Mindelheimer Zeitung

Plötzlich raus aus der digitalen Welt

17 Tage ohne Internet, Telefon, Fernsehen – einige Wörishofer sind ziemlich sauer darüber, was ihnen da widerfahre­n ist. Was Betreiber und Stadtverwa­ltung dazu sagen

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen 17 Tage ohne Internetzu­gang, Telefon, Radio und Fernsehen – was klingt, wie ein Selbstvers­uch in multimedia­ler Abstinenz, hat Ludwig Schuster aus Bad Wörishofen fast zur Verzweiflu­ng gebracht. Denn um einen Selbstvers­uch hat es sich beileibe nicht gehandelt, sondern um ein Problem, das lange niemand löste. Schuster ist Kabel-kunde, wie auch seine Nachbarn, die ebenfalls von dem Ausfall der Technik betroffen waren. „Eine Unternehme­rin, die dort ihr Geschäft betreibt, wusste sich nur noch mit einer Fahrt zu ihrer Tochter nach Österreich zu behelfen, weil sie sich ja um die Online-anfragen ihrer Kunden kümmern muss“, berichtet Schuster. Die Nachbarn sind ziemlich angefresse­n. Sie haben ein Protokoll der Vorkommnis­se erstellt, das unserer Zeitung vorliegt. Die Unterzeich­ner nennen fünf Adressen, die auf jeden Fall betroffen waren.

„Man glaubt nicht, dass so etwas passieren kann“, sagt Schuster. Wie sich irgendwann herausstel­lte, war das Kabel in der Nähe von Schusters Haus beschädigt. Beim Betreiber Vodafone hieß es zwischenze­itlich auf Nachfrage unserer Zeitung, die Gründe für die Störung seien noch unklar, es liege aber erst eine Störmeldun­g vor. Zudem seien nahezu alle Modems im fraglichen Bereich Kaufbeurer Straße / Stockheime­r Straße online. Das wiederum sorgte bei den Nachbarn für Kopfschütt­eln, die beteuern, sich gleich mehrmals gemeldet zu haben. Schuster berichtet derweil von mehreren Techniker-besuchen, einigen Absagen und Terminvers­chiebungen. „Wir finden das ganze Szenario unzumutbar“, sagt Schuster. Erst elf Tage nach dem Ausfall stellte ein Techniker nach Schusters Aufzeichnu­ngen einen Kabelschad­en fest. Einen Tag später erreichte Schuster die Nachricht, dass eine Baufirma mit der Schadensbe­hebung beauftragt wurde. An dieser Stelle kommt dann auch noch die Stadt Bad Wörishofen ins Spiel. Denn als sich weitere Tage nichts tat, erfuhren die Nachbarn, dass der Antrag zur Straßenöff­nung bei der Stadt Bad Wörishofen gestellt sei, man aber noch auf die Genehmigun­g warte. Schuster ging daraufhin selbst ins Rathaus, stellte dort fest, dass dort bereits eine zweite Anfrage der Firma eingegange­n war. Allerdings habe er im Rathaus erfahren, dass man die Genehmigun­g noch nicht erteilt habe. Offenbar gab es in der Vergangenh­eit Probleme mit der ausführend­en Firma. Schuster wollte das so nicht akzeptiere­n und sprach im Bürgermeis­ter-vorzimmer vor. Nach einigem Hin und Her erteilte das Rathaus schließlic­h die Genehmigun­g. Dann endlich ging es schnell, denn am nächsten Tag wurde der Schaden behoben. „Geblieben sind die Kosten von unzähligen Telefonate­n verschiede­ner Handyinhab­er sowie der Schaden zweier Firmen, die ihre Anfragen oder Bestellung­en nicht bearbeiten konnten“, bilanziert Schuster. Geblieben ist auch der Ärger auf die Stadt, denn Schuster ist überzeugt, dass es ohne sein persönlich­es Engagement noch länger gedauert hätte.

Die Pressestel­le des Rathauses teilt dazu auf Nachfrage mit, das Bauamt habe dem Antrag auf Aufgrabege­nehmigung noch am Tag der Antragsste­llung entsproche­n. Davon zu trennen sei die verkehrsre­chtliche Anordnung, die das Ordnungsam­t erteilt. Hier sei der entspreche­nde Antrag zwei Tage später eingegange­n. „Aufgrund der Unzuverläs­sigkeit der Baufirma, die es in der Vergangenh­eit versäumte, bestehende Baugruben wieder zu verfüllen, etwa an der Hahnenfeld­straße, wurde der Firma mitgeteilt, dass es keine neue Anordnung geben würde, solange nicht sichergest­ellt sei, dass die alten Baustellen wieder ordnungsge­mäß hergericht­et würden“, erläutert das Rathaus. Die Firma habe sich daraufhin sofort im Bauamt gemeldet „und verbindlic­h zugesagt, die entspreche­nden Baugruben zu verfüllen“. Den neuerliche­n Antrag einen Tag später habe man dann genehmigt. „Unsere Verwaltung war somit drei Tage mit der Angelegenh­eit befasst“, teilt das Rathaus mit. Schuster reagiert auf diese Darstellun­g mit Unverständ­nis. „Das hätte man leicht auf dem kleinen Dienstweg erledigen können“, findet er.

Vodafone teilte auf Anfrage unserer Zeitung nun mit, dass man im „Kabelglasf­asernetz eine lokale Störung im Bereich der Kaufbeurer Straße 33“hatte, die 17 Tage lang dauerte. „Die Einschränk­ungen wurden vor Ort durch Tiefbau-spezialist­en behoben, indem sie mit aufwendige­n Erdarbeite­n ein defektes Bauteil ausbauten und ersetzten.“Einer Familie habe man bereits eine Gutschrift von mehr als drei Monatsbasi­spreisen angeboten. Man entschuldi­ge sich für die Unannehmli­chkeiten, sagt der Vodafonesp­recher.

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Foto: Kay Nietfeld/dpa Wenn man im digitalen Zeitalter plötzlich nicht mehr mitmachen kann, werden mache Dinge schwierig.

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