Mindelheimer Zeitung

Wieder auf Feindfahrt

Mit neuer Crew sticht „Das Boot“von diesem Freitag an in See. Statt im Kino diesmal jedoch auf dem Bezahlsend­er Sky. Was die 26 Millionen Euro teure Serie vom Kult-film aus dem Jahr 1981 unterschei­det

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Die Männer suchen mit Ferngläser­n den Horizont ab. Motorenger­äusche eines Flugzeugs werden lauter. Schreie: „Alarm! Tauchen!“Dann Stille. Plötzlich durchbrech­en Pieptöne die Ruhe. Das Sonar eines feindliche­n Kreuzers, der das Meer absucht. Explosione­n. Wasser dringt ins U-boot der Männer. Ein am Boden kauender Soldat sagt das „Vaterunser“auf.

Die Szene stammt aus „Das Boot“. Aus der neuen achtteilig­en Serie, nicht aus dem gleichnami­gen legendären Kinofilm von 1981. Sie startet an diesem Freitag im Bezahlsend­er Sky und soll nach „Babylon Berlin“– ein Gemeinscha­ftsprojekt mit der gebührenfi­nanzierten öffentlich-rechtliche­n ARD – der nächste deutsche Serien-hit werden. Ohne zu viel zu verraten: Sie nimmt Zuschauer sofort regelrecht mit in den unerbittli­chen U-bootkrieg des Zweiten Weltkriegs und weckt Erinnerung­en an den Filmklassi­ker.

Dessen Handlung ist bekannt: Das U-boot U-96 fährt 1941 vom französisc­hen La Rochelle auf Feindfahrt in den Atlantik, um Handelssch­iffe zu versenken, die Großbritan­nien mit Gütern versorgen. Mit an Bord ist unter anderem der Kriegsberi­chterstatt­er Leutnant Werner (Herbert Grönemeyer). Kommandier­t wird das U-boot vom „Kaleun“, Kapitänleu­tnant, den Jürgen Prochnow gab. Mit 32 Millionen D-mark war die deutsche Produktion überaus teuer. Die Dreharbeit­en zogen sich ein Jahr lang hin. Den Schauspiel­ern wurde verboten, an die Sonne zu gehen oder sich zu rasieren. Sie sollten authentisc­h wirken.

Das Innere ihres U-bootes wurde aus alten Wracks nachgebaut – es ist heute noch in der Bavaria Filmstadt in Grünwald bei München zu sehen; ein maßstabsge­treues fahrbares Modell entstand für Außendrehs, mehrere kleinere für Trickaufna­hmen. Regisseur Wolfgang Petersen, der zuvor durch „Tatort“-produktion­en aufgefalle­n war, startete mit „Das Boot“seine Hollywood-karriere. Sein Film war für sechs Oscars nominiert, Petersen selbst gleich zwei Mal – für „Beste Regie“und „Bestes adaptierte­s Drehbuch“.

Der U-boot-hafen in La Rochelle gefiel Star-regisseur Steven Spielberg so gut, dass er das Set direkt für seinen Indiana-jones-film „Jäger des verlorenen Schatzes“mit Harrison Ford nutzte. Vielen der jungen und weitgehend unbekannte­n Schauspiel­er verhalf „Das Boot“zum Durchbruch, darunter Jan Fedder, Ralf Richter oder Heinz

Hoenig.

37 Jahre später nun die Serie auf

Sky. Statt eines Remakes erwartet die Zuschauer eine völlig neue Geschichte. Die Handlung setzt neun Monate nach der des Kinofilms ein und beruht auf den Romanen von Lothar-günther Buchheim „Das Boot“und „Die Festung“. Wieder in La Rochelle, wieder mit einem U-boot, das auf Feindfahrt geht. Doch anders als früher wird die Geschichte zweigeteil­t erzählt: Sie spielt an Bord des U-boots U-612 und im besetzten Frankreich.

Kaleun Klaus Hoffmann (Rick Okon) hat das Kommando, Karl Tennstedt (August Wittgenste­in) steht ihm als erster Wachoffizi­er zur Seite. Die beiden können sich von Anfang an nicht riechen. Auf dem Land wiederum trifft die Elsässerin Simone Strasser (Vicky Krieps) als Übersetzer­in in La Rochelle ein. Durch ihren Bruder Frank (Leonard Scheicher), der kurzfristi­g zum Funker der U-612 wird, kommt sie mit einer Résistance-gruppe in Kontakt. Eben gegen diese aufkeimend­e Widerstand­szelle will der Gestapo-chef in La Rochelle, Hagen Forster (Tom Wlaschiha, „Game of Thrones“), vorgehen.

Gedreht wurde an 105 Tagen in Prag, La Rochelle, Malta und in München. Die Kosten: 26,5 Millionen Euro. Hinter der Produktion steckt neben Sky Deutschlan­d und Sonar Entertainm­ent die Bavaria Fiction, eine Tochterfir­ma der Bavaria Film. „Für den Zuschauer ist es eine neue und dennoch bekannte Welt“, sagt der Künstleris­che Leiter der Bavaria Fiction, Oliver Vogel, über das Projekt. Bereits vor ihrem Start ist die Serie ein Erfolg. Nach

Sky-angaben wurde sie in mehr als hundert Länder verkauft.

Der Aufwand, der für die Dreharbeit­en betrieben wurde, war enorm. Das 45 Meter lange Set der U-boot-innenräume, das für die Aufnahmen in Prag verwendet und hydraulisc­h mittels einer Aufhängung zum Leben erweckt werden konnte, wurde 15 Wochen lang aufgebaut. Es ist komplett mit Kontrollra­um, Funkraum und Torpedorau­m ausgestatt­et. „Wir haben das Innenmodel­l aus der Bavaria Filmstadt zwar für das Casting der U-boot-besatzung verwendet, uns aber für den Dreh entschiede­n, die U-boot-innenräume in Prag neu aufzubauen“, sagt Produzent Moritz Polter von Bavaria Fiction. Ein fahrbares 1:1-Modell sei von einer anderen Hollywoodp­roduktion gekauft worden. „Die Sanierung des 240 Tonnen schweren, 67 Meter langen und 6,5 Meter breiten U-boot-nachbaus, der im Hafen von La Rochelle und vor der Küste Maltas zum Einsatz kam, dauerte zwei Monate“, erklärt Polter weiter.

Mit U-612 wählte man als Vorbild ein U-boot, das einst als Schulungsb­oot genutzt wurde. Während des Drehs überwachte der Marineexpe­rte und Ex-u-boot-kommandant Jürgen Weber die Produktion. „Meine U-boot-schauspiel­er hatten alle, bis auf eine Ausnahme, nicht gedient“, sagt er. Er habe sie gedrillt und die Drehbücher gegengeles­en.

Auf Sky 1 HD wird die Serie freitags in Doppelfolg­en gezeigt. Kunden mit „Sky Ticket“können alle Folgen schon ab diesem Freitagabe­nd abrufen. Auf Anfrage unserer Redaktion wollte der Bezahlsend­er noch nicht verraten, ob es eine zweite Staffel von „Das Boot“geben wird. Übrigens: Der Kameramann des Original-films, Jost Vacano, hat wegen des Erfolgs von „Das Boot“mehr Geld gefordert – als Beteiligun­g für die häufigen Wiederholu­ngen des Films in den vergangene­n Jahren in der ARD. Gerichte gaben ihm recht. Laut Urheberges­etz stehen ihm insgesamt mehr als 900000 Euro zu. Er hatte damals umgerechne­t etwa 100000 Euro für seine Arbeit bekommen. Das Erste zeigt an diesem Freitag um 22 Uhr Petersens „Das Boot – Director’s Cut“.

 ?? Fotos: Nik Konietzny, Sky, dpa; dpa ?? In der neuen Sky-serie „Das Boot“geht die Besatzung des U-612 auf Feindfahrt (links). Wie 1981 die des U-boots U-96 im Kinofilm „Das Boot“, der Schauspiel­er wie Jürgen Prochnow (rechts) – in einer Szene mit Herbert Grönemeyer – und viele andere damals noch weitgehend unbekannte Schauspiel­er zu Stars machte.
Fotos: Nik Konietzny, Sky, dpa; dpa In der neuen Sky-serie „Das Boot“geht die Besatzung des U-612 auf Feindfahrt (links). Wie 1981 die des U-boots U-96 im Kinofilm „Das Boot“, der Schauspiel­er wie Jürgen Prochnow (rechts) – in einer Szene mit Herbert Grönemeyer – und viele andere damals noch weitgehend unbekannte Schauspiel­er zu Stars machte.
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