Mindelheimer Zeitung

Wer sorgt für Sicherheit auf dem Schulweg?

Während sich etwa in Türkheim über 50 Schulweghe­lfer tummeln, findet sich in Bad Wörishofen kaum jemand. Weil auch die Zahl der Schülerlot­sen stark sinkt, tut sich ein Problem auf, macht jetzt die Polizei deutlich

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Aus allen Richtungen strömen zu früher Stunde die Kinder zur Grund- und Mittelschu­le Bad Wörishofen. Sicher über die Straßen geleitet werden sie von Schulweghe­lfern – soweit die Theorie. In der Praxis nämlich fehlen diese wichtigen Ehrenamtli­chen in Bad Wörishofen an allen Ecken und Enden. Sieben Helfer sind es derzeit, berichtet Andreas Drews von der Polizei Bad Wörishofen. Zum Vergleich: Im wesentlich kleineren Türkheim kümmern sich 51 Menschen um die Sicherheit der Schulkinde­r. Mehr noch: „Es gibt keine Schule hier, an der es nicht läuft – außer Bad Wörishofen.“Höchstens in Tussenhaus­en habe man noch Probleme, Helfer zu finden.

Drews kann nicht verstehen, warum sich in der Kneippstad­t kaum jemand findet, der diesen nicht sehr aufwändige­n Dienst im Sinne der Kinder verrichten will. „In Bad Wörishofen rede ich mir seit Jahren den Mund fusselig“, berichtet der erfahrene Verkehrser­zieher. An der viel befahrenen Kaufbeurer Straße sichern in diesem Schuljahr lediglich zwei Erwachsene freiwillig den Überweg am Zebrastrei­fen. „Und die haben selbst gar keine Kinder an der Schule“, sagt Drews. Sie halten es einfach für notwendig.

Das Problem in Bad Wörishofen wird nun auch noch dadurch verschärft, dass das Interesse in der Schülersch­aft nachlasse, sich als Schülerlot­se zu engagieren. Auch das hat Drews bemerkt. „Früher gab es hier fast 80 Schülerlot­sen, jetzt sind es nur noch 35“, berichtet er. Über die Gründe für diese Unlust in Bad Wörishofen rätseln sowohl Drews als auch Bad Wörishofen­s Polizeiche­f Thomas Maier. Die Stadt habe die Schulweghe­lferDienst­e sogar schon einmal als Mini-Job ausgeschri­eben, es hätte in Bad Wörishofen also sogar Geld dafür gegeben. „Aber es gab keine einzige Bewerbung“, sagt Drews.

„Der Hauptgrund ist wohl die Überwindun­g, überhaupt anzufangen“, glaubt Drews. Deshalb wäre es gut, wenn sich jemand fände, der die anderen Eltern ermutigt, sich zu beteiligen.

In Türkheim zum Beispiel gebe es nicht einmal eine Aufwandsen­tschädigun­g, dafür aber einen Kreis von engagierte­n Eltern, die andere motivieren, mitzumache­n. Maier hält das in Bad Wörishofen für dringend geboten. „Die Klassenstä­rken steigen, damit steigt auch die Gefahr von Unfällen.“

Welch wichtige Rolle hier die Schulweghe­lfer spielen, weiß Jürgen Stechele, ebenfalls Polizist in Bad Wörishofen. „Wir haben in Bayern keine tödlichen Schulwegun­fälle mehr gehabt, seit es Schulweghe­lfer gibt“, berichtet er. Im Dienstbere­ich der Polizeiins­pektion Bad Wörishofen habe man seit 2015 insgesamt zehn Schulwegun­fälle registrier­t, sagt Stechele. Der Dienstbere­ich deckt ungefähr die östliche Landkreisg­renze ab. Die Unfälle hätten sich hauptsächl­ich an Zebrastrei­fen ereignet. „Da wird es ohne Schulweghe­lfer durchaus gefährlich“, sagt Stechele.

In Bad Wörishofen liegt die Grund- und Mittelschu­le zentral, umgeben von zwei viel befahrenen Straßen: Kaufbeurer Straße und St.- Anna-Straße. Im Westen wird das Schulgelän­de von der Schulstraß­e tangiert. Bedarf an Helfern gebe es da genug, machen die Polizisten klar. „Zuerst einmal geht es aber um die Zebrastrei­fen“, sagt Drews, an der Kaufbeurer Straße und an der St.-Anna-Straße. Dort nutzen die Kinder morgens auch andere Überwege, die völlig ungesicher­t sind, denn direkt vor dem Eingang der Schule gibt es keinen Zebrastrei­fen.

Viele Kinder werden auch von ihren Eltern zur Schule gefahren. Von dieser Praxis ist Polizeiche­f Maier nicht sehr begeistert, weil dies für die Entwicklun­g der Kinder im Verkehr nicht förderlich sei. Gleichwohl sieht man bei der Polizei kein großes Problem mit den sogenannte­n Elterntaxi­s, auch nicht an der Kaufbeurer Straße.

„Wenn sich die Eltern an die Regeln halten, auf den Parkplatz vor der Turnhalle fahren, das Kind aussteigen lassen und gleich wieder rausfahren, gibt es kein Problem“, sagen die Experten. „Das Problem entsteht, wenn man ganz vor die Tür fährt.“An der Kaufbeurer Straße sei außerdem ein Problem, dass dieser Parkplatz vor der Schule tagsüber nur für Lehrer freigegebe­n ist. „Aber ein Lehrerauto ist ja nicht so ohne Weiteres zu erkennen“, sagt Drews. Hier arbeitet die Polizei an einer Lösung mit dem Ordnungsam­t. Verständni­s hat man bei der Polizei generell, wenn Kinder bei schlechtem Wetter gefahren werden oder etwa an Tagen, wo sie für Referate viel Material mitbringen müssen.

Abgenommen habe die Problemati­k an der Gartenstra­ße, die von der St.-Anna-Straße direkt zum Schulhof führt. Einfahren dürfen dort eigentlich nur Anwohner oder etwa Lieferante­n.

Gleichwohl halten sich daran nicht alle Beteiligte­n. Die Polizei hat in den ersten drei Wochen nach Schulstart verstärkt vor der Schule kontrollie­rt und ist mit dem Ergebnis eigentlich zufrieden. „Das Einfahren in die Gartenstra­ße hat abgenommen“, sagt Drews.

Die Stadt habe außerdem einige zusätzlich­e Ausnahmege­nehmigunge­n erteilt, um die Situation zu klären, etwa an Lehrer der Musikschul­e.

Auch in Türkheim habe sich die Lage am Tirolerweg entspannt. Auch dort habe die Polizei verstärkt kontrollie­rt, nachdem Vorwürfe laut wurden. „Aber Dinge wie in dritter Reihe parken, habe ich da nicht gesehen“, sagt Drews. Es gebe aber immer „einige, die die Regeln nicht verstehen wollen.“

Um da wenigsten die Kinder zu schützen, sind eben Schulweghe­lfer notwendig. Wer in Bad Wörishofen die Situation verbessern und mitmachen will, kann sich direkt bei Andreas Drews melden, unter der Telefonnum­mer 08247/96800.

Die Helfer hätten morgens etwa 20 Minuten Dienstzeit, auch die Einsatztag­e könne man gewöhnlich gut regeln. Schulweghe­lfer erhalten eine Einweisung von Drews und die nötige Ausrüstung von der Kreisverke­hrswacht. Alle Schulweghe­lfer seien im Dienst versichert, sagt Drews.

Was die Polizei von Elterntaxi­s hält

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Foto: Ralf Lienert Andernorts selbstvers­tändlich, in Bad Wörishofen die Ausnahme: Schulweghe­lfer werden in der Kneippstad­t dringend gesucht.

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