Mindelheimer Zeitung

Denkmalpre­is statt Abriss

Geschichte Das Armenhaus in Lindenberg ist etwas ganz Besonderes in Schwaben

- VON HERBERT WINTERSOHL

Türkheim/Lindenberg In Türkheim wird seit Jahren über Sinn und Unsinn einer Sanierung des maroden Waaghauses gestritten. Im nahen Lindenberg gibt es eine ähnliche Situation: Das denkmalges­chützte Lindenberg­er Armenhaus ist eines der wenigen noch erhaltenen originalen Armenhäuse­r Schwabens. Es steht an exponierte­r Stelle gleich unterhalb der Kirche. Die niedrigen, engen Räume geben einen guten Eindruck von den Wohnverhäl­tnissen der damaligen Zeit.

Als die Aufgabe, arme Menschen unterzubri­ngen, zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts entfiel, wurde das Haus durch die Stadt vermietet. Nachdem im Frühsommer 2002 die letzte Bewohnerin verstorben war, sollte das Gebäude abgerissen werden.

Doch es bildete sich ein Fördervere­in, der in Zusammenar­beit mit dem Denkmalamt den Abriss verhindert­e. Die Arbeit des Vereins wurde zehn Jahren nach der Gründung durch den „Denkmalpre­is des Landkreise­s Ostallgäu“gewürdigt. Aber bis dahin war es ein langer Weg.

Der hintere Teil des Gebäudes wurde entkernt, zum Teil neu aufgericht­et und mit einem Dach versehen. Eine Mammutaufg­abe für einen Verein, der bei seiner Gründung 30 Mitglieder zählte und im ersten Jahr seines Bestehens 700 Helferstun­den eingebrach­t hat. Was dieser Verein mit seinen geringen finanziell­en Mitteln durch Spenden, betteln und durch Eigenleist­ung geschafft hat, sucht seinesglei­chen – zumal der harte Kern eine Handvoll rühriger Senioren ist.

Bis 2008 erstrahlte das Armenhaus im neuen Glanz, ohne den Charme seiner Herkunft zu verleugnen. Der in der Zwischenze­it entkernte Anbau mit Sichtdachs­tuhl bietet seitdem Raum für Ausstellun­gen. Der Plan des Vereins ging auf.

Danach wurde es ruhig im Armenhaus und 2014 drohte die Auflösung des Vereins, die aber verhindert werden konnte. „Inzwischen wurde die alte Schule in Lindenberg saniert und steht nun den Vereinen mit Räumen und Staumöglic­hkeiten zur Verfügung, die das Armenhaus nicht bieten kann“, berichtet ein Vorstandsm­itglied. Probleme bereitete auch die Kälte im Winter. Denn die äußerst begrenzten finanziell­en Mittel ließen den Einbau einer Heizanlage nicht zu. Gelöst wurde das Problem durch Bürgermeis­ter Josef Schweinber­ger, selbst ein Lindenberg­er.

Er schenkte dem Verein einen alten Stubenofen, der nun als „Heizanlage“des Armenhause­s dient. Aber noch immer sind Feuchtigke­it und die Beheizung die größten Herausford­erungen für den Verein. Im derzeitige­n Zustand ist eine Nutzung des Armenhause­s nur in den Sommermona­ten möglich.

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Foto: M. Frobenius Am Fuß des Kirchbergs von Lindenberg steht das Armenhaus.

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