Beim Waaghaus kommt es zum Schwur
Die Fraktion der Freien Wähler will doch noch die Notbremse ziehen und erneut darüber abstimmen lassen, ob das historische Gebäude im Türkheimer Ortskern überhaupt saniert werden soll
Türkheim Wird erneut über die Zukunft des Waaghauses im Marktgemeinderat abgestimmt? Die Fraktion der Freien Wähler hat einen entsprechenden Antrag gestellt, der in der Sitzung am Donnerstag, 8. November, um 19 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses zur Entscheidung gestellt wird.
Dann kommt es also zum Schwur: Soll die Gemeinde an den bisherigen Planungen festhalten, das Waaghaus sanieren und dafür viel Geld in die Hand nehmen? Die Sanierung würde je nach gewählter Variante zwischen 1,7 und 1,9 Millionen kosten, soviel steht schon fest. Dazu komme
„Die Kosten laufen aus dem Ruder und es traut sich hier niemand, das Vorhaben zu stoppen.“Die Fraktion der Freien Wähler im Türkheimer Gemeinderat will bei der Sanierung des Waaghauses die Notbremse ziehen
noch ein Teil der Außenanlage. Kämmerer Claus-Dieter Hiemer errechnete daraus in der jüngsten Gemeinderatssitzung Ende Oktober nach Abzug aller Fördertöpfe eine Summe von rund 700 000 Euro plus X (Anteil an den noch ausstehenden Außenanlagen), für die der Markt aufkommen und die Mittel bereitstellen müsse.
Die Vertreter der Freien Wähler blieben bei ihrer Kritik: Ein Neubau käme viel billiger. FW-Fraktionschef Otto Rinninger ist nach wie vor überzeugt, dass die Sanierung noch teurer kommen werde als jetzt absehbar sei. „Wir wollen mit unserem Antrag dem Marktgemeinderat die Chance geben, noch rechtzeitig umzudenken“, sagte Rinninger auf Anfrage der MZ.
Am Ende werde man bei Sanierungskosten sein, mit denen man drei Neubauten bekommen könne. „Verkaufen oder neu bauen“sei immer noch besser als der bislang eingeschlagene Weg, bleibt Rinninger hart. Franz Haugg ist ebenfalls da- die bisherigen Planungen weiter zu führen: „Die Kosten laufen aus dem Ruder und es traut sich hier niemand, das Vorhaben zu stoppen.“Auch Josef Vogl sieht schwarz: „Wir werden die zwei Millionen sicher überschreiten.“Dass für die Waaghaus-Sanierung auch Geld aus Zuschusstöpfen fließen werde, sei kein schlüssiges Argument: „Auch diese Zuschüsse sind Steuergelder“. Man müsse aussteigen, fasste er die Meinung der FWFraktion zusammen.
Mit ihrem Antrag wollen die Freien Wähler jetzt also doch noch die „Notbremse“ziehen und die bereits weit fortgeschrittenen Planun- gen noch stoppen. Angesichts der bisherigen Mehrheiten im Gemeinderat erscheint es dennoch fraglich, ob die FW damit am Ende noch Erfolg haben kann – bislang fand sich immer eine breite Mehrheit dafür, die Planungen durchzuziehen. Bürgermeister Christian Kähler bezeichnete es sogar als „alternativlos“, das historische Gebäude zu sanieren, auch wenn die Gemeinde zunächst von einer Summe von „nur“350 000 Euro ausgegangen sei. Inzwischen sieht er die Gemeinde in einer Zwickmühle, denn: „Das denkmalgeschützte Gebäude gehört nun ganz einfach der Gemeinde.“Und Eigentum verpflichte, so Kähgegen, ler in der Oktobersitzung des Gemeinderates. Man könne das Haus nicht verfallen lassen und „das Gerede vom Verkauf“, wolle er auch nicht mehr hören, denn man habe schließlich lange einen Käufer gesucht und keinen gefunden.
Nicht nur den Türkheimer Gemeinderat spaltet die Frage der Waaghaus-Sanierung – auch die Bürger sind in dieser Frage hin- und hergerissen. Auch in den sozialen Medien gibt es dazu immer wieder kontroverse Diskussionen, die Meinungen reichen meist von „Sanierung zu teuer“über „abreißen das alte Glump“bis hin zu „unbedingt erhalten, koste es, was es wolle“.
Die Idee, einen entsprechenden Bürgerentscheid anzuregen oder die Türkheimer Bevölkerung auf andere Weise in die Entscheidung einzubinden, findet FW-Fraktionschef Otto Rinninger grundsätzlich zwar gut, doch so weit will er derzeit noch gar nicht gehen: „Wir wollen nicht jetzt schon Druck aufbauen und mit einem Bürgerentscheid drohen“, betont Rinninger. Der FW-Fraktion gehe es vielmehr darum, angesichts der jetzt erstmals vorliegenden, belastbaren Fakten über die zu erwartenden Kosten noch einmal in die Grundsatzdiskussion einzusteigen: „Wir sollten alles nochmal auf Null stellen.“