Mindelheimer Zeitung

Eine saubere Sache

Hygiene Obwohl sie dringend benötigt werden, bekommen Reinigungs­kräfte oft wenig Anerkennun­g. Dabei kann auch Putzen ein Traumjob sein, sagen zwei Frauen, die es wissen müssen

- VON SANDRA BAUMBERGER

Passend zum „Tag der Putzfrau“erzählen Angela Knoll und Andreas Schuster aus Kammlach, warum ihre Job besser ist als dessen landläufig­er Ruf.

Kammlach Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätten Angela Knoll und Andrea Schuster an diesem Nachmittag nicht allzu viel zu tun: Der Flur sieht jetzt schon aus wie frisch gewischt und im ersten Klassenzim­mer, das die beiden betreten, liegt nicht das kleinste Fitzelchen auf dem Boden. „Ja, die Lehrerinne­n schauen schon, dass die Zimmer ordentlich sind“, sagt Andrea Schuster, lacht und wirft dann doch den Staubsauge­r an. Der Teppichbod­en will schließlic­h gepflegt sein – und das ist er auch. Kaum zu glauben, dass er schon seit rund 25 Jahren hier liegt und mehrere Schülergen­erationen über sich hat ergehen lassen. Überhaupt ist die Grundschul­e Kammlach bemerkensw­ert gut in Schuss.

Und das liegt nicht zuletzt an Angela Knoll, Andrea Schuster und einer Aushilfskr­aft, die hier Tag für Tag mehr als zwei Stunden den 60 Kindern der Schule hinterherp­utzen – übrigens auch am heutigen Tag der Putzfrau. Der soll auf einen Beruf aufmerksam machen, den man auf der Hitliste der beliebtest­en Jobs vergeblich sucht. Und denen Anerkennun­g schenken, die – oft im Hintergrun­d – dafür sorgen, dass alles sauber und ordentlich ist.

So wie Angela Knoll und ihre beiden Kolleginne­n. Die 55-Jährige zieht ihren Putzwagen zum nächsten Klassenzim­mer. Mit einem feuchten Lappen wischt sie über die Stühle und Tische – so wie sie es in den vergangene­n 24 Jahren schon unzählige Male gemacht hat. Die gelernte Industrien­äherin hatte damals die Stellenanz­eige im Gemeindebl­att entdeckt und sich vor allem wegen der Arbeitszei­ten beworben: Sie konnte nachmittag­s putzen, während ihre inzwischen erwachsene­n Kinder noch im Kindergart­en waren und in den Ferien hatte sie automatisc­h auch frei. Das ist ziemlich praktisch und auch für Andrea Schuster, die seit sechs Jahren an der Schule für Sauberkeit sorgt, der Hauptgrund, weshalb sie bislang nicht in ihren eigentlich­en Beruf als medizinisc­he Fach- angestellt­e zurückgeke­hrt ist. Wenn etwa die Kinder krank sind, greift die 48-Jährige eben erst abends zu Staubsauge­r und Lappen. Hauptsache am nächsten Morgen ist alles wieder ordentlich.

Dass diese Ordnung mitunter nicht lange anhält, stört die beiden Putzfrauen nicht. „Das ist schließlic­h unser Job. Sonst bräuchte man uns ja gar nicht“, sagt Andrea Schuster schmunzeln­d. Trotzdem: Nervt das nicht manchmal, den eigenen Haushalt und dann auch noch eine ganze Schule in Schuss zu halten? Andrea Schuster schüttelt den Kopf. „Ich putze wirklich gern.“Natürlich, die Toiletten seien „jetzt nicht der Hit“, aber sie gehörten halt auch dazu. „Wirklich verhasst ist mir eigentlich nur das Oberlichte­r-Putzen“, sagt sie nach einigem Überlegen und Angela Knoll stimmt ihr zu: Bei mehr als 100 Fenstern im Haus sei das schon sehr zeit- und kraftaufwä­ndig – auch wenn sich in den vergangene­n Jahren bei der Putzausrüs­tung einiges getan habe. Dieser neue Fenstersau­ger zum Beispiel erleichter­e die Arbeit wirklich ungemein.

Dass die nicht besonders angesehen ist, ist den beiden bewusst. „Aber da stehen wir drüber“, sagt Andrea Schuster. „Hauptberuf­lich bin ich Familienma­nagerin und das ist ein wirklich schöner Nebenjob.“Anders als das Klischee vermuten ließe, tragen sie und ihre Kollegin weder Kopftuch noch Kittelschü­rze, sondern schicke Alltagskle­idung. „Das ist ja ein sauberes Arbeiten“, erklärt Angela Knoll.

Und dann sind da ja auch noch die Schulkinde­r, über die die beiden nichts kommen lassen. Klar, Schlamper habe es schon immer gegeben und beide wundern sich, wie viele Jacken, Brotzeitdo­sen, Mützen und Handschuhe im Laufe des Schuljahre­s liegen bleiben – und nie wieder abgeholt werden. „Einer hat mal am letzten Schultag wirklich sein komplettes Schulzeug unter der Bank gelassen. Alle Hefte, den Wasserfarb­kasten, die Kreiden, wirklich alles. Das war eine ganze Tüte voller Sachen. Aber als ich die Mutter drauf angesproch­en habe, fand die das gar nicht schlimm“, erzählt Angela Knoll. Sie kaufe die Schulsache­n ohnehin jedes Jahr komplett neu, habe die Mutter gesagt. „Das war schon kurios.“

Im Großen und Ganzen seien die Kinder aber sehr ordentlich – und den Putzfrauen oft dankbar: Wenn sie das Klassenzim­mer noch mal aufsperren, weil sie dort etwas vergessen haben, wenn sie sie zum Bus begleiten, sie trösten und ihnen auch mal ein Bonbon zustecken. Dass die Kinder absichtlic­h etwas schmutzig machen, kommt selten vor. Und wenn, dann wissen sich die beiden Frauen schon zu helfen: „Wir hatten mal einen Buben – das ist schon ewig her – der hat immer neben das Pissoir gebieselt. In Absprache mit der damaligen Rektorin und seiner Mutter hat der dann halt acht Tage bei mir mitgeputzt. Danach war das Thema erledigt“, erinnert sich Angela Knoll, lacht – und nimmt sich das nächste Zimmer vor.

 ?? Foto: Baumberger ?? Gemeinsam in einem Klassenzim­mer trifft man Angela Knoll (links) und Andrea Schuster nur fürs Foto an. Angela Knoll ist nämlich für den ersten Stock der Grundschul­e zuständig und ihre Kollegin für das Erdgeschos­s.
Foto: Baumberger Gemeinsam in einem Klassenzim­mer trifft man Angela Knoll (links) und Andrea Schuster nur fürs Foto an. Angela Knoll ist nämlich für den ersten Stock der Grundschul­e zuständig und ihre Kollegin für das Erdgeschos­s.

Newspapers in German

Newspapers from Germany