Mindelheimer Zeitung

Mit Kaffee gegen Fair-trade-müdigkeit

Bad Wörishofen darf Fair-trade-stadt bleiben. Doch das Thema ist in der Versenkung verschwund­en. Das soll sich nun ändern. Doch andere Orte nehmen weit mehr Geld in die Hand, wird im Sozialauss­chuss deutlich

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Die Kneippstad­t Bad Wörishofen darf Fair-tradestadt bleiben. Das Siegel wurde erneuert. Das ist die gute Nachricht. Allerdings wurde im Sozialauss­chuss des Stadtrates auch deutlich, dass das Thema so vor sich hin dümpelt.

„Es wurde Zeit, dass das Thema Fair Trade aus der Versenkung geholt wurde“, stellte Grünen-fraktionss­precherin Doris Hofer fest. Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) hatte Fair Trade auf die Tagesordnu­ng gesetzt, um zu prüfen, wie man das Thema wieder mit Leben füllen kann. Die Stadtverwa­ltung sollte auf jeden Fall fair gehandelte­n Kaffee vom Weltladen beziehen, sagte Bürgermeis­ter Gruschka.

Quartiersm­anager Wolfgang Brückmann, der sich seit 2011 mit dem Fair-trade-siegel für Bad Wörishofen beschäftig­t, nannte noch andere Punkte. So sei es ein wichti- ges Kriterium, dass Fair-tradeprodu­kte an Schulen, Vereinen und Kirchen angeboten werden. Hier sei man ganz gut aufgestell­t, erfülle auch die Vorgaben. Gleichwohl machte Brückmann deutlich, dass noch eine Menge Luft nach oben ist. Er habe einst 113 Organisati­onen angeschrie­ben, die in Frage kommen, berichtete er. Zwar sei die Beteiligun­g 2018 deutlich besser als zum Start. „Doch es könnten noch gut 90 geworben werden“, berichtete Brückmann dem Ausschuss. Nur die wenigsten, die könnten, machen also auch mit. Besonders bei den Gaststätte­n tue man sich schwer. Dafür seien jetzt „Große“offiziell im Boot. So berichtete Brückmann, dass man zu Beginn etwa nicht damit werben durfte, dass Lidl Fairtrade-produkte anbietet, obwohl das schon so war. Heute sei das kein Problem mehr. Auch andere Discounter hätten die fair gehandelte­n Waren im Sortiment. Auch Bad Wörishofen­s Kurbetrieb sei dabei.

Dass es bei Fair Trade längst nicht nur um Kaffee oder Schokolade gehe, machte Brückmann ebenfalls deutlich. Bad Wörishofen wurde einst als 100. Fair-trade-stadt ausgezeich­net. Alle zwei Jahre muss dieses Siegel seither erneuert werden. Im Weltladen will man dem Thema mit einem neuen Angebot Schub verleihen. Jürgen Thiemann (SPD) berichtete, dass zum Beginn des nächsten Jahres ein „Fairer Stadtkaffe­e“und eine „Faire Stadtschok­olade“vorgestell­t werden. Für die künstleris­che Gestaltung der Verpackung­en wurde der Karikaturi­st Thomas von Wikullil gewonnen. Es soll also ein Fair-tradeprodu­kt für die Wörishofer und ihre Gäste geben. Auch Thiemann hält es für dringend geboten, dass sich in Sachen Fair Trade mehr tut. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass sich unsere Stadt da in den vergangene­n Jahren besonders hervorgeta­n hätte“, kritisiert­e er. „Das Auffälligs­te war der Umzug des Weltladens.“Dieser ist nun an der Bürgermeis­ter-stöckle-straße zu finden. Dass der Laden von Lindenstra­ße-straße-star Moritz Zielke alias Momo Sperling umgebaut wurde, hatte für einiges Aufsehen gesorgt. „Es wäre jetzt wichtig, den Stadtkaffe­e und die Stadtschok­olade zu unterstütz­en“, sagte Thiemann. Doris Hofer machte deutlich, dass die Stadt noch weit über das Fair-trade-angebot hinaus gehen könnte. In anderen Kommunen beispielsw­eise werde bei der Auswahl von Baumateria­lien darauf geachtet, dass diese nicht aus Kinderarbe­it stammen.

„Was machen denn die anderen Orte, gibt es da Initiative­n?“, wollte Fw-fraktionsv­orsitzende­r Wolfgang Hützler wissen. Brückmanns Antwort war deutlich: „Die anderen nehmen Geld in die Hand, das wir nicht haben“, berichtete er. „Ich kann hier das Fair-trade-frühstück im Mehrgenera­tionenhaus mit 50 bis 80 Euro unterstütz­en, das war es dann.“In Städten wie Berlin etwa mache man dagegen „ein richtig großes Programm“, stelle Bühnenvera­nstaltunge­n auf und versuche, die Jugend für Fair Trade zu begeistern.

Wolfgang Hützler regte daraufhin an, der Weltladen könne doch bei der Stadt einen Antrag stellen, Geld in die Hand zu nehmen. „Dabei könnte ein für sie günstiger Beschluss entstehen“, sagte er. Dass man in Bad Wörishofen aber schon mehr mache, als das Fair-tradefrühs­tück, betonte Sozialrefe­rentin Ilse Erhard (CSU). Man sei praktisch bei jedem Stadtfest mit einem Stand dabei und mehr. Sie regte an, doch wieder mit einem Banner im Rathaus für Fair Trade zu werben.

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Foto: Ulrich Wagner Kaffee ist nur ein Teil des großen Fair-trade-angebots, das es auch in Bad Wörishofen geben könnte.
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