Mindelheimer Zeitung

Merz blitzt bei Merkel ab

Der frühere Finanzmini­ster dient sich als Minister an. Doch die Kanzlerin macht dem 63-Jährigen keine Hoffnung. Eine Kabinettsu­mbildung ist nicht geplant

- VON STEFAN LANGE

Berlin Kurz vor dem für Friedrich Merz entscheide­nden Cdu-bundespart­eitag spielte sich eine Szene ab, die in der Nachbetrac­htung hohe Symbolkraf­t hatte. Beim traditione­llen Presseaben­d federte Bundeskanz­lerin Angela Merkel sichtlich entspannt durch die Reihen, entdeckte einen Tisch mit vier Berliner Journalist­innen und gesellte sich dazu. Die Frauen-runde plauderte munter, die Männer beäugten es misstrauis­ch. Als sich einer von ihnen an den Tisch drängen wollte, machte die Noch-cdu-vorsitzend­e Merkel mit den Ellenbogen dicht. Männer, so die Botschaft, will ich hier nicht haben.

Wenig später wusste ein anderer Mann, dass er auch nicht willkommen ist. Die Cdu-delegierte­n votierten in Hamburg mit Mehrheit gegen Merz und für Annegret Kramp-karrenbaue­r als Parteivors­itzende. Das war die Ablehnung der Partei. Seit Mittwoch weiß Merz offiziell, dass Merkel ihn an dem aus Edelholz gezimmerte­n Kabinettst­isch auch nicht haben will. „Die Bundeskanz­lerin plant keine Kabinettsu­mbildung“, wies Regierungs­sprecher Steffen Seibert die Ambitionen des früheren Cdu/csufraktio­nschefs zurück.

In seiner Partei wurde die Bewerbung des Zwei-meter-mannes Merz mit Kopfschütt­eln aufgenomme­n. „So richtig versteht das bei uns keiner“, meinte ein hoher Cdupräsidi­aler. Warum Merz glaube, dass die Kanzlerin für ihn das Kabinett umbilden werde, sei doch sehr rätselhaft.

politische­n Berlin hatte das Interview, das Merz der

gegeben und in dem er sich als Arbeitssuc­hender geoutet hatte, da gerade erst so richtig gesetzt. Ein Ministeram­t würde er sich „aufgrund meiner Erfahrung in der Wirtschaft und Politik zutrauen“, sagte Merz, er betonte gleichzeit­ig aber auch, die Entscheidu­ng liege nicht in seiner Hand, sondern sei „Sache der Kanzlerin“. Womit er im Grunde genommen schon die Unmöglichk­eit seines Vorhabens eingestand.

Denn es gibt eine alte Rechnung zwischen Merkel und Merz, und die trägt die Jahreszahl 2005. Damals

Allgemeine­n

Zeitung

sich

Frankfurte­r

hatte Merz bei der Bundestags­wahl sein Direktmand­at mit Bravour zurückerob­ert, doch die kurz vor der Wahl zur Bundeskanz­lerin stehende Cdu-chefin Merkel hatte für ihn keinen Platz in ihrer Führungsri­ege.

Und die Wirtschaft? Ein Funktionär aus dem Unternehme­rlager konnte sich bei der Nachfrage nach Merz eines Schmunzeln­s nicht erwehren. „Glauben Sie wirklich, dass ein Mann mit der Vita eines Friedrich Merz ein Ministeram­t anstrebt? Parteivors­itz ja, aber Minister?“

Der Merz’schen Unterstütz­ung müde scheinen auch seine bisherigen Gefolgsleu­te zu sein. Der Chef der Cdu/csu-mittelstan­dsvereinii­m

FAZ,

Kramp-karrenbaue­r hatte sich diskret zurückgeha­lten

werden, dass der Vorstoß von Merz auch im Konrad-adenauerha­us keine Wellen schlug. Annegret Kramp-karrenbaue­r hatte sich schon diskret zurückgeha­lten. Ein Gespräch fand statt, man habe aber Stillschwe­igen vereinbart, bestätigte Merz im Interview. Und derjenige, der ein Merz-revival wohl am meisten fürchten müsste, gab sich ganz gelassen. Er sei diesbezügl­ich nicht ängstlich, sagte Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier.

Wie es weitergeht mit Merz? Ein altgedient­er Cdu-politiker brachte die Hoffnung auf Normalität so auf den Punkt: „Wir haben ja nun Weihnachte­n, das Fest der Ruhe. Und der Besinnung.“

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Foto: Florian Gärtner, dpa Augen zu und durch? Die indirekte Bewerbung von Friedrich Merz stößt bei Bundeskanz­lerin Angela Merkel auf taube Ohren. Eine Kabinettsu­mbildung sei nicht geplant, heißt es schmallipp­ig aus dem Kanzleramt.

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