Ganz schön mut(h)ig
Sportklettern Leonie Muth ist Deutsche Meisterin in ihrer Altersklasse. Warum der Erfolg für die 14-Jährige eine Zitterpartie war und welche Ziele sie sich jetzt noch steckt
Kempten/Memmingen Leonie Muth klettert, seitdem sie fünf Jahre alt ist. „Eigentlich kann ich mich gar nicht erinnern, wie ich angefangen habe. Gefühlt klettere ich schon immer“, sagt sie. Doch in diesem Jahr hat sich einiges geändert für die 14-jährige Athletin der Deutschen Alpenvereinssektion Allgäu-Kempten. Nicht nur ihr Verein und der Wohnort sind neu, auch in Sachen Erfolgen ist die Neuntklässlerin des Hildegardis-Gymnasiums in für sie bislang ungeahnte Sphären vorgestoßen.
Vor Kurzem krönte sie sich im rheinland-pfälzischen Frankenthal erstmals zur deutschen Meisterin in der Jugend B – und das auf dramatische Art und Weise. Doch der Reihe nach. Die Saison heuer war für Leonie die längste und vor allem auch aufregendste, die sie bisher bestritten hat. Schon seit April trat sie gegen die stärksten Nachwuchs-Kletterer des Landes an.
Bei insgesamt sechs Wettkämpfen in den Disziplinen Bouldern (ohne Seil und Gurt), Lead (Schwierigkeitsklettern) und Speed (Geschwindigkeitsklettern) sammelten die jungen Sportler Punkte im Kampf um den deutschen Titel. Vor dem letzten Wettkampf hatte sich Leonie Muth ein dickes Punktepolster verschafft und reiste als Führende in die Rheinland-Pfalz.
Dort lief es für die Allgäuerin aber überhaupt nicht nach Plan. Durch eine Erkältung geschwächt, schied sie bereits unerwartet früh in der Qualifikation aus. „Da war ich ziemlich enttäuscht“, gesteht Leonie. „Ich habe im Vorfeld viel trainiert und dann auf einmal Fehler gemacht, die ich normalerweise nie gemacht hätte.“Doch ihre Enttäuschung wich schnell. Weil ihre Hauptkonkurrentin, Emma Bernhard aus Frankfurt/Main, verletzungsbedingt nicht antreten konnte, reichte Leonie ihre Platzierung gerade noch aus zum Gewinn des deutschen Meistertitels. „Damit hätte ich nie gerechnet. Ich war sehr überrascht, dass es doch noch gereicht hat“, freut sich Leonie und fügt an: „Ich bin in dieser Saison einfach sehr stabil gewesen. Und das hängt sicherlich auch mit den Trainingsbedingungen in Kempten zusammen.“
Diese waren auch ausschlaggebend dafür, dass die gebürtige Würzburgerin gemeinsam mit ihrer Mutter Stefanie, die als Ärztin in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie arbeitet, und Schwester Klara im Januar dieses Jahres aus der unterfränkischen Mainstadt nach Memmingen gezogen ist. „Wir haben uns Vereine in mehreren Städten angeschaut und uns dann aber bewusst für den DAV Allgäu-Kempten entschieden. Die haben eine große Halle mit vielen coolen Touren und jeder Kletterer hat hier genug Platz“, meint Leonie und ergänzt: „Außerdem haben wir die Berge direkt vor der Haustür.“
Zum Klettern geht die Memmingerin aber trotzdem lieber nach drinnen, in die großen Hallen des DAV. In Kempten übt sie an teilweise 15 Meter hohen Wänden. Da ist jede Menge Mut gefragt. „Dort macht es mir einfach mehr Spaß“, sagt sie. Bis zu sechsmal pro Woche trainiert sie dort, oftmals nicht weniger als vier Stunden am Tag. „Nach der Schule gehe ich meistens direkt in die Kletterhalle. Hier lerne ich auch oder mache meine Hausaufgaben“, erzählt Leonie, die Schule und Sport gut unter einen Hut bringt: „Notenmäßig läuft alles nach Plan.“Damit sie das weiterhin auch vom Klettern behaupten kann, absolviert die Schülerin wöchentlich mehrere Kraft- und Konditionseinheiten. „Das sind mit die wichtigsten Elemente in diesem Sport“, meint Leonie. Und in der Zukunft hat sie noch einiges vor. „Mein großer Traum ist es, später mal bei Olympia starten zu dürfen.“
„Nach der Schule gehe ich meistens direkt in die Kletterhalle.“
Leonie Muth