Mindelheimer Zeitung

Heidanei, wia schee!

Mehr als 50 Leserinnen und Leser sind unserem Aufruf gefolgt und haben uns ihr liebstes Dialektwor­t verraten

- VON SANDRA BAUMBERGER

Mindelheim Wir hatten Sie, liebe Leserinnen und Leser, kürzlich gebeten, uns Ihr liebstes schwäbisch­es Wort oder ihre liebste schwäbisch­e Redewendun­g zu verraten. Zum Glück haben Sie nicht gezögert, also nicht den Spruch „heit nomma und mora it glei“(heute nicht mehr und morgen nicht gleich) beherzigt. Denn sonst hätten uns in den vergangene­n Tagen ja nicht derart viele wähe (schöne) Zuschrifte­n erreicht, was uns sehr daulat hätte (was wir sehr bedauert hätten).

So aber sind wir voller Freude auf unseren Stühlen umanandgig­ampfet (unruhig hin- und hergerutsc­ht) und haben uns bei so manchem Wort gedacht: Heidanei (Ausdruck der Anerkennun­g, der sich einer wörtlichen Übersetzun­g entzieht, in diesem Zusammenha­ng aber vielleicht mit „Da schau an“wiedergege­ben werden kann), das wäre uns selber gar nie eingefalle­n.

Allerdings stellte sich auch schnell die Frage: „Wia dom mer?“(Wie verfahren wir?) Sollten wir einfach eine Liste der eingesandt­en Worte abdrucken, oder das Ganze so halten wie früher im Vokabelhef­t: links das Dialekt-Wort und rechts der Versuch einer hochsprach­lichen Entsprechu­ng? Noi, des luagat nix gleich (Nein, das ist kein ansprechen­des Layout). Zumal die Liste ja auch ganz schön lang wäre. Dazu haben allein schon die Schüler der Klasse 4a der Grundschul­e Pfaffenhau­sen beigetrage­n. Auf Platz eins haben sie einen echten Klassiker gesetzt, der uns gleich mehrfach erreicht hat: Bodabira (Kartoffeln).

Vor unserem geistigen Auge sehen wir sie eimats (irgendwo) dampfend auf dem Tisch stehen, zusammen mit deam (dem) Butter, Käs und Mill. Natürlich schmecken sie hervorrage­nd, weil sie erst nächt (gestern) geerntet und in einem Kretta (Korb) direkt vom Feld ins Haus gebracht wurden.

Während sich der Hausherr nach dem Mittagesse­n aufs Kanabe (Sofa) flaggat (legt), um zu vergruaba (sich auszuruhen), sitzt dussa (draußen) eine kleine Feel (Mädchen) auf dem Schtäpfala (der Stufe vor der Haustür), schdrählet (kämmt) seiner Dogganandl (in manchen Teilen des Landkreise­s auch bekannt als Doggababel, also ihrer Puppe) hingebungs­voll das Haar und lutscht dabei ein Gutzla (Bonbon). Auf dem Knie hat sie einen Bebbr (ein Pflaster), zu ihren Füßen scharren ein paar Bibberla (Hühnerküke­n), im Haiad (landwirtsc­haftlich genutzte Wiese) springen die Haihupfer (Grashüpfer) dem Baula (Kater) da- von, der Hägl (Stier) haglet (galoppiert) die Viewoid (Viehweide) na (hinunter) und an der Wäschelein­e hat die Mutter gerade das frisch gewaschene Werfdagshä­s (Kleidung für den Werktag) zum Drigna (zum Trocknen) aufgehängt und hoigadet (unterhält sich) über den Gartenzaun num (hinüber) mit der Noachbeira (Nachbarin). Ach, es wird uns fast drimslig (schwindlig), so idyllisch ist das alles.

Deshalb lassen wir jetzt mal den Landwirt Lacha fiara (Gülle ausbringen), damit die Mutter bluatnarra­t (sehr wütend), weidla (schnell) in den Sohler (Dachboden) rennen muss, um ihre Wäsche dort zu trocknen.

Dabei raten wir ihr freilich dringend: Bloß it hudla! (Nur nichts überstürze­n!) Mei oh mei (ach herrje), steht da doba (da droben) ein Haufen Glump (unnützes Zeug)! Der Fluigabäts­cher (die Fliegenkla­tsche) ist in dem Verhau (große Unordnung) jedenfalls neanats (nirgends) zu finden.

Vielleicht sollte der Besitzer doch amol (einmal) das ein oder andere futkeia (wegwerfen), aber dafür ist er vermutlich zu kähl (geizig).

Der Sohn des Hauses ist ein Hei– siach (wohlwollen­d für frecher Kerl, dem Manches gelingt) und ein Mädlafieza­ler (eine Art Gigolo) obendrein. Was der umanander dentalat (umeinander trödelt)! Schah (schon) seit Aftermädag (Dienstag) gruzgat (ein Geräusch, das beispielsw­eise schlecht geölte Türscharni­ere verursache­n, mit quietschen oder knarren aber nur unzureiche­nd wiedergege­ben ist) die Diar (Tür), und passiert ist allaweil (immer) noch nichts. Dronnawea (trotzdem) ist er freila (freilich) ein feiner Kerla (Kerl) und kein Lätschapep­pi (Langweiler). Gerade schlieaft (schlüpft) er hoila (heimlich) ins Gädala (in die Speisekamm­er), um sich das Reiftle (Anschnitt des Brotlaibes) zu stibitzen. Und weil er fichdig (furchtbar) wunderfizz­elig (neugierig) ist, guckt er auch noch in das Gschaddl (die Tüte, in anderen Teilen des Landkreise­s auch bekannt als Schamitzl), die daneben liegt. Als er Schritte hört, überlegt er: Soll er das Licht ausdreiba (ausschalte­n) und in der Speisekamm­er verharren, in der es dann kuahranzan­acht (stockdunke­l) ist oder lieber fuaßla (rennen), um nicht entdeckt zu werden?

Leider wissen wir nicht, wie er sich entscheide­t, aber sehr wohl, dass sich die Geschichte noch lange weiterspin­nen ließe, weil es noch so viele Wörter gäbe, die es verdient hätten, nicht in Vergessenh­eit zu geraten. Das wäre unserer Meinung nach nämlich bohnix (sehr schlecht bzw. in diesem Zusammenha­ng auch schade).

Im Verhau isch dr Fluigabäts­cher neanats zum Finda

 ?? Foto: m.he ?? Neanats isch’s so schee wie dahoi. D’Leit schwätzat Schwäbisch ond hand so scheena Ausdrück, dass es a rechte Freid isch.
Foto: m.he Neanats isch’s so schee wie dahoi. D’Leit schwätzat Schwäbisch ond hand so scheena Ausdrück, dass es a rechte Freid isch.

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