28-Jähriger will Frau zu Oralverkehr zwingen
Justiz Der Unterallgäuer steht wegen versuchter Vergewaltigung vor Gericht
Memmingen Er spricht sie an, sie weist ihn ab. Er will sie küssen, sie schiebt ihn weg. Er zieht ihre Kleidung nach oben, sie zieht das T-Shirt wieder nach unten. „Spätestens hier muss klar sein, dass Schluss ist.“Staatsanwalt Niklas Bullinger findet vor dem Memminger Amtsgericht klare Worte für die Taten eines 28-jährigen Unterallgäuers. Der muss sich wegen sexueller Nötigung mit Gewalteinwirkung und versuchter Vergewaltigung verantworten.
Der Angeklagte und die Geschädigte haben beide im Sommer ein Unterallgäuer Fest besucht und sind sich da ein paar Mal über den Weg gelaufen: „Wir kannten uns vom Sehen“, erzählen beide vor Gericht. Der Angeklagte beschreibt, wie er die 27-Jährige mehrfach gehänselt habe, „weil sie früher dicker war“.
Die Anklage hält fest, was anschließend geschehen sein soll: Als das Fest vorbei ist, feiert die junge Frau mit ihren Freunden in einer Gartenhütte weiter. Auch der 28-Jährige taucht irgendwann dort auf und spricht sie draußen an: „Ich stehe auf dominante Frauen.“Sie weist ihn zurück, er drückt sie an die Wand und gibt ihr einen Zungenkuss. Als sie ihm sagt, dass er aufhören solle, drückt er sie auf einen Holzstapel und schiebt die Kleidung samt BH hoch. Die 27-Jährige läuft weg, er hält sie erneut fest und drückt ihren Hals gegen die Wand.
Erst als jemand aus der Tür schaut und fragt, ob alles in Ordnung ist, lässt der Angeklagte von der jungen Frau ab. Als sie in die Hütte gehen möchte, stolpert sie und fällt zu Boden. Der 28-Jährige nutzt das aus, zieht sie auf die Knie, öffnet seine Hose, holt sein Glied heraus und will sie zum Oralverkehr zwingen. „Das konnte die Geschädigte verhindern, indem sie die Zähne geschlossen ließ“, heißt es in der Anklage. Erst als die Tür der Hütte erneut aufgeht, hört der Mann auf. So wird der Verlauf des Abends in der Anklageschrift beschrieben – vor Gericht behauptet der 28-Jährige jedoch, dass bis auf einen Kuss nichts davon wahr sei.
Es gibt jedoch Chat-Protokolle vom Folgetag, in denen der Angeklagte der 27-Jährigen schreibt, dass er „so voll“war: „Sorry, dass wir uns so kennengelernt haben.“Ihre Antwort: „Weißt Du, was Du gemacht hast? Ich überlege, Dich anzuzeigen.“Als Richter Nicolai Braun sich nach dem Alkohol erkundigt, bestätigt der Angeklagte, dass schon alle etwas getrunken hätten. Er sei aber nicht getorkelt und habe keinen Filmriss gehabt. Trotzdem antwortet er auf viele Fragen ausweichend: „Kann schon sein, kann mich nicht erinnern.“Das sei ja schon ein Widerspruch findet Richter Braun: „Einerseits eine gute Erinnerung aber dann immer die Aussage: ,Das kann nicht sein.’ Wollen Sie nicht noch einmal darüber nachdenken, wie es genau war?“
Die Verhandlung wird unterbrochen, Verteidigerin Nicole Pitsch spricht noch einmal mit ihrem Mandanten. 30 Minuten später tritt der Angeklagte erneut vor das Gericht und erklärt: „Ja, es ist so geschehen, wie es in der Anklage steht.“Sein Vater, der im Zuhörerbereich sitzt, verbirgt sein Gesicht ab diesem Zeitpunkt in den Händen. „Wie kam es denn dazu?“, will der Richter wissen. „Betrunken, weiß nicht“, kommt die leise Antwort. „Es war gut, dass Sie noch einmal nachgedacht haben und der Geschädigten die Aussage ersparen“, betont Nicolai Braun.
Ein paar Fragen muss die 27-Jährige dennoch beantworten, die sagt, sie habe mit sich gerungen, ob sie den 28-Jährigen anzeigen soll. Auf die Frage, wie es ihr jetzt gehe, antwortet
„Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passiert.“
Die 27-jährige Geschädigte
sie: „Es ist komisch.“Sie sei schreckhafter als zuvor: „Wenn ich von der Arbeit zum Parkplatz laufe – das ist furchtbar.“Ihre Stimme wird leise: „Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passiert.“
Zwei Polizisten beschreiben die 27-Jährige als glaubwürdig und „gefasst“: „Trotzdem hat man gemerkt, wie sie die Fragen bei der Vernehmung beschäftigt haben“, so eine Beamtin. Staatsanwalt Niklas Bullinger betont in seinem Plädoyer, dass die 27-Jährige auf ihn nicht schwach wirke. „Aber seit der Tat hat sie Angst.“Das sei einer der Punkte, die gegen den Angeklagten sprechen, ebenso wie das „ständige Missachten des Opferwillens“. Zugutehalten müsse man ihm aber, dass er nicht vorbestraft sei und sich am Tag nach der Tat und vor Gericht bei der Frau entschuldigt habe.
Das Schöffengericht sieht das ähnlich: Es verurteilt den Mann zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung. Außerdem muss er ein Schmerzensgeld in Höhe von 2500 Euro an die junge Frau zahlen.