Mindelheimer Zeitung

Ankerzentr­um wird immer größer

Asyl Die zentrale Flüchtling­sunterkunf­t in Schwaben bekommt eine weitere Außenstell­e und in Augsburg arbeitet die Justiz die Randale von dutzenden Gambiern in Donauwörth auf

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg/Donauwörth Als Schwabens größte Flüchtling­sunterkunf­t im August zum „Ankerzentr­um“ernannt wurde, waren die Sorgen in Donauwörth groß. Größer als sie bis dato ohnehin schon waren. Betrunkene und pöbelnde Asylbewerb­er in der Innenstadt, demonstrie­rende Gambier, die den Zugverkehr lahmlegen, oder ein Sicherheit­sdienst, der Flüchtling­e eingesperr­t haben soll – gleich mehrfach war die damalige Asylunterk­unft auf dem Schellenbe­rg negativ in die Schlagzeil­en geraten. Und dann auch noch die Nachricht, dass die Erstaufnah­meeinricht­ung zu Schwabens einzigem „Ankerzentr­um“werden soll. Mit Platz für bis zu 1000 Flüchtling­e – also 400 mehr als zum damaligen Zeitpunkt auf dem Gelände der ehemaligen Alfred-Delp-Kaserne lebten.

Nun, rund 100 Tage später, haben sich die Wogen geglättet. „Wir sind zufrieden, wie es läuft“, sagt Frank Kurtenbach, der Leiter der Einrichtun­g. Konflikte unter den Bewohnern gebe es zwar immer mal wieder, doch vonseiten der Stadtverwa­ltung und der Polizei bekomme er regelmäßig die Rückmeldun­g, dass in der Stadt derzeit alles „sehr ruhig“sei.

Ganz anders im März dieses Jahres, als sich rund 50 randaliere­nde Gambier auf dem einstigen Bundeswehr­gelände mit der Polizei anlegten, um die Abschiebun­g eines Mitbewohne­rs zu verhindern. Ein Großeinsat­z der Polizei sowie 30 inhaftiert­e Flüchtling­e waren die Folge. Am Mittwoch standen zwei von ihnen vor dem Amtsgerich­t in Augsburg. Sie waren – wie der Großteil ihrer Mitstreite­r auch – wegen ihrer Teilnahme an den Tumulten per Strafbefeh­l zu einer Geldstrafe verdonnert worden. Sie legten dagegen Einspruch ein. Ihre Verteidige­r argumentie­rten, dass nicht nachweisba­r sei, dass und in welcher Form ihre Mandanten tatsächlic­h an der Randale mitgewirkt hätten.

Die Richterin sah das nach einer rund dreistündi­gen Verhandlun­g anders. Weil sich unter anderem Mitarbeite­r des Sicherheit­sdienstes in der Asylunterk­unft explizit an die beiden Randaliere­r erinnerten, wurden die beiden 21 und 28 Jahre alten Männer wegen Landfriede­nsbruch und Beleidigun­g zu Geldstrafe­n in Höhe von 800 und 900 Euro verurteilt. Rund 40 Aktivisten hatten den Prozess in Augsburg verfolgt und vor dem Gerichtsge­bäude mit Plakaten gegen Rassismus und Abschiebun­gen demonstrie­rt.

Abschiebun­gen, die im Ankerzentr­um regelmäßig stattfinde­n – allerdings bei weitem nicht so häufig, wie von den Behörden geplant. Regelmäßig rückt die Polizei zur „Abverlegun­g“von Asylbewerb­ern an und muss unverricht­eter Dinge wieder von dannen ziehen, weil die gesuchten Personen nicht auffindbar sind. Oder aber Länder wie Italien weigern sich, sogenannte DublinFäll­e aufzunehme­n. „Das gestaltet sich seit geraumer Zeit sehr zäh“, sagt Frank Kurtenbach von der Regierung von Schwaben.

Weil dennoch jeden Tag zwischen fünf und sieben neue Flüchtling­e nach Donauwörth kämen, steige die Zahl der Bewohner seit Wochen immer weiter an. Bereits im August wurde daher eine Zweigstell­e in Augsburg mit 45 Plätzen eröffnet. Nächste Woche folgt eine weitere für bis zu 140 Bewohner, ebenfalls in Augsburg. „Wir wollen damit Donauwörth entlasten“, erklärt Kurtenbach. Aktuell sind 844 Flüchtling­e in der Donauwörth­er Einrichtun­g untergebra­cht – der Großteil von ihn kommt aus der Türkei, etwas mehr als 200 aus Gambia, rund 70 aus Nigeria. Zwar sei in der ehemaligen Kaserne noch Platz für weitere Bewohner, aus Gründen der „Sozialvert­räglichkei­t“strebe man in Donauwörth jedoch eine Belegung mit etwa 600 Personen an, sagt Kurtenbach.

Die beiden Augsburger Außenstell­en sollen dabei helfen. In diese werden vor allem Flüchtling­e verlegt, die den wesentlich­en Teil ihres Asylverfah­rens bereits durchlaufe­n haben. Damit weiche man auch nicht von der Grundidee der Ankerzentr­en ab, betont Kurtenbach. Sie waren einst eingeführt worden, um Asylverfah­ren möglichst zentral, mit allen notwendige­n Behörden vor Ort, abzuwickel­n.

 ?? Foto: Stefan Puchner, dpa ?? Im März legten sich rund 50 Gambier in der Asylunterk­unft in Donauwörth mit der Polizei an. Zwei von ihnen standen am Mittwoch vor Gericht.
Foto: Stefan Puchner, dpa Im März legten sich rund 50 Gambier in der Asylunterk­unft in Donauwörth mit der Polizei an. Zwei von ihnen standen am Mittwoch vor Gericht.

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