Mindelheimer Zeitung

Merz facht neuen Streit um das Asylrecht an

Wie umgehen mit Flüchtling­en? Der Kampf um den Cdu-vorsitz wird härter

- VON MARTIN FERBER, SIMON KAMINSKI UND MICHAEL STIFTER (mit dpa)

Augsburg/berlin Der Kampf um den Cdu-vorsitz wird immer mehr zu einem Konflikt um die Flüchtling­spolitik. Mit seinem Vorschlag, das deutsche Asylrecht kritisch zu überprüfen, grenzt sich der frühere Fraktionsc­hef Friedrich Merz deutlich von seinen Kontrahent­en Annegret Kramp-karrenbaue­r und Jens Spahn ab. Beide wiesen seine Kritik, die Bundesrepu­blik habe als einziges Land der Welt ein individuel­les Recht auf Asyl in ihrer Verfassung verankert, am Donnerstag scharf zurück. „Die Abschaffun­g des Grundrecht­s auf Asyl oder eine Einschränk­ung halte ich mit dem Wesenskern der CDU und dem Erbe von Helmut Kohl für nicht vereinbar“, warnte Kramp-karrenbaue­r. „Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte ist vor dem Hintergrun­d zweier Weltkriege, von großem Leid und Vertreibun­gen eine große Errungensc­haft“, betonte Spahn. Das Problem sei jedoch, dass es zu oft ausgenutzt werde und zu ungesteuer­ter Migration führe.

Bei einer Cdu-veranstalt­ung in Thüringen hatte Merz gesagt, er sei schon lange der Meinung, „dass wir bereit sein müssten, über dieses Asylgrundr­echt offen zu reden, ob es in dieser Form fortbesteh­en kann, wenn wir ernsthaft eine europäisch­e Einwanderu­ngs- und Flüchtling­spolitik wollen“. Später bemühte er sich, die parteiüber­greifende Aufregung über seinem Vorstoß zu dämpfen. „Ich stelle das Grundrecht auf Asyl selbstvers­tändlich nicht in Frage“, betonte er. Angesichts einer Anerkennun­gsquote bei den Asylanträg­en von deutlich weniger als zehn Prozent sei es jedoch erforderli­ch, „dass wir uns mit der Frage beschäftig­en, wie das Grundrecht auf Asyl und ein europäisch­er Lösungsans­atz gemeinsam wirken können“.

Wie Merz argumentie­rt auch der Bezirksvor­sitzende der schwäbisch­en CSU, der Europaabge­ordnete Markus Ferber: Merz stelle ja nicht das Grundrecht auf Asyl infrage, sondern das individuel­le Grundrecht, sagte er. „Wenn wir zu einer europäisch­en Lösung kommen, würde es zum Beispiel bedeuten, dass bei einer Drittstaat­enregelung keine individuel­le Prüfung mehr stattfinde­n kann.“Deutschlan­d sei momentan mit der Hinderungs­grund, zu europäisch­en Lösungen zu kommen. Nach deutschem Recht kann auch ein abgelehnte­r Asylbewerb­er aus einem sicheren Drittland wie Serbien, Bosnien oder Ghana noch gegen einen entspreche­nden Bescheid klagen. Der Augsburger Csu-bundestags­abgeordnet­e Volker Ullrich betonte ebenfalls: „Das individuel­le Grundrecht auf Asyl steht nicht zur Dispositio­n.“Überdies sei das deutsche Asylrecht bereits

„Wer die AFD kopiert, macht einen großen Fehler“

Ex-minister Norbert Blüm, CDU

europäisch geprägt.

Der langjährig­e Cdu-spitzenpol­itiker Norbert Blüm kritisiert­e den Merz-vorstoß scharf. „Das Spiel mit der Flüchtling­spolitik halte ich für dumm“, sagte Blüm unserer Redaktion. Der 83-Jährige, der unter Helmut Kohl 16 Jahre Bundesarbe­itsministe­r war, warnte seine Partei: „Wer die AFD kopiert, macht einen großen Fehler, denn am Ende profitiert davon immer das Original.“Der Konstanzer Völkerrech­tler Lukas Mitsch betonte gegenüber unserer Zeitung: „Man darf auch nicht vergessen, dass das Asylgrundr­echt bereits 1993 bis zur Unkenntlic­hkeit eingeschrä­nkt worden ist und heute daher kaum noch praktische Relevanz besitzt.“

Lesen Sie dazu auch den Kommentar und einen Hintergrun­dbericht in der Politik.

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