Mindelheimer Zeitung

Österreich besteuert Facebook & Co. härter

Internetri­esen Nachdem sich die EU nicht auf die Digitalste­uer einigen kann, handelt Wien allein

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Google, Facebook und andere Internetko­nzerne machen online große Gewinne, zahlen in der EU aber so gut wie keine Steuern. Das ärgert die Europäer seit Jahren. Dennoch konnten sich die EU-Finanzmini­ster im Dezember nicht auf gemeinsame Regeln für eine EU-Digitalste­uer einigen. Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz will sich mit diesem Zustand nicht abfinden und führt die Digitalste­uer in Österreich im Alleingang ein. „Es ist nur gerecht, wenn die Internet-Giganten in Europa ordentlich Steuern zahlen“, sagt Kurz.

Klassische Unternehme­n entrichten in Österreich durchschni­ttlich etwa 23 Prozent Steuern auf ihre Gewinne. Google, Amazon und Facebook schlüpfen jedoch derzeit durchs Netz der Steuer-Vorschrift­en. In Zukunft sollen sie Steuern auf die Einnahmen zahlen, die sie in Österreich dadurch erzielen, dass sie ihren Nutzern Werbung präsentier­en oder deren Daten auswerten.

Noch ist nicht offiziell, wie hoch die Digitalste­uer sein soll. Das soll bei einer Klausur der Regierung Ende kommender Woche beschlosse­n werden. Aus dem Finanzmini­sterium ist zu erfahren, dass die Einnahmen aus dem digitalen Werbegesch­äft mit drei Prozent besteuert und die Steuer auf Werbung bei klassische­n Medienunte­rnehmen von fünf auf drei Prozent gesenkt werden könnten. Denn die Medienunte­rnehmen fordern seit Antritt der Regierung Kurz Gleichbere­chtigung mit den Internetri­esen. Maximal 100 Millionen Euro sollen durch die Digitalste­uer eingenomme­n werden.

Auch Frankreich hat zum Jahreswech­sel eine Digitalste­uer eingeführt, die 500 Millionen Euro in den französisc­hen Staatshaus­halt spülen soll. In Deutschlan­d hat Finanzmini­ster Olaf Scholz sich für eine über die EU hinausgehe­nde internatio­nale Lösung ausgesproc­hen, angeblich, um die ohnehin bestehende­n Konflikte mit der US-Regierung nicht weiter anzuheizen.

Das ist für Österreich mit einem sehr geringen Aufkommen aus der Digitalste­uer kein Problem. Kurz versucht durch sein Vorangehen, einerseits gegenüber den nationalen Medienunte­rnehmen Wort zu halten und anderersei­ts den Druck in der EU aufrechtzu­erhalten. Manfred Weber, Spitzenkan­didat der Europäisch­en Volksparte­i bei der Europawahl, hat ihm Unterstütz­ung zugesagt. „Egal, ob es anderen passt oder nicht, wir müssen für Gerechtigk­eit sorgen“, erklärte er. „Wir alle spüren, dass es uns entweder gemeinsam als Europäer gelingen wird, unsere Werte zu verteidige­n, oder wir werden nur noch wenige Möglichkei­ten haben, unsere Interessen umzusetzen.“

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Sebastian Kurz

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