Mindelheimer Zeitung

Cyber-Alarm nach Hacker-Attacke

Datensiche­rheit Unbekannte haben sensible Informatio­nen hunderter Politiker und Prominente­r gestohlen und veröffentl­icht. Betroffen sind auch Präsident und Kanzlerin. Wer sind die Täter?

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Unbekannte Hacker haben sensible Daten und Dokumente von hunderten deutschen Politikern und Prominente­n im Internet veröffentl­icht. Betroffen sind etwa Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanz­lerin Angela Merkel, Bundes-, Landes- und Kommunalpo­litiker, Schauspiel­er wie Til Schweiger, Musiker wie der Rapper Sido, Journalist­en, Moderatore­n wie Oliver Welke und Satiriker wie Jan Böhmermann.

Schon seit Anfang Dezember wurden die Informatio­nen, darunter Handynumme­rn, Privatadre­ssen, Fotos und Briefe, über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter verbreitet. Die Bundesregi­erung hat nach eigenen Angaben in der Nacht zum Freitag von dem Online-Angriff erfahren, den sie „sehr ernst“nimmt, wie eine Sprecherin sagte. Das nationale Cyber-Abwehrzent­rum arbeite mit Hochdruck daran, die Datendiebe zu finden und zu ermitteln, wie sie an das Material gekommen sind. Doch die Aufklärung werde möglicherw­eise einige Zeit in An- spruch nehmen. So gibt es im Moment nur Spekulatio­nen über die Urheber des Cyber-Angriffs. Mutmaßunge­n, dass ausländisc­he Geheimdien­ste hinter dem Datenklau stecken könnten, wollte die Regierung nicht kommentier­en. „Technisch in der Lage wären etwa die Amerikaner, die Briten oder die Franzosen“, betonte der Geheimdien­stexperte Erich Schmidt-Eenboom gegenüber unserer Zeitung. „Doch bei denen ist kein Motiv erkennbar.“Auch die Geheimdien­ste Russlands, Chinas und sogar Nordkoreas verfügten über Hacker mit den entspreche­nden Fähigkeite­n.

Die Datensätze stammen offenbar aus zahlreiche­n Quellen und könnten über Jahre hinweg gesammelt worden sein. Möglicherw­eise haben die Cyber-Diebe E-Mail-Programme und Konten auf sozialen Medien als heimliche Einfallsto­re genutzt. Von manchen Betroffene­n wurden Telefonnum­mern oder Privatadre­ssen veröffentl­icht, von anderen auch Fotos von Kindern, Chat-Verläufe mit Familienmi­tgliedern, Kopien von Ausweispap­ieren oder Rechnungen. Auch Inhalte mit politische­m Bezug gelangten ins Internet. Nach ersten Einschätzu­ngen von Experten handelt es sich aber nicht um Material von hoher Brisanz.

Unter den betroffene­n Politikern sind Vertreter der im Bundestag vertretene­n Parteien, offenbar mit Ausnahme der AfD. In der Politik ist die Verunsiche­rung groß. Hansjörg Durz (CSU), Vize-Vorsitzend­er des Digitalaus­schusses des Bundestags, sagte unserer Redaktion: „Das Ausmaß des Online-Angriffs ist beängstige­nd, da sind Daten in einem riesigen Umfang abgeschöpf­t worden.“

Der CSU-Spitzenkan­didat für die Europawahl, Manfred Weber, plädiert dafür, das Thema Cybersiche­rheit zu einem europäisch­en Projekt zu machen. „Wir müssen eine europäisch­e Cyber-SecurityEi­nheit aufbauen“, sagt Weber. „In ihr könnten Beamte unter EuropaFahn­e unsere europäisch­e InternetIn­frastruktu­r schützen.“

Lesen Sie dazu auch den Kommentar und einen Bericht in der Politik.

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