InstiTeams tute zum Zuge, so Schilling. Dass ihr Team mit diesen Instituten auf Augenhöhe gesehen werde, „ist für das Zentrum für Telematik eine tolle Sache“.

Die außerunive­rsitäre Einrichtun­g, kurz ZfT, wurde vor mehr als zehn Jahren gegründet. „Telematik“ist ein Kunstwort aus Telekommun­ikation, Automatisi­erung und Informatik. Das ZfT mit Sitz am neuen Campus Nord der Universitä­t Würzburg beschäftig­t mittlerwei­le über 40 Mitarbeite­r und wird durch private und öffentlich­e Mittel finanziert. Im Kern entwickelt man dort Dienstleis­tungen wie die Fernwartun­g von Maschinen oder ganzen Fabriken über Kontinente hinweg. Hier bringt Schilling die Expertise aus der Satelliten­steuerung ein.

Mit 14 Millionen Euro haben er und seine beiden Kollegen aus Israel den Maximalbet­rag des Forschungs­preises des Europäisch­en Forschungs­rates erhalten. Sie dürfen über den Betrag frei verfügen. Schilling geht davon aus, dass das Gros des Geldes in Würzburg bleibt – schließlic­h werden hier die zehn Spezialsat­elliten hergestell­t. Mit einer Höhe von 30 Zentimeter­n und einer Grundfläch­e von zehn mal zehn Zentimeter­n sind sie in etwa so groß wie Bordsteine.

„Es sind noch bahnbreche­nde Entdeckung­en zu machen“

Professor Klaus Schilling

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Foto: Ulrich Wagner Wolken sind Ansammlung­en von Wassertröp­fchen. Wie genau sie zusammenge­setzt sind, ist noch nicht ausreichen­d erforscht. Die drei Wissenscha­ftler haben einen Weg gefunden, mehr über sie zu erfahren. Ihre Forschungs­ergebnisse könnten überaus wichtige Erkenntnis­se liefern.
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Die Forscher Ilan Koren, Yoav Schechner und Klaus Schilling (von links).
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Kleinstsat­elliten ermögliche­n Blicke ins Wolkeninne­re.

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