Schnell und geschickt am Steuer
Motorsport Es ist so etwas, wie der sportliche Elchtest: Gerry Wengert aus Türkheim fährt Auto-Slalom. Vor Kurzem startete er beim deutschen Junioren-Finale in Oschersleben
Türkheim Diese Familie hat sich dem Rennsport verschrieben. Wer Gerry Wengert (17) aus Türkheim kennenlernt, merkt bald, dass er „das Benzin im Blut“hat. „Mein Bruder und ich fahren“, erzählt der Siebzehnjährige, „der Papa macht den Teamchef, Mama Marion das GridGirl.“Und nicht nur das: Gerry und die Mama „schaffen den Reifenwechsel in 20 Minuten!“
Gerry Wengert fährt Auto – möglichst schnell, aber vor allem geschickt. Denn „seine“Disziplin heißt Automobil-Slalom. Wenn man dabei ans Skifahren denkt, liegt man nicht falsch. Es geht um die Geschicklichkeit beim Durchfahren eines Parcours. Das Auto muss um die Pylonen, rot-weiß gestreifte Gummihütchen, herum gelenkt oder durch Tore hindurch gefahren werden. Und das möglichst schnell. Eine Pylone auszulassen oder umzufahren gibt Fehlerpunkte.
Bei der deutschen Junioren-Slalom-Meisterschaft, die kürzlich in Oschersleben (Sachsen-Anhalt) ausgetragen wurde, fuhr der Türkheimer zusammen mit 84 Konkurrenten um den Titel. Nach zwei Läufen
Beim Finale werden den Fahrern die Autos gestellt
in der bekannten Motorsportarena landete er am Ende auf Rang 64.
Wie aber kommt nun ein 17-Jähriger zu diesem Sport, ohne dass er einen Pkw-Führerschein besitzt? Nun, Gerry Wengert hat zwei Scheine: einmal den Akkreditierungsausweis für seinen Sport, und dann den A1 für Leichtkrafträder. Letzteren darf man mit 16 Jahren machen. Wenn Gerry Wengert mal etwas mit seinen Kumpels unternimmt, dann ist es oft eine Motorrad-Tour ins schöne Allgäu. Die Autos, die beim Auto-Slalom gefahren werden, sind für den Straßenverkehr ohnehin nicht zugelassen. Sie tragen andere Reifen (SemiSlick-Halbrennreifen), haben ein neues Fahrwerk für Dämpfung und Federung und noch andere Kleinigkeiten. Wengerts erstes Gefährt war das ehemalige Geschäftsauto vom Papa, ein Mini. Gefahren werden darf damit entweder auf privatem asphaltiertem Gelände oder auf weiträumig abgesperrten Straßen.
Beim Finale um die deutsche Junioren-Slalom-Meisterschaft wurden den Fahrern drei Ford Fiestas zur Verfügung gestellt. Auch wenn es nicht sein Mini war – vor allem im zweiten Lauf zeigte Wengert, dass er auch mit einem fremden Auto gut umgehen kann. Seine Bestzeit lag nur gut zwei Sekunden über der des späteren Siegers.
Hierbei kam ihm seine langjährige Erfahrung zugute. Denn angefangen hatte die Begeisterung fürs Slalomfahren bei Gerry Wengert mit dem Kart auf einem Parkplatz. Da war er sieben Jahre alt. Es folgte der Umstieg in die Seifenkiste mit Motor, dann der Wechsel zum MSC Kaufbeuren. Dort gibt es allerdings nur wenig Trainingsmöglichkeiten, da die Plätze dafür fehlen. Wengerts Training sind dann im Prinzip die Trainingsläufe vor den zehn bis zwölf Rennen pro Jahr in seiner Klasse.
Noch liegt Gerry Wengerts Berufswunsch – hauptberuflich bei den deutschen Tourenmeisterschaften zu fahren – in der Ferne. Seine Vorbilder, Formel-1-Legende Michael Schumacher und der italienische Motorradfahrer Valentino Rossi, lassen ihn aber nicht los. Selbst sein Schul-Praktikum vor drei Jahren fand in einer Autowerkstatt statt, und „am ersten Tag war nicht nur die Nase schwarz“, sagt Marion Wengert. Das Nahziel ist erst einmal der Schulabschluss in andert- halb Jahren. Für dieses Jahr ist die Saison beendet: Für Gerry Wengert kommt nun die Zeit, in der er sich seinen anderen Interessen intensiver widmen kann. Er singt im Schulchor, geht gerne ins Theater, mag japanische Anime-Filme und natürlich Computerspiele. Und er hat nun Zeit für ein weiteres Projekt: Da der Mini ausgedient hat, wartet in der Garage nämlich schon das neue Schätzchen für die nächste RennSaison: Ein Mazda MX von 2006, der noch fit gemacht werden muss. Und der, keine Überraschung, mal das Geschäftsauto von Papa war.