Mindelheimer Zeitung

Reisen durch Zeit und Raum

- VON VERONIKA LINTNER klartext@mindelheim­er-zeitung.de

Weltweit stand er in den Schlagzeil­en: Ross Edgley, ein wohl mit allen Wassern gewaschene­r Engländer, ist einmal um die britische Insel geschwomme­n. Es dauerte 157 Tage, bis er dort angelangte, wo er gestartet war. Ein extremer Fall von männlicher Sturheit? War er zu eitel, um nach dem Weg zu fragen? Oder hat sein Navi ihn im Kreis geführt? Nein. Edgley wollte sich einen Platz im Guinness-Buch der Rekorde sichern. Und tatsächlic­h meisterte noch nie jemand diese Route so schnell wie er.

Schon immer war das Reisen in Rekordzeit eine Idee, die den Ehrgeiz der Menschheit beflügelte. In 80 Tagen um die Welt, davon träumte der Autor Jules Vernes im 19. Jahrhunder­t. Heute zischt in Japan der Schnellzug Shinkansen mit 300 Kilometern pro Stunde durch die Prärie, und ein Flug von München nach Moskau dauert drei Stunden. Zeit und Raum sind eben relativ. Alte Einstein’sche Weisheit. Dass Tempo nicht immer Trumpf ist, beweist dagegen oft die Kunst. Derzeit läuft der Film „25 km/h“in den Kinos – und feiert die Entschleun­igung. Er erzählt von zwei Männern, die im Schneckent­empo auf altersschw­achen Mofas quer durch Deutschlan­d rattern. Vom Schwarzwal­d bis zum Timmendorf­er Strand. Der Kinogänger soll sich jedoch nicht täuschen lassen: Für etwa 850 Kilometer benötigen die Männer 116 Spielfilm-Minuten. Das ergäbe eine Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit von etwa 450 km/h – ohne Pinkelpaus­e. Rekordverd­ächtig.

Ob sich Tempo beim Reisen lohnt? Fragen wir doch die Schauspiel­er, die sich ihre Gesäße auf den Mofas wundsitzen mussten. Oder Ross Edgley, dem wohl inzwischen Schwimmhäu­te gewachsen sind.

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