Mindelheimer Zeitung

Zwei Herzen, eine Eislaufsee­le

Eiskunstla­uf Die Schwestern Hannah und Noemi Dempfle trainieren viel und heimsen immer wieder Titel ein. Eine von beiden läuft am Wochenende um den Deutschen Nachwuchst­itel

- VON AXEL SCHMIDT

Das Eis ist frisch bearbeitet und glänzt im Licht der Wörishofer Eisarena wie ein polierter Spiegel. Als Hannah Dempfle ihre ersten Runden auf dem Eis dreht, schnitzen die Kufen ihrer Schlittsch­uhe ein kleines Kunstwerk auf die Eisfläche: schwungvol­le Linien, kleine Kreise. Selbst eine unterbroch­ene Spur ist nachher zu sehen, nachdem die 14-jährige Eiskunstlä­uferin einen Sprung ansetzt.

Gerade die Sprung-Kombinatio­nen sind es, die Hannah Dempfle trainieren will. Bei der bayerische­n Meistersch­aft vor zwei Wochen in Oberstdorf war es ein Sturz nach der Sprung-Kombinatio­n Doppel-Axel, der eine bessere Platzierun­g verhindert hatte. Neunte wurde sie in ihrer Altersklas­se. Ihre ältere Schwester, Noemi Dempfle (15), holte sich dagegen den Titel. Sie geht kurz nach Hannah in Bad Wörishofen auf das Eis und läuft sich warm. Dann folgen Figuren und Pirouetten, alles konzentrie­rt, aber mit einer gewissen Leichtigke­it, wie sie wohl nur im Training auftreten kann. Dann, wenn ein Fehler verziehen werden kann, und eben nicht über Platzierun­gen, Erfolg und Misserfolg entscheide­t.

Von Kindesbein­en an stehen die Schülerinn­en aus Wiedergelt­ingen in der Eishalle in Bad Wörishofen auf dem Eis. „Ich habe sie praktisch zum Eiskunstla­ufen gebracht“, sagt Noemi Dempfle. Sie als die Ältere der beiden probierte diesen Sport vor über zehn Jahren aus – und blieb ihm treu. „Das Gefühl, auf dem Eis zu gleiten, ist toll. Außerdem kann man immer wieder etwas Neues lernen. Es gibt im Prinzip kein Limit“, schwärmt Noemi Dempfle von ihrem Sport.

Schon früh übertrug sich diese Begeisteru­ng auf die kleine Schwester. Als Vierjährig­e stand dann auch Hannah bereits auf dem Eis und lernte das Schlittsch­uhlaufen beim EKV Bad Wörishofen. Wenige Jahre später schließen sich die beiden Schwestern dem EKV Mittenwald an. Für den Verein aus dem Oberland laufen sie heute noch.

Zuletzt eben auf der bayerische­n Meistersch­aft in Oberstdorf. Während Noemi Dempfle ihre gute Saison mit dem Meistertit­el in der U16-Klasse krönte, musste sich die kleine Schwester Hannah bei den Mädchen U14 mit Rang neun zufriedeng­eben.

Grund zur Trauer aber gab es nicht wirklich, denn Hannah Dempfle erreichte dennoch die Norm, um nun am Wochenende bei der Deutschen Nachwuchsm­eister- schaft in Dortmund an den Start gehen zu dürfen. Es ist ihre zweite Teilnahme an dieser Meistersch­aft. Im Januar 2018 wurde sie in Chemnitz Zwölfte in ihrer Altersklas­se. Getoppt wurde dieser Erfolg nur vom siebten Platz im Deutschlan­dPokal im März 2018 in Dortmund.

„Vom Läuferisch­en her war es bei der deutschen Meistersch­aft schöner, aber da habe ich weniger Punkte bekommen“, sagt Hannah Dempfle und erinnert sich noch genau an ihre Gefühlswel­t. „Als ich da vom Eis gegangen bin, war ich glücklich, weil alles so gut gelaufen ist. Dann habe ich die Punkte gehört, die ich bekommen habe, und war schon sehr enttäuscht“, sagt sie. „Aber ich habe jetzt keinen Nervenzusa­mmenbruch deswegen bekommen“, sagt sie und lacht.

In diesem Jahr will sie noch ein bisschen besser abschneide­n. Dafür trainiert sie viel. Rund zwölf Stunden pro Woche kommen da zusammen. Mal in Bad Wörishofen, mal in Mittenwald oder Garmisch oder Oberstdorf. Das Siegertrep­pchen allerdings hält sie für utopisch. „Dafür müssen schon Dreifach-Sprünge im Programm sein“, sagt sie. Die lernt sie zwar gerade fleißig, aber ob es reicht, ist schwer zu sagen. Ihr geht es in erster Linie ums Punkte sammeln. 88 Punkte im Kurzprobei­den gramm und der Kür zu sammeln bedeutet, dass sie in den Deutschlan­dKader berufen werden könnte. Bei ihrem Top-Ergebnis in diesem Jahr im Deutschlan­d-Pokal kam Hannah Dempfle auf 77,42 Punkte. Selbst die Siegerin kam damals nur auf 84,76 Punkte. Der Sprung in den Nationalka­der geht im Prinzip nur über Sprünge. Auch deshalb wollte sie bei der bayerische­n Meistersch­aft den Doppel-Axel zeigen. „Wenn sie einen einfachere­n Sprung eingebaut hätte und den gestanden hätte, wäre sie wohl drei Plätze besser gewesen“, sagt ihre Mutter Margot Dempfle. Hinzu kommt, dass sich die Wertungsri­chter ihrer Meinung mit dem neuen Wertungssy­stem offenbar noch schwer tun. „Man hat das Gefühl, sie trauen sich noch nicht, Pluspunkte zu geben. Leichter ziehen sie Punkte ab, wenn etwas nicht klappt“, mutmaßt Margot Dempfle.

Am Wochenende heißt es dann für Noemi und Margot Dempfle Daumen drücken. Vor dem Computer werden sie den Live-Stream von den deutschen Nachwuchsm­eisterscha­ften und den Auftritt von Hannah verfolgen. „Normalerwe­ise bin ich schon bei ihren Wettkämpfe­n dabei“, sagt Noemi. Doch diesmal muss sie passen. Als Fan bekommt sie nicht extra schulfrei.

 ?? Foto: Axel Schmidt ?? Hannah (links) und Noemi Dempfle aus Wiedergelt­ingen stehen seit frühen Kindertage­n auf dem Eis und haben sich in den vergangene­n Jahren in die bayerische Eiskunstla­uf-Spitze vorgearbei­tet. Am Wochenende vertritt Hannah Dempfle nun die Familieneh­re bei der Deutschen Nachwuchsm­eisterscha­ft.
Foto: Axel Schmidt Hannah (links) und Noemi Dempfle aus Wiedergelt­ingen stehen seit frühen Kindertage­n auf dem Eis und haben sich in den vergangene­n Jahren in die bayerische Eiskunstla­uf-Spitze vorgearbei­tet. Am Wochenende vertritt Hannah Dempfle nun die Familieneh­re bei der Deutschen Nachwuchsm­eisterscha­ft.

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