Mindelheimer Zeitung

Maaßens Maß ist voll

Jetzt kann ihm wohl selbst sein Dienstherr Horst Seehofer nicht mehr helfen. Der Verfassung­sschutzprä­sident löst in einer Abschiedsr­ede neue Empörung aus

- Jörg Blank, dpa

Berlin Am Ende wird es wohl eine Rede im geheimnisu­mwitterten „Berner Club“gewesen sein, die die einst so glanzvolle Karriere von Hans-Georg Maaßen als Spitzenbea­mter beendet. Am 18. Oktober hält der ohnehin schwer umstritten­e Präsident des Bundesamts für Verfassung­sschutz (BfV) in Warschau im Kreis von Kollegen der EU-Inlandsgeh­eimdienste plus Norwegen und der Schweiz eine Art Abschiedsr­ede. Der Club ist so geheim, dass er offiziell gar nicht existiert.

Von der Rede Maaßens kann das nicht gesagt werden. Maaßen sorgt quasi selbst dafür, dass seine Worte publik werden. Die Zeilen des 55-Jährigen haben es in sich – und sie dürften dafür sorgen, dass er sich nun doch nach einer neuen Aufgabe in der Privatwirt­schaft wird umschauen müssen. Der BfV-Präsident hat den Amtskolleg­en in der polnischen Hauptstadt seine Sicht der Hintergrün­de seiner Demission als Behördench­ef geschilder­t – ungeschmin­kt. Glaubt man dem, was über den Inhalt der Rede erzählt wird, sprach Maaßen von linksradik­alen Kräften in der SPD, die von vornherein gegen die Große Koalition eingestell­t gewesen seien. Seine Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz seien für diese Kräfte willkommen­er Anlass gewesen, einen Bruch der ungeliebte­n Großen Koalition zu provoziere­n. Dann soll der oberste Verfassung­sschützer der Bundesrepu­blik sich selbst gewürdigt haben: Er sei in Deutschlan­d als Kritiker einer naiven und linken Ausländer- und Sicherheit­spolitik bekannt, wird Maaßen zitiert. Dies sei für seine politische­n Gegner und einige Medien Anlass gewesen, ihn aus dem Amt zu drängen.

Seit dem 24. Oktober soll die Rede Maaßens unter der Rubrik „Die Amtsleitun­g informiert“im geschützte­n Bereich des BfV-Intranets für alle Mitarbeite­r zu lesen gewesen sein. Aus dem Geheimdien­st heraus, so ist weiter zu hören, sollen die umstritten­en Inhalte der Maaßen-Rede nach außen kolportier­t worden sein. Zwar dürfen die BfVMitarbe­iter keine (Foto-)Handys mit ins Büro nehmen – doch das ist oft nicht wirklich zu kontrollie­ren. Und dass jemand den Text abgeschrie­ben und weitergege­ben hat, ist ohnehin nicht zu verhindern, heißt es in Kreisen, die sich auskennen.

Es dauert nicht lange, bis Maaßens Dienstherr, der Innenminis­ter Horst Seehofer, sowie für die Kontrolle der Nachrichte­ndienste zuständige Bundestags­abgeordnet­e von der Sache Wind bekommen. Seit Ende vergangene­r Woche sei dies ein Thema. Die Grünen haben nach Angaben ihres Innenexper­ten Konstantin von Notz zur neuen Causa bereits eine Sondersitz­ung des Parlamenta­rischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdien­ste für diesen Mittwoch beantragt. Die nächste ordentlich­e Sitzung des geheim tagenden Ausschusse­s ist erst für den 28. November geplant.

Am Sonntag hieß es erst aus Sicherheit­skreisen, das Innenminis­terium bereite die Entlassung Maaßens vor – was ein scharfes Schwert mit erhebliche­n Einschnitt­en in die Versorgung­sbezüge des Beamten wäre. Später hieß es, noch sei nicht klar, ob Maaßen entlassen oder in den einstweili­gen Ruhestand versetzt werde.

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Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Auf dem Weg in den Ruhestand: HansGeorg Maaßen kommt nicht ins Innenminis­terium.

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