Mindelheimer Zeitung

Die „Walhalla“von Mindelau

Bauwerk Oft sind Bushaltest­ellen aus Holz oder Beton und von der Stange. Dass das in Mindelau völlig anders ist, hat mit einem Mann zu tun, der von seinem Beruf beseelt ist

- VON JOHANN STOLL

Mindelau Es gab schon Momente, da war Dietmar Knacker nicht mehr gar so gut auf sich selbst zu sprechen. Es waren jene Augenblick­e, als ihm klar wurde: Das, was er da der Stadt Mindelheim versproche­n hatte, wird richtig teuer, und zwar für ihn selbst. Der Steinmetz-, Bildhauerm­eister und gelernte Gestalter aus Mindelau hatte der Stadt spontan angeboten, am Staig in Mindelau ein Buswartehä­uschen aus edlem Naturstein zu bauen. Der Haken an der Sache: Bezahlt bekommen sollte er dafür 7000 Euro, also den Preis für ein einfaches Wartehäusc­hen aus Holz von der Stange.

Dietmar Knacker hat mit seinen Mitarbeite­rn ausschließ­lich bayeri- sche Naturstein­e für dieses Buswartehä­uschen verwendet, das in Deutschlan­d einzigarti­g ist. Da ist nichts von der Stange dabei. Fränkische­r Muschelkal­kstein und Kelheimer Kalkstein sind eingesetzt worden. Bekanntlic­h sind gerade heimische Steine nicht gerade preiswert. Die Säulen sind aus Jurastein aus dem Altmühltal. Auch Betonwerks­tein kam zum Einsatz. Der Sockel ist sogar mit Naturstein­en eines Franziskan­erbrunnens aus München gefertigt worden, die nicht mehr benötigt wurden.

Die romanische­n Säulen an dem Häuschchen sind Arbeiten seiner Lehrlinge worden. In dem Betrieb arbeiten acht Leute. Als Vorbilder dienten Säulen, die der 55-jährige Meister in Mainz gesehen hat.

Sein Betrieb befindet sich in unmittelba­rer Nachbarsch­aft zum neuen Wartehäusc­hen, das im Zuge der Sanierung der Kreissstra­ße MN 25 erbaut wurde. Das Dreifache dessen, was er von der Stadt bekommt, kostet den Steinmetz das massive Häuschen. Immerhin einen Trost hat er: Aus der Bevölkerun­g habe er bisher nur positive Reaktionen erfahren. Und er selbst sagt: „Ich bin glückliche­r so.“Das Dach will er übrigens noch begrünen.

Landrat Hans-Joachim Weirather zeigte sich bei der Eröffnung der neuen Straße (wir berichtete­n) beeindruck­t vom Engagement und Können des Handwerksm­eisters. Am Rande nannte er das Wartehäusc­hen die „Walhalla von Mindelau“. Mindelheim­s Bürgermeis­ter Stephan Winter sprach von einem „tollen Hingucker“, den der Steinmetzb­etrieb da geschaffen habe. Der Unternehme­r habe „Wertschöpf­ung“für die Mindelauer betrieben und ein Schmuckstü­ck hinterlass­en.

Dietmar Knacker lobte aber auch die Stadt Mindelheim. Sie habe sofort ja gesagt, als er mit seinem Vorschlag um die Ecke kam. „Sie haben mich einfach machen lassen“, betont er. Der Steinmetzb­etrieb Knacker ist vor allem im Großraum München aktiv. So ist die Sanierung des Wittelsbac­her Brunnens auf dem Lenbachpla­tz in der Landeshaup­tstadt ein Werk aus Mindelau. Aber auch im Unterallgä­u ist das Unternehme­n gefragt. Im Schloss Bedernau erledigt Knacker derzeit einen größeren Auftrag, wo etwa Balustrade­n saniert werden müssen. Auch der neue Brunnen der Bürgerstif­tung neben der Jesuitenki­rche in der Mindelheim­er Altstadt ist ein Werk der Firma Knacker aus Mindelau.

Der 55-Jährige stammt ursprüngli­ch aus dem hessischen Teil der Rhön. Als er sich vor 26 Jahren selbststän­dig machte, war er auf das Gelände der früheren Landmaschi­nenwerksta­tt in Mindelau aufmerksam geworden. Der Bauernsohn kann bereits auf eine 40-jährige Berufserfa­hrung zurückblic­ken. Er hat in Freiburg gelernt und war in Fulda am Dom beschäftig­t. In München hatte er die Bauleitung für den Umbau des ehemaligen Armeemuseu­ms inne. Dort ist heute die Bayerische Staatskanz­lei untergebra­cht.

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Eine solche Bushaltest­elle wie in Mindelau dürfte es in ganz Deutschlan­d keine zweite geben. Der benachbart­e Steinmetzm­eister Dietmar Knacker hat das Häuschen aus Naturstein­en geschaffen.
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Fotos: jsto Dietmar Knacker ist auch Gestalter. Die Treppe in seinem Haus in Mindelau hat er mit großem Aufwand und Gespür für Details errichtet.

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