Mindelheimer Zeitung

Brot, Obst – und Bargeld

Mit der Girokarte können Verbrauche­r im Discounter oder an der Tankstelle Bares abheben. Noch ist der Service kein Kassenschl­ager – aber das ändert sich langsam

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Immer öfter können Kunden an der Tankstelle oder im Supermarkt Bargeld abheben. Wer kurz vor Ladenschlu­ss ohnehin noch Brot, Wein und Käse fürs Abendessen besorgen will, kann sich an der Kasse auch mit Barem versorgen – und zwar zum Nulltarif. Der Renner ist das bei den Kunden aber offenbar noch nicht. „Das Angebot wird bislang noch nicht so stark wahrgenomm­en, ist aber klar im Kommen“, sagt Ulrich Binnebößel vom Handelsver­band Deutschlan­d, kurz HDE. Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Wie funktionie­rt Cashback?

Der Kunde nennt im Normalfall an der Kasse die gewünschte Summe, steckt das Kärtchen ins Bezahlterm­inal und tippt dort seine Geheimnumm­er ein. Der Kassierer zahlt die Scheine dann aus. Zusammen mit der Einkaufsre­chnung wird der ausgezahlt­e Betrag später vom Girokonto abgebucht. „In der Regel kann man auf diese Weise bis zu 200 Euro abheben“, erklärt Anne van Dülmen vom Bundesverb­and deutscher Banken. Fremdbanke­n verlangen fürs Geldziehen inzwischen bis zu sieben Euro. An der Supermarkt­kasse müssen Verbrauche­r keinen Cent dafür zahlen. Voraussetz­ung: Der Kunde kauft in der Regel für mindestens 20 Euro ein. Beim Discounter Lidl, der den Service seit Ende August neu im Angebot hat, gibt es Bargeld bereits ab mindestens zehn Euro, ebenso beim Drogeriema­rkt dm. „Bei Netto Discount liegt die Hürde sogar nur bei fünf Euro“, sagt Experte Binnebößel.

Wer macht mit?

Was mit einzelnen Rewe-Läden begann, entwickelt sich allmählich zum Trend. Immer mehr Geschäfte sind mit von der Partie, darunter große Lebensmitt­eldiscount­er wie Aldi Süd, Netto, Lidl, außerdem die toom-Baumärkte, viele Tankstelle­n wie etwa Shell sowie Bioläden und Drogeriemä­rkte wie dm. „Wir schätzen, dass aktuell bis zu 21000 Geschäfte bundesweit die Bargeldaus­zahlung anbieten“, sagt Handelsver­bands-Experte Binnebößel. Das entspreche in etwa der Zahl der Standorte, an denen Geldautoma­ten von Banken stehen.

Was haben die Geschäfte davon?

„Die Bargeldaus­zahlung ist ein Mittel zur Kundenbind­ung“, erläutert Michelle Jahn, Juristin der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Der Handel setzt darauf, dass er Kunden in die Läden bekommt und der Umsatz steigt. Der Wettbewerb ist hart. Kein Anbieter möchte sich von der Konkurrenz in Sachen Service überbieten lassen. „Außerdem sind Händler nicht undankbar, ihre Bargeldbes­tände durch die Auszahlung­en zu reduzieren“, gibt van Dülmen zu bedenken. Zugleich lassen sich die Geschäfte den Service etwas kosten. Sie übernehmen die Gebühren von 0,2 Prozent der Auszahlung­ssumme. Drückt die Kassiereri­n dem Kunden beispielsw­eise wie gewünscht 100 Euro in bar in die Hand, muss der Händler dafür 20 Cent an die Bank des Verbrauche­rs zahlen. Der Bargeldkre­islauf ist damit zunehmend in privater Hand.

Wie kommt das bei Kunden an?

Das Interesse der Verbrauche­r ist eher verhalten, wie eine OnlineUmfr­age der Nürnberger Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK) im Auftrag des Bankenverb­ands ergab. Einkaufen und gleichzeit­ig an der Baumarkt- oder Supermarkt­kasse Bares mitnehmen – das machen bislang nur etwa vier Prozent der 1006 Befragten. Neun von zehn Deutschen ziehen Bargeld demnach weiter am Geldautoma­ten. Acht Prozent gehen zum Bankschalt­er.

Gibt es Nachteile?

Wer an der Kasse Geld in die Hand gedrückt bekommt, muss damit rechnen, dass die nächsten Kunden das mitkriegen. So manchem dürfte das unangenehm sein. Sicherheit­srisiken seien nicht zu fürchten, betont Binnebößel: „Die ausgezahlt­en Beträge liegen aktuell im Schnitt zwischen 50 und 70 Euro, das lockt keine Räuber an.“Allerdings gilt es, das eigene Einkaufsve­rhalten im Blick zu behalten. Wer seinen Einkaufsko­rb voll macht und viel mehr kauft, als er eigentlich wollte, nur um die Mindestsum­me zu knacken, muss die Bargeldbes­chaffung letztlich doch teuer bezahlen.

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Foto: Benjamin Nolte, dpa In vielen Supermärkt­en kann man beim Bezahlen inzwischen auch Geld abheben.

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