„E-Sport ist weit mehr als Zockerei“
Jürgen Funke aus Oberstaufen setzt sich für die Belange des Nachwuchses ein. Der stellvertretende Vorsitzende der Bayerischen Sportjugend über künftige Herausforderungen
Herr Funke, Sie kommen gerade von der Vollversammlung der Deutschen Sportjugend aus Bremen zurück. Wie ist es denn um die Belange des Nachwuchses bestellt?
Jürgen Funke: Es gibt immer etwas zu tun. Auf dieser Ebene beginnen die wichtigen Themen. Das sind derzeit die Bereiche Freiwilligendienste, E-Sport und Sportpolitik.
Das Thema E-Sport ist tatsächlich gerade in aller Munde. Die Turniere werden mittlerweile sogar im Fernsehen übertragen. Aber ist es tatsächlich sportlich, mit der Spielkonsole vor dem Bildschirm zu sitzen und zu zocken? Funke: Das ist das typische Klischee (lacht). Aber E-Sport ist weit mehr als das. Wir können über E-Sport eine völlig neue Zielgruppe in den Sport integrieren. Dieses Potenzial dürfen wir uns nicht aus den Händen gleiten lassen. Es gibt mittlerweile schon den Vergleich mit Schach als Denk- und Strategiespiel. Der Fußballverband beispielsweise ist da schon recht weit.
Nämlich?
Funke: Es gibt bereits Vereine, die bauen den Bereich E-Sport in den Trainingsbetrieb ein. Beispielsweise im Bereich Taktik. Zunächst wird auf der Konsole trainiert, dann wird das Ganze auf dem Platz abgebildet. Sollte sich dieses Modell durchsetzen, wäre das neu für den gesamten Sportbereich. Nehmen wir doch mal die Profis: Die zocken in ihrer Freizeit alle. Es wäre nun für uns interessant zu wissen, ob sie das lediglich zur Entspannung machen oder ob es gewinnbringend für das reale Spiel ist.
Eine kontroverse Diskussion, oder? Denn es gibt ja auch die Meinung, dass die heutige Jugend gerade wegen Smartphones und Spielkonsolen bewegungsfaul ist ...
Funke: Da gibt es definitiv zwei Sichtweisen. In der Stadt ist dieses Phänomen mit Sicherheit noch stärker ausgeprägt als auf dem Land. Die Kinder, die man leicht aktivieren kann, haben keinen Bewegungsmangel.
Das heißt, bei uns im Allgäu ist die Welt aus Sicht des Sportfunktionärs noch in Ordnung?
Funke: Das kann man so sagen. Um die Sportjugend in unserer Region steht es gut. Das liegt einerseits daran, dass ein Sportverein im Dorf einfach noch einen ganz besonderen Stellenwert hat. Auch gesellschaftlich. Zum anderen pflegen wir hier enge Kontakte zwischen Bayerischer Sportjugend und Bayerischem Landessportverband. Es gibt viele Ehrenamtliche, die Übungsleiterlehrgänge sind ständig ausgebucht und die Jugend engagiert sich im Verein. In dieser Hinsicht dürfen wir uns nicht beklagen.
Eines ihrer Spezialgebiete ist das Thema Freiwilligendienst. Welche Erfahrungen haben Sie damit im Sport gemacht?
Funke: Die Einführung des Freiwilligendienstes im Sport war sehr positiv. Meine Kinder haben beide ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Sportverein gemacht. Wir haben auch in unserem kleinen Dorfverein, dem SC Thalkirchdorf mit knapp 600 Mitgliedern, den Freiwilligendienst eingeführt, um Zuverlässigkeit und Qualität des Vereins zu erhöhen und mehr in Kontakt mit den Schulen zu kommen. In Bayern läuft das prima, die Stellen können unter dem Strich alle besetzt werden. Aber speziell im ländlichen Bereich haben wir schon auch mit Problemen zu kämpfen. Es ist hier deutlich schwerer, Bewerber zu finden als beispielsweise in einer Metropole wie München.
Warum?
Funke: Naja, die Arbeitszeiten gleichen im Endeffekt denen in der Gastronomie. Du hilfst vormittags im Schulsport, hast den Nachmittag frei und abends geht’s im Verein weiter. Die klassische Zielgruppe sind Abiturienten nach der Schulzeit. Da wollen aber viele einfach erst einmal weg aus dem Allgäu, raus in die weite Welt.
Was sind die großen Herausforderungen für die BSJ in der Zukunft? Funke: Zum einen die Entwicklung der Beziehung zwischen Bildung und Sport. Wir müssen versuchen, über die Schulen schon früh in Kontakt zu den Kindern zu kommen und als Sportverein ein ernsthafter Konkurrent zu Handy und Fernseher zu sein. Aber auch das Thema Integration wird uns noch weiter beschäftigen. Da geht es aber nicht darum, einzelne Personen zu integrieren, sondern Parallel-Gesellschaften zu verhindern.
Interview: Stephan Schöttl
● Jürgen Funke Der 51-Jährige aus Oberstaufen arbeitet als selbstständiger IT-Berater und externer Datenschutzbeauftragter. Der zweifache Vater engagiert sich nebenbei ehrenamtlich im Sport. Unter anderem ist er stellvertretender Vorsitzender sowie Referent für Kommunikation und IT des Sportkreises Kempten/Oberallgäu im Bayerischen Landessportverband (BLSV) und seit Kurzem auch stellvertretender Vorsitzender der Bayerischen Sportjugend (BSJ).