Merz facht neuen Streit um das Asylrecht an
Wie umgehen mit Flüchtlingen? Der Kampf um den Cdu-vorsitz wird härter
Augsburg/berlin Der Kampf um den Cdu-vorsitz wird immer mehr zu einem Konflikt um die Flüchtlingspolitik. Mit seinem Vorschlag, das deutsche Asylrecht kritisch zu überprüfen, grenzt sich der frühere Fraktionschef Friedrich Merz deutlich von seinen Kontrahenten Annegret Kramp-karrenbauer und Jens Spahn ab. Beide wiesen seine Kritik, die Bundesrepublik habe als einziges Land der Welt ein individuelles Recht auf Asyl in ihrer Verfassung verankert, am Donnerstag scharf zurück. „Die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl oder eine Einschränkung halte ich mit dem Wesenskern der CDU und dem Erbe von Helmut Kohl für nicht vereinbar“, warnte Kramp-karrenbauer. „Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte ist vor dem Hintergrund zweier Weltkriege, von großem Leid und Vertreibungen eine große Errungenschaft“, betonte Spahn. Das Problem sei jedoch, dass es zu oft ausgenutzt werde und zu ungesteuerter Migration führe.
Bei einer Cdu-veranstaltung in Thüringen hatte Merz gesagt, er sei schon lange der Meinung, „dass wir bereit sein müssten, über dieses Asylgrundrecht offen zu reden, ob es in dieser Form fortbestehen kann, wenn wir ernsthaft eine europäische Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik wollen“. Später bemühte er sich, die parteiübergreifende Aufregung über seinem Vorstoß zu dämpfen. „Ich stelle das Grundrecht auf Asyl selbstverständlich nicht in Frage“, betonte er. Angesichts einer Anerkennungsquote bei den Asylanträgen von deutlich weniger als zehn Prozent sei es jedoch erforderlich, „dass wir uns mit der Frage beschäftigen, wie das Grundrecht auf Asyl und ein europäischer Lösungsansatz gemeinsam wirken können“.
Wie Merz argumentiert auch der Bezirksvorsitzende der schwäbischen CSU, der Europaabgeordnete Markus Ferber: Merz stelle ja nicht das Grundrecht auf Asyl infrage, sondern das individuelle Grundrecht, sagte er. „Wenn wir zu einer europäischen Lösung kommen, würde es zum Beispiel bedeuten, dass bei einer Drittstaatenregelung keine individuelle Prüfung mehr stattfinden kann.“Deutschland sei momentan mit der Hinderungsgrund, zu europäischen Lösungen zu kommen. Nach deutschem Recht kann auch ein abgelehnter Asylbewerber aus einem sicheren Drittland wie Serbien, Bosnien oder Ghana noch gegen einen entsprechenden Bescheid klagen. Der Augsburger Csu-bundestagsabgeordnete Volker Ullrich betonte ebenfalls: „Das individuelle Grundrecht auf Asyl steht nicht zur Disposition.“Überdies sei das deutsche Asylrecht bereits
„Wer die AFD kopiert, macht einen großen Fehler“
Ex-minister Norbert Blüm, CDU
europäisch geprägt.
Der langjährige Cdu-spitzenpolitiker Norbert Blüm kritisierte den Merz-vorstoß scharf. „Das Spiel mit der Flüchtlingspolitik halte ich für dumm“, sagte Blüm unserer Redaktion. Der 83-Jährige, der unter Helmut Kohl 16 Jahre Bundesarbeitsminister war, warnte seine Partei: „Wer die AFD kopiert, macht einen großen Fehler, denn am Ende profitiert davon immer das Original.“Der Konstanzer Völkerrechtler Lukas Mitsch betonte gegenüber unserer Zeitung: „Man darf auch nicht vergessen, dass das Asylgrundrecht bereits 1993 bis zur Unkenntlichkeit eingeschränkt worden ist und heute daher kaum noch praktische Relevanz besitzt.“
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