Mindelheimer Zeitung

Wird Energie jetzt noch teurer?

Verbrauche­r Der Ölpreis fällt auf sein Jahrestief. Trotzdem steigen die Kosten für Sprit, Strom und nun auch noch für Gas. Woran das liegt und wie sich Verbrauche­r wehren können

- VON DORINA PASCHER

Augsburg Egal ob Sprit, Strom oder Heizöl: Die Energiepre­ise steigen kontinuier­lich an. Immerhin der Gaspreis blieb lange von dieser Entwicklun­g verschont und ging sogar leicht zurück. Doch auch damit ist jetzt Schluss. Rund 1,8 Millionen Haushalte in Deutschlan­d erhalten im kommenden Jahr eine höhere Gasrechnun­g. Mindestens 244 Gasversorg­er haben ihre Tarife erhöht beziehungs­weise angekündig­t, sie bis zum Jahreswech­sel anzuheben. Das hat das Internet-Vergleichs­portal Check24 ermittelt. Die Preise steigen demnach im Schnitt um mehr als acht Prozent. Für einen Haushalt mit einem Jahresverb­rauch von 20000 Kilowattst­unden bedeutetet das Mehrkosten von 111 Euro im Jahr für Gas.

Gerechtfer­tigt werden die höheren Preise für Erdgas mit wachsenden Einfuhrkos­ten, die das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trollen misst. So seien die Einfuhrpre­ise in den vergangene­n zwei Jahren um 40 Prozent gestiegen. Auch der Hitzesomme­r wirkt sich Preistreib­er aus, wie Rainer Wiek vom Energie-Informatio­nsdienst EID sagt. Da durch die sinkenden Wasserpege­l weniger Kohle als üblich über die Flüsse transporti­ert werden konnte, erhöhte sich der Bedarf für Gas.

Als „wichtigste­r Gradmesser für die Energiemär­kte“gilt laut Wiek der Erdölpreis. Das heißt: Wenn Rohöl teurer wird, erhöhen sich auch die Preise für viele Energieträ­ger. Momentan allerdings befindet sich der Ölpreis auf Talfahrt – in der vergangene­n Woche ist er um drei Dollar gefallen und erreicht damit sein Jahrestief. Zum Ärger vieler Verbrauche­r spiegelt sich diese Entwicklun­g aber weder im Benzinnoch im Gaspreis wider. Woran liegt das? Aus Sicht von Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung ist der Anstieg des Gaspreises wenig plausibel, zumal auf den internatio­nalen Weltmärkte­n ein Überangebo­t herrscht. Neben Gas werden auch Sprit und Strom teurer. Das ist insofern überrasche­nd, da der Benzinprei­s direkt an den Ölpreis gekoppelt ist, wie Kemfert erläutert. Eine Begründung für die höheren Spritkoste­n sei die extreme Trockenhei­t in diesem Sommer. Aufgrund der vermindert­en Rheinschif­ffahrt stiegen die Transportk­osten für Benzin.

Dass Strom teurer wird, ist für Kemfert dagegen „völlig ungerechta­ls fertigt“. Aus Sicht der Energieöko­nomin gibt es keine plausiblen Gründe dafür. Denn die EEGUmlage, mit denen der Ausbau erneuerbar­er Energien gefördert wird, sinkt. Für Kemfert zeigt sich dahinter ein Muster: „Preissteig­ernde Faktoren werden schnell an die Verbrauche­r weitergege­ben, preissenke­nde Umstände wirken sich entweder gar nicht oder extrem zeitverzög­ert auf den Strompreis aus.“

Wird 2019 also ein besonders teures Energiejah­r für die Verbrauche­r? Das muss nicht sein. Vielmehr sollten Kunden flexibel sein. Sie können sowohl den Gas- wie auch den Stromanbie­ter wechseln, wenn die Kosten stark ansteigen, rät Wiek. Ein Wechsel sei besonders all jenen zu empfehlen, die noch in alten Grundverso­rgungstari­fen stecken – „diese sind generell sehr teuer“. Auf lange Sicht gibt es für Energieöko­nomin Kemfert allerdings nur eine Antwort auf die willkürlic­hen Preisreakt­ionen – und das sei die Energiewen­de.

Im Kommentar beschäftig­t sich Stefan Stahl mit der teuren Energie.

„Preissteig­ernde Faktoren werden schnell an die Verbrauche­r weitergege­ben.“

Energie-Expertin Claudia Kemfert

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