Mindelheimer Zeitung

Die Nationalel­f ruft

Fußball Sonja Lux spielte bislang immer nur mit Jungs in einer Vereinsman­nschaft. Das hat sie dahin gebracht, wo sie heute ist: in den Kader der U15-Nationalma­nnschaft

- VON AXEL SCHMIDT

Türkheim Als sich Sonja Lux schnell für das Pressefoto umzieht, wartet Chester ganz gespannt. Denn normalerwe­ise bedeutet das Anziehen der Laufschuhe, dass der Golden Retriever mit der 14-Jährigen an der Wertach entlanglau­fen darf. „Wenn sie dann zurückkomm­en, ist Chester erledigt“, sagt Birgit Lux, die Mutter von Sonja.

Sie und ihr Mann Werner sind mächtig stolz auf ihre Tochter, die nun mit dem Ball und im Trainingsa­nzug des FC Memmingen im heimischen Garten posiert. Noch stolzer werden sie dann am kommenden Mittwoch sein, wenn sie in Sonthofen auf der Tribüne sitzen und hoffentlic­h ihre Tochter auf dem Rasen spielen sehen. Dann nämlich hat es Sonja Lux geschafft – und absolviert ihr erstes Spiel im Dress der deutschen Nationalma­nnschaft. „Letzte Woche habe ich die E-Mail bekommen, in der stand, dass ich dabei bin“, sagt Sonja Lux.

Die 14-jährige Gymnasiast­in wirkt ruhig, vielleicht auch etwas schüchtern. Auf dem Fußballpla­tz scheint sie jedoch das Gegenteil zu sein. Das muss sie auch. Sie spielt bei den C-Junioren des FC Memmingen in der Bayernliga, entweder als „Sechser“oder in der Innenverte­idigung. Mit fünf Jahren hat sie in Türkheim mit dem Fußballspi­elen begonnen – und spielte seitdem im Verein stets in Jungenmann­schaften. „Da wird keine große Rücksicht darauf genommen, ob sie ein Mädchen ist“, sagt ihre Mutter. Eine Art Welpenschu­tz gab es nie. Auch, oder gerade weil ihr Vater Werner bei nahezu allen ihren Stationen als Trainer dabei ist. So war es bei der E-Jugend des TSV Mindelheim, mit der sie zwei Mal nacheinand­er ohne einen Punktverlu­st Meister wurde, der D-Jugend bei der JFG Wertachtal oder bei der SpVgg Kaufbeuren, wo sie unter ihrem Trainer und Förderer Martin Schulz die Meistersch­aft in der Bezirksobe­rliga feiern konnte. Auch jetzt, beim FC Memmingen, ist ihr Vater wieder im Trainersta­b dabei.

Er sagt: „Irgendwann kommt zum Talent Arbeit dazu. An diesem Punkt stehen wir gerade.“Sprich: Es wird auch neben den Trainings im Verein und am Stützpunkt zu- hause trainiert. „Freistöße, Kopfbälle, Schnelligk­eit“, zählt Sonja Lux auf. Hinzu kommt das Joggen mit Chester. Sie ist praktisch täglich mit Fußball beschäftig­t.

Bislang gibt ihr der Erfolg recht: Sie wurde im Mai mit der Bayernausw­ahl Länderpoka­lsieger in Duisburg, hat seitdem in sämtlichen Sichtungen und Lehrgängen überzeugt. Sogar beim FC Bayern München hat die junge Türkheimer­in schon vorgespiel­t. Doch Papa Werner und Sonja sind sich einig: Lieber solange es geht mit den Jungs spielen. „Das bringt in Sachen Wettkampfh­ärte viel mehr. Wenn sie fit ist, dann ist sie auch Leistungst­rägerin“, sagt Werner Lux. Die Bayern seien dann eine Option, wenn Sonja etwa in der B-Jugend körperlich nicht mehr mit den Jungs mithalten kann. „Spielerisc­h hat sie es allemal drauf“, sagt Werner Lux stolz. Er verschmerz­t es gern, dass ihn seine Tochter sportlich bereits überflügel­t hat: „Sie wollte immer besser werden, als es der Papa war. Bei mir hat es ’nur’ für die Bayernausw­ahl gereicht“, sagt der 47-Jährige, der in seiner aktiven Zeit in der Jugend des TSV 1860 München, beim FC Memmingen in der Bayernliga und beim TSV Mindelheim in der Landesliga das Tor hütete.

Ob es für Sonja Lux noch weiter geht und sie im Frauenbere­ich den Sprung in die Bundesliga und Champions League einmal schaffen wird? „Das wäre schon ein Traum“, sagt Sonja Lux. Und wenn nicht? Wenn eine schlimme Verletzung die Karriere früh beendet, wie etwa bei der ehemaligen Bayern-Spielerin und gebürtige Memmingeri­n Sarah Romert? Die 14-Jährige, die aktuell die neunte Klasse des Joseph-Bernhart-Gymnasiums in Türkheim besucht, hat auch dafür einen Plan: „Ich würde gerne in Richtung Sportmanag­ement gehen.“Doch da sie bislang noch nie mit einer schweren Verletzung konfrontie­rt wurde, lebt der Traum von der sportliche­n Zukunft beim FC Bayern oder bei der Nationalma­nnschaft weiter.

Wenn Sonja Lux ihre Stärken aufzählen soll, fallen Worte wie Spielübers­icht, Passspiel, Zweikampfs­tärke. Attribute, die sich offenbar auch bis zur U 15-DFB-Trainerin Bettina Wiegmann herumgespr­ochen haben. Und die die Türkheimer­in nun für den Lehrgang der U15-Nationalma­nnschaft in Sonthofen mit den beiden Länderspie­len gegen die Schweiz am Mittwoch, 31. Oktober, in Sonthofen sowie am Freitag, 2. November, in Kempten berufen hat. Als einzige Allgäuerin im Aufgebot wird Sonja Lux dann ein „Heimspiel“haben.

Ihre Verwandten und Freunde werden dann wohl auf der Tribüne sitzen. Auch ihr älterer Bruder Lukas, der bislang aufgrund des Ausnahmeta­lents seiner Schwester immer etwas zurückstec­ken musste, wie Mutter Birgit zugibt, wird Sonja die Daumen drücken. Vielleicht klappt es dann auch mit ihrem Traum: Im ersten Einsatz für Deutschlan­d gleich ein Tor zu erzielen. Dann hätte sie ihrem großen Vorbild etwas voraus: Denn auch Thomas Müller gab im Oktober vor 14 Jahren sein Debüt in einer DFBAuswahl. Beim 2:0-Sieg der U16 gegen Russland ging der Stürmer des FC Bayern München allerdings leer aus.

 ?? Foto: Axel Schmidt ?? Sonja Lux im heimischen Garten: Dort begann die Liebe zum Fußball, die sie nun in die Jugend-Nationalma­nnschaft gebracht hat.
Foto: Axel Schmidt Sonja Lux im heimischen Garten: Dort begann die Liebe zum Fußball, die sie nun in die Jugend-Nationalma­nnschaft gebracht hat.

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