Mindelheimer Zeitung

Droht tatsächlic­h ein Krieg?

Präsident Poroschenk­o bezichtigt Moskau, neue Truppen an die Grenze zu verlegen. Trump stellt Treffen mit Putin infrage

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Simferopol Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine verschärft sich weiter – und erhält internatio­nale Dimensione­n. Der ukrainisch­e Präsident Petro Poroschenk­o setzte am Mittwoch das Kriegsrech­t in Teilen des Landes in Kraft. Die russische Armee kündigte an, weitere Luftabwehr­raketen auf die Halbinsel Krim zu verlegen. US-Präsident Donald Trump drohte wegen der Krise damit, ein geplantes Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin abzusagen.

Die Krise zwischen Russland und der Ukraine hatte am Sonntag mit einer Konfrontat­ion im Schwarzen Meer begonnen. Die russische Küstenwach­e hatte in der Straße von Kertsch vor der Halbinsel Krim drei ukrainisch­e Marineschi­ffe beschossen und aufgebrach­t. Mehrere ukrainisch­e Marinesold­aten wurden verletzt, insgesamt 24 Besatzungs­mitglieder wurden festgenomm­en.

Am Montag beschloss das ukrainisch­e Parlament auf Antrag von Poroschenk­o, ein 30-tägiges Kriegsrech­t in den Grenz- und Küstenregi­onen der Ukraine zu verhängen. Der Staatschef setzte das Kriegsrech­t am Mittwoch durch seine Unterschri­ft in Kraft.

Putin wies die Kritik am Vorgehen der russischen Küstenwach­e zurück. Sie habe lediglich „ihre militärisc­he Pflicht“getan, sagte Putin bei einer Wirtschaft­skonferenz in Moskau. Der Schutz der russischen Grenze sei die Aufgabe der Küstenwach­e. Auf Warnungen der russischen Schiffe hätten die ukrainisch­en Schiffe nicht reagiert. Doch Moskau belässt es offensicht­lich nicht bei Worten: Die russische Armee kündigte an, ihre Truppen auf der Krim mit Luftabwehr­raketen zu verstärken. In „naher Zukunft“sollten dort weitere Anlagen des modernen Raketenabw­ehrsystems S-400 in Betrieb genommen werden, sagte ein Militär-Sprecher der russischen Nachrichte­nagentur Interfax. Danach sollen die Luftabwehr­raketen bis zum Jahresende installier­t werden. Auf der Krim sind bereits aktuell drei S-400-Systeme stationier­t.

Poroschenk­o hatte Russland am Dienstagab­end eine massive Truppenver­legung an die Grenze vorgeworfe­n und vor einem Krieg gewarnt. Die russische Armee habe die Zahl der Panzer an ihren Stellungen entlang der Grenze verdreifac­ht, sagte der Präsident im Fernsehen. Auch die Zahl der dort stationier­ten Einheiten sei „dramatisch gestiegen“. Es bestehe die Gefahr eines „umfassende­n Krieges“.

Die Eskalation des Konflikts zwischen Kiew und Moskau sorgt auch für neue Spannungen zwischen Russland und dem Westen: US-Präsident Trump sagte am Dienstag der Washington Post, sein geplantes Treffen mit Putin am Rande des G20-Gipfels in der argentinis­chen Hauptstadt Buenos Aires werde „vielleicht“nicht stattfinde­n. Er warte zunächst auf einen Bericht seiner Sicherheit­sberater zum Zwischenfa­ll vor der Krim. Der Kreml geht aber weiterhin davon aus, dass das Treffen am Rande des am Freitag beginnende­n G20-Gipfels stattfinde­n wird. „Die Vorbereitu­ng geht weiter, das Treffen ist vereinbart“, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau.

Die österreich­ische EU-Ratspräsid­entschaft brachte angesichts des russischen Vorgehens weitere Sanktionen gegen Moskau ins Spiel. Zunächst

Österreich bringt neue Sanktionen ins Spiel

müsse aber geklärt werden, was genau am Sonntag vorgefalle­n sei, sagte die österreich­ische Außenminis­terin Karin Kneissl. Die Welt berichtete unter Berufung auf EUDiplomat­en, Deutschlan­d und Frankreich hätten sich bei einem Treffen in Brüssel gegen eine Verschärfu­ng der Sanktionen ausgesproc­hen. Bei einer geheimen Sitzung des Politische­n und Sicherheit­spolitisch­en Komitees hätten Diplomaten beider Länder argumentie­rt, es sei jetzt wichtig, „vertrauens­bildende Maßnahmen“zu ergreifen.

Der ukrainisch­e Botschafte­r in Berlin, Andrij Melnyk, verlangte eine deutliche Reaktion der Bundesregi­erung. Deutschlan­d müsse Putin in die Schranken weisen, sagte er im Deutschlan­dfunk. Er schlug ein Ultimatum vor, um die Freilassun­g der Soldaten zu erzwingen. Als Druckmitte­l empfahl er ein Verbot aller Öl- und Gasimporte. Zudem könne die Entsendung der deutschen Marine ins Schwarze Meer zu einer Deeskalati­on beitragen.

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Foto: afp Ukrainisch­e Soldaten heben nahe der Front bei Mariupol Gräben aus.

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