In Bayern werden junge Familien deutlich entlastet
Neue Regierung will Einstieg in gebührenfreie Kinderbetreuung. Freie Wähler erhalten drei Minister. Streitpunkte bleiben offen
München Nur 22 Tage nach der Landtagswahl ist der Koalitionsvertrag für eine neue Bayerische Staatsregierung unter Dach und Fach. Die Parteigremien von CSU und Freien Wählern haben das 60-seitige Papier am Sonntagabend in München in getrennten Sitzungen abgesegnet. Die Freien Wähler werden die Minister für Wirtschaft, Bildung und Umwelt stellen. Zu den wichtigsten Projekten in den kommenden fünf Jahren gehört der Einstieg in gebührenfreie Kinderbetreuung. Außerdem bekennt sich die neue Koalition dazu, eine Reduzierung des Flächenverbrauchs auf fünf Hektar pro Tag anzustreben und die heftig umstrittenen Änderungen des Alpenplans – Stichwort: Riedberger Horn – rückgängig zu machen.
Der Wille, Familien stärker als bisher zu fördern, ist in der neuen Staatsregierung offenbar da. Künftig sollen Eltern für alle drei Kindergartenjahre stark bezuschusst werden, indem auch für das erste und zweite Kindergartenjahr 100 Euro pro Monat und Kind gewährt werden. Ab dem zweiten Lebensjahr sollen ab dem Jahr 2020 zudem 100 Euro pro Kind gewährt werden, und zwar zweckgebunden an Eltern, die tatsächlich Beiträge für Kinderbetreuung in mindestens dieser Höhe zahlen. Gleichzeitig haben CSU und Freie Wähler vereinbart, das bayerische Familiengeld weiterhin in seiner jetzigen Form auszuzahlen.
Auch in der Umweltpolitik setzt die Vereinbarung einige neue Akzente. Mit der Rücknahme der Änderungen im Alpenplan etwa wäre nicht nur der jahrelange Streit um eine Skischaukel am Riedberger Horn endgültig im Sinne der Naturschützer beigelegt. Auch für den Artenschutz wollen CSU und Freie Wähler künftig mehr tun: Die Flächen für das Vertragsnaturschutzprogramm sollen verdoppelt, zehn Prozent des Staatswalds zu Naturschutzflächen werden und künftig nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt werden. Einen dritten Nationalpark, wie ihn der frühere Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wollte und Naturschützer fordern, soll es allerdings nicht geben.
Wenig eindeutig sind die Festlegungen in der Energiepolitik. So bekennt sich die neue Staatsregierung zwar zum Ausbau der Windkraft, hält aber an der geltenden Rechtslage, also auch an der umstrittenen 10-H-Abstandsregel für Windräder, fest. Zu den großen Stromtrassen, die von den Freien Wählern bisher stets bekämpft wurden, findet sich im Koalitionsvertrag nichts.
Ähnlich in der Verkehrspolitik. Der jahrelange Streit um eine dritte Startbahn am Flughafen München
Wirtschaftsminister Pschierer muss sein Amt abgeben
blieb unentschieden. Deshalb würden die Planungen für den Bau der Bahn „während der aktuellen Legislaturperiode nicht weiterverfolgt“.
Mit der Entscheidung, das Wirtschaftsressort an die Freien Wähler zu geben, wird Schwaben auf jeden Fall Franz Pschierer (CSU) als Wirtschaftsminister verlieren. Wie Ministerpräsident Markus Söder die CSU-Ressorts besetzt, werde erst kommende Woche bekannt gegeben. Das Wirtschaftsressort soll nach Informationen unserer Redaktion Freie-Wähler-Chef Aiwanger übernehmen – erweitert um zusätzliche Zuständigkeiten.
Bei Grünen, SPD und FDP stieß der Koalitionsvertrag auf scharfe Kritik. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann sprach von „60 Seiten, die das „Weiter so“festschreiben, SPD-Chefin Natascha Kohnen von einer „Weiter-so-Koalition“. Laut FDP-Fraktionschef Martin Hagen gibt es nur einen Unterschied zur CSU-Alleinregierung: „Es wird noch teurer.“