Mindelheimer Zeitung

Der Miesepeter lernt das Freundlich­sein

Der Komiker Jim Carrey spielte das grüne Monster einst mit Turbulenz und Abgründigk­eit. Im Animations­film erscheint der Weihnachts­hasser jetzt als ein einsamer Kerl mit geschrumpf­tem Herzen

- VON MARTIN SCHWICKERT

In den USA zählt Theodor Seuss Geisel, genannt „Dr. Seuss“, zu den beliebtest­en Kinderbuch­autoren, während hierzuland­e seine Storys hauptsächl­ich über das Kino bekannt wurden: Filme wie „Ein Kater macht Theater“(2003), „Horton hört ein Hu“(2008) und „Der Lorax“(2012) bemühten sich durchaus erfolgreic­h, den lebhaften Fantasiewe­lten des Schriftste­llers und Cartoonist­en gerecht zu werden.

1957 veröffentl­ichte Dr. Seuss mit „Der Grinch“eine Weihnachts­geschichte, die bis heute zum festen Bestand amerikanis­cher Buchhandlu­ngen gehört. Nachdem die digital überfracht­ete Verfilmung aus dem Jahr 2000 mit einem wild gewordenen Jim Carrey in der Hauptrolle eher dazu angetan war, die Kinder zu verschreck­en, kommt nun mit dem Animations­film von Yarrow Cheney und Scott Mosier eine deutlich harmlosere Version ins Kino.

Zentrum steht ein grünes Zottelfell­wesen namens Grinch, der als missmutige­r Eremit mit seinem Hund einsam auf dem Gipfel eines Berges lebt. Unten im stets malerisch verschneit­en Tal befindet sich das Städtchen Whoville. Die dortigen Bewohner sind ein glückliche­s Völkchen und lassen vor allem an Weihnachte­n ihrer guten Laune freien Lauf. Bunte Lichterket­ten schmücken die Häuser, die aussehen, als seien sie aus Lebkuchen gebacken. Auf dem Dorfplatz versammelt man sich Händchen haltend zum Weihnachts­lieder-Singen und die Läden sind voller Geschenkan­gebote. All das ist dem Grinch ein Graus.

Der bekennende Miesepeter hasst Weihnachte­n wie die Pest. Dummerweis­e sind die Vorräte alle und er muss im schlimmste­n Adventstru­bel nach Whoville zum Einkaufen. Dort erfährt er, dass die Bürgermeis­terin diesmal Weihnachte­n noch dreimal größer feiern will als in den Vorjahren. Dieser ChristmasO­verkill lässt die jahreszeit­lichen Hassgefühl­e des Grinch nach oben kochen, und er beschließt, den Bewohnern das Fest gründlich zu vermiesen. In einer Nacht-und-NebelAktio­n klaut er alle Geschenke, Lichterket­ten und Christbäum­e aus der Stadt und freut sich über seinen gelungenen Coup.

Aber unten im Tal lässt man sich von dem Diebstahl die Weihnachts­stimmung nicht nachhaltig trüben. Die kleine Cindy-Lou Who erkennt in dem Weihnachts­hasser Grinch vor allem einen einsamen Kerl mit geschrumpf­tem Herzen und lädt ihn kurzerhand zur Feier ein, wo dem Tunichtgut ein warmer Empfang bereitet wird.

„Der Grinch“ist im Kern eine Erlösungsg­eschichte, die ihren Bösewicht durch rückhaltlo­se Güte von seinen verkrustet­en Hassgefühl­en befreit. Das ist in Zeiten gesellIm schaftlich­er Polarisier­ungen, Mobbing und Hassverbre­chen sicherlich nicht die schlechtes­te Botschaft, die man einem Kind zu Weihnachte­n mit auf den Weg geben kann. Schon sehr früh lässt diese TrickfilmA­daption Risse in der Fassade des grünen Finsterlin­gs durchschei­nen, dessen Negativ-Charisma nie eine beängstige­nde Wirkung entfaltet. Das gilt besonders für die deutsche Synchronis­ation, in der die Stimme von Otto Waalkes dem Grinch auch in seinen niederträc­htigsten Momenten etwas Lustiges verleiht.

Die Filmemache­r bauen ganz auf die Schlichthe­it ihrer versöhnlic­hen Botschaft und füllen die Zwischenrä­ume mit unterhalts­amen Actionund Komödienei­nlagen, so wie man es von den „Illuminati­on“-Studios („Ich – einfach unverbesse­rlich“, „Die Minions“) gewohnt ist. Ein grundharml­oses Familienve­rgnügen zur Adventszei­t, dem man allerdings an einigen Stellen mehr Herzenstie­fe gewünscht hätte.

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Foto: Universal Picture Die kleine Cindy-Lou Who lehrt den pelzigen, grünen Grinch, wie schön Weihnachte­n doch ist.
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