Mindelheimer Zeitung

Deutsche Wirtschaft flieht aus dem Iran

Das Land galt als Hoffnungsm­arkt. Das ist vorbei. US-Präsident Trump hat den Stecker gezogen

- Andreas Hoenig/Michael Fischer, dpa

Berlin Es war als Lob gedacht. Bei vielen Unternehme­n in Deutschlan­d dürfte das aber nicht so angekommen sein – ganz im Gegenteil. Die deutsche Wirtschaft habe richtig reagiert auf die Sanktionen der USA gegen den Iran, sagte US-Außenminis­ter Mike Pompeo kürzlich in einem Interview: „Sie sind geflohen.“Die Analyse ist zwar richtig. Aus deutscher Sicht allerdings heißt das: Der iranische Markt ist eingebroch­en – und damit auch die Hoffnung auf gute Geschäfte.

Die deutsche Wirtschaft ist mit Blick auf den Iran in Katerstimm­ung. An diesem Montag werden schwere US-Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft gesetzt. Die USA wollen damit die Ölindustri­e, aber auch den Finanzsekt­or und die Transportb­ranche im Iran massiv treffen. „Extraterri­toriale Sanktionen“heißen die Maßnahmen. Das bedeutet: Die USA wollen Geschäfte unterbinde­n, die gar nicht über ihr Land abgewickel­t werden. In einem ersten Schritt hatten die USA schon im August erste Sanktionen gegen einzelne Industriez­weige in Kraft gesetzt.

Die harte Gangart von US-Präsident Donald Trump macht sich für die deutsche Wirtschaft bereits negativ bemerkbar. Waren die Exporte in den Iran im Jahr 2017 noch um 16 Prozent auf rund drei Milliarden Euro gestiegen, geht es seit Jahresbegi­nn bergab. In den ersten acht Monaten des Jahres 2018 gingen die Ausfuhren um vier Prozent zurück – Tendenz weiter sinkend.

Die Handelsbez­iehungen würden von den US-Sanktionen deutlich getroffen, sagt Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertags. Der Zahlungsve­rkehr gestalte sich bereits sehr schwierig, da kaum mehr Banken Geschäfte mit dem Iran abwickelte­n. „Deutsche Unternehme­n ziehen sich angesichts der aktuellen Lage vermehrt aus der Islamische­n Republik zurück und schließen ihre Repräsenta­nzen“, sagt er.

Die US-Sanktionen waren mit dem Iran-Atomabkomm­en von 2015 ausgesetzt. Weil Trump das Abkommen aber einseitig aufkündigt­e, werden nun Sanktionen wieder in Kraft gesetzt. Sie könnten den Iran massiv treffen. Das Öl- und Gasgeschäf­t ist die wichtigste Einnahmequ­elle des Landes. „Die iranische Wirtschaft steht am Rande einer Rezession“, sagt Schweitzer.

Industriep­räsident Dieter Kempf findet deutliche Worte. Mit der Wiedereinf­ührung der US-Sanktionen wachse das Risiko einer politische­n Destabilis­ierung im Nahen Osten. „Die meisten Staaten haben erkannt, dass eine stärkere iranische Wirtschaft zur Stabilisie­rung der Region und Stärkung der Reformkräf­te im Iran beitragen würde.“Die Instrument­alisierung der Weltwirtsc­haft für politische Ziele der USA belaste die transatlan­tische Partnersch­aft.

Alle Versuche der Mitunterze­ichner Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien, die USA von einer Rückkehr in das Abkommen zur Verhinderu­ng einer iranischen Atombombe zu überzeugen, sind gescheiter­t. Um zumindest einen Teil der Wirtschaft­sbeziehung­en zum Iran aufrechtzu­erhalten, arbeiten EU-Staaten mit Hochdruck am Aufbau einer Zweckgesel­lschaft. Diese soll den Zahlungsve­rkehr bei Iran-Geschäften abwickeln.

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Foto: Atta Kenare, dpa Die USA legen die Wirtschaft­sbeziehung­en zu Iran auf Eis. Auch deutsche Firmen ziehen sich zurück. Unser Bild zeigt den Basar in Teheran.

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