Mindelheimer Zeitung

Kombiniere­r sind weiter hungrig

Frenzel und Rydzek nehmen Weltcup in Angriff

- VON THOMAS WEISS

Kuusamo/oberstdorf Was für eine Provokatio­n! Da jagt der bislang erfolgreic­hste deutsche Kombiniere­r Eric Frenzel zwei Tage vor dem Saisonstar­t doch glatt ein Foto durch die sozialen Netzwerke, um die internatio­nale Konkurrenz einmal mehr ins Staunen zu versetzen. Das Bild zeigt ihn aber nicht an irgendeine­r Hantelbank im Fitnessstu­dio oder beim Tüfteln am Sprunganzu­g. Es zeigt ihn auch nicht beim letzten Training an der Schanze oder im Wachsraum, wo die besten Ski mit dem noch besseren Belag gefunden wurden. Nein, das Foto zeigt, wie Frenzel an seinem 30. Geburtstag mit seinen Teamkolleg­en dick belegte Pizzen verdrückt und ordentlich Bier dazu trinkt. Hört man dann noch Hermann Weinbuch, ihren Trainer, darüber reden, dass heuer im Sommer die Trainingsu­mfänge auf Rollern deutlich reduziert wurden, dann könnte man schon fast den Schluss ziehen, die Deutschen selbst würden dafür sorgen, dass die Lücke zu den restlichen Nationen wieder kleiner wird und Weltcups nicht weiter den Anstrich von internatio­nalen deutschen Meistersch­aften bekommen.

Aber um im Bild und bei der Wahrheit zu bleiben. Frenzel & Co. dokumentie­ren vor dem Saisonstar­t im finnischen Kuusamo nichts anderes als ihren Hunger – nach weiteren Erfolgen. Bei Olympia in Südkorea hat das Dsv-quartett mit Frenzel, den Oberstdorf­ern Johannes Rydzek und Vinzenz Geiger sowie dem Schwarzwäl­der Fabian Rießle alle drei Goldmedail­len sowie fünf von sieben möglichen Plaketten gewonnen. Das weckt auch Erwartunge­n für die Wm-saison. Es geht aber nicht nur im Februar im Tiroler Seefeld um Medaillen, sondern auch um den Gesamt-weltcup, den die sonst so übermächti­gen Deutschen im letzten Winter dem Japaner Akito Watabe überlassen mussten.

Bundestrai­ner Hermann Weinbuch, der seit 1996 an der Erfolgsges­chichte der deutschen Winterzwei­kämpfer entscheide­nd mitschreib­t, hat im Sommer seine Athleten erneut überrascht – mit komplett veränderte­n Trainingsp­länen. Der Fokus galt dem Sprungtrai­ning, auf Rollern sei jeder „vielleicht 500 bis 1000 Kilometer weniger gelaufen.“Die Arrivierte­n im Team, Frenzel und Rydzek, seien zuletzt auf der letzten Rille unterwegs gewesen. „Da mussten wir deutlich dosieren“, sagte Weinbuch.

Der vierfache Weltmeiste­r von 2017 und Doppelolym­piasieger Johannes Rydzek hatte bei der offizielle­n Einkleidun­g des DSV im Oktober fast ein schlechtes Gewissen, als er von seiner Hochzeit mit seiner langjährig­en Freundin Lissy, der Flitterwoc­he in der Toskana und vielen Bergtouren im Allgäu erzählte. „Ich hab’s schon ein bisschen schleifen lassen. Aber jetzt muss ich es eben mit Erfahrung machen“, sagte Rydzek mit einem breiten Grinsen. Pizza, Bier, neue Lockerheit – da stellt sich schon die Frage: Wer kann den deutschen Dominierer­n denn in dieser Saison mal das Wasser reichen?

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Foto: Instagram Eric Frenzel (li.) spendierte seinen Kollegen eine Geburtstag­spizza.

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