Der tote Bruder bleibt im ewigen Eis
Suchaktion Der Türkheimer Toni Port findet keine Spur mehr von den beiden Bergkameraden, die vor 60 Jahren am Weißhorn in der Schweiz ums Leben kamen. Er ist traurig und enttäuscht, und dennoch bereut er die Suche nicht
Türkheim/Randa Er stieg die steilen Hänge am Eisbach des Gletschers Richtung Gletschertor, er flog mit dem Helikopter den Bisgletscher ab – und am Ende musste sich der Türkheimer Toni Port (80) eingestehen: Seine toten Bergkameraden – sein Bruder Josef Port und sein Freund Norbert Eberhard – werden wohl für immer im ewigen Gletschereis vermisst bleiben. In seine Trauer und Enttäuschung mischen sich aber auch positive Gefühle: Enorm sei die Gastfreundschaft gewesen, riesig die Unterstützung der Bevölkerung des kleinen Bergsteigerdorfes Randa bei Zermatt. Und ein glücklicher Zufall führte den 80-jährigen Türkheimer Toni Port dann auch noch zu einem Bekannten, der schon bei der ersten Suche nach den vermissten vor 60 Jahren geholfen hatte: Toni Ports Sohn hatte einfach über das Internet eine Ferienwohnung in Randa gebucht – wie sich herausstellte gehörte ausgerechnet diese Wohnung der Familie von Beat Brandschen, dessen Vater schon damals an der Suchaktion beteiligt war. „Meine Reise in die Schweiz hat sich dann doch gelohnt“, sagt Toni Port.
In den vergangenen 60 Jahren fanden 13 Bergsteiger am Weißhorn den Tod – von allen Vermissten fehlt bis heute jede Spur. Toni Port hatte insgeheim gehofft, dass ihm die Gletscherschmelze durch den Klimawandel etwas hilft und Spuren der Verunglückten freigibt. Doch es war nichts zu sehen, nichts zu finden.
Die Hängegletscher an den steilen Wänden des Weißhorns seien zwar schon ziemlich abgegangen, hat Toni Port beobachtet. „Jetzt kommen die nächsten Abstürze aus Felsen, Geröll und Schotter. Die Hoffnung, die toten Bergkameraden noch zu finden, muss ich leider aufgeben“, bedauert der 80-Jährige.
Es war vor 60 Jahren, am 21. Juli 1958, als das Unfassbare geschah: Die beiden Türkheimer Bergsteiger Josef Port und Norbert Eberhard stürzen bei der Besteigung des Gipfels des 4505 Meter hohen im schweizerischen Wallis ab und verunglücken tödlich. Tatenlos mussten Luis Port, Andreas Schorer, Stefan Haugg und Karl Thalmair mit ansehen, wie ihre Freunde in die Tiefe stürzten. „Es war ein Moment der Unachtsamkeit, da war es passiert“, sagt Toni Port heute.
Sie waren an diesem Ausflug nur zu sechst unterwegs, die „Sieben Schwaben“aus Türkheim, die in den 1950er-Jahren so viele gemeinsame Bergtouren unternommen hatten. Einer fehlte: Anton „Toni“Port, der als Soldat in der Grundausbildung ausgerechnet an diesem Wochenende in der Kaserne in Mittenwald bleiben musste, keinen Urlaub bekam und daher nicht mit aufs Weißhorn steigen konnte. Wenige Wochen später reiste der heute 80-Jährige dann aber doch noch nach Randa ins Wallis - um sich auf die Suche nach seinem verunglückten Bruder zu machen. Es gab leider keinen Zweifel daran, dass die beiden Bergsteiger den Sturz und den freien Fall über gut 1100 Meter nicht überlebt haben konnten.
Doch die Leichen der beiden Türkheimer Freunde konnten nicht gefunden werden – bis heute nicht. Inzwischen lebt von den sieben Berg- Freunden aus Türkheim außer Toni Port keiner mehr.
Und für ihn ist in all den Jahren der Wunsch immer größer geworden, seinen toten Bruder und seinen Freund Norbert Eberhard zu suWeißhorns chen, zu finden und in der Heimaterde in Türkheim begraben zu können.
Das daraus jetzt nichts werden kann, bedauert Toni Port natürlich sehr. Die neun Tage, die er jetzt in der Schweiz war und mit der Suche nach den toten Bergkameraden verbrachte, waren dennoch nicht vergeblich, weiß Toni Port: „Jetzt habe ich auch für mich damit abgeschlossen. Es sollte einfach nicht sein. Ich habe jedenfalls alles versucht“, sagt der 80-jährige Toni Port traurig.
Eine klitzekleine Hoffnung bleibt ihm noch: Die Polizei hat bei ihm Speichelproben genommen, um im Falle eines Fundes doch noch die Identität durch eine DNS-Analyse feststellen zu können.