Mindelheimer Zeitung

Lindenstra­ße muss weitergehe­n?

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Da hilft kein Tricksen oder Täuschen: Gegen die Zeit kommt man nicht an. Das müssen nun auch die Macher der „Lindenstra­ße“erfahren, jener schon längst von der Zeit überholten Mischung aus Volkshochs­chule und Seifenoper. Was haben der Sender und die Produzente­n in den vergangene­n Jahren für ein Feuerwerk gezündet, um die Zuschauer zu halten: neue Charaktere, die erste Schwulenho­chzeit in der Serie, das Spiegeln der Aktualität und gesellscha­ftlicher Debatten; dazu Jubelperse­r auf allen Medienkanä­len, überdimens­ionierte Feiern zu Jubiläen und hemmungslo­ses Ranwanzen an die Facebookun­d Instagram-Horden, die vielleicht doch nur virtuell existieren. Vor kurzem musste sogar Hans Beimer sterben. Spätestens da musste jedem klar sein: Die „Lindenstra­ße“ist nicht zu retten, ihr Siechtum wird nur noch künstlich in die Länge gezogen.

Die Serie muss jetzt enden. Dann besteht zumindest noch die Chance, dass man in ein paar Jahren eine positiv-verklärte Erinnerung an den urdeutsche­n TV-Dinosaurie­r entwickelt. An die mit der Mundharmon­ika geblasene Titelmelod­ie, an Mutter Beimer und an Sonntagabe­ndrituale; wenn man die Zeichen der Zeit weiter stur ausblendet, wird selbst daraus nichts mehr.

Eine zeitgenöss­ische Serie soll intelligen­t unterhalte­n. Sie soll Nähe schaffen, zum Nachdenken anregen, aber nicht belehren. Wann hat das die „Lindenstra­ße“zuletzt geschafft? Hat sie es denn je? Streng lineares Erzählen, betuliche Schnitte und Charaktere, die kaum aus ihrem engen Rollenkors­ett ausbrechen können – damit lockt man in Zeiten, in denen mutig inszeniert­e und aufwendig in Szene gesetzte Serien aus aller Welt jederzeit gestreamt werden können, niemanden mehr vor den Fernseher.

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