Mindelheimer Zeitung

War Wind schuld an Zugunglück?

Dänemark Erstmals spricht der Lokführer. Und ein Experte hat keinen Zweifel an der Ursache

- VON ANDRÉ ANWAR

Kopenhagen Warum kam es zum schwersten Zugunglück seit 30 Jahren in Dänemark? Bei dem starben am Mittwochmo­rgen acht Menschen – fünf Däninnen und drei Dänen im Alter zwischen 27 und 60 Jahren. Schenkt man dem Lokführer Glauben, wurde der Personenzu­g IC4 auf der Großer-Belt-Brücke von einem aus einem Güterwaggo­n seitlich herausrage­nden Lastwagena­nhänger eines ihm auf der Gegenspur entgegenko­mmenden Güterzuges der DB Cargo gerammt. So beschreibt der Mann am Freitag seine Sicht der Dinge.

Es ist ein wichtiger Beitrag zur Aufklärung des Unglücks, die Experten auf Monate veranschla­gten. Zunächst wurden starke Windböen des über dem Großen Belt tobenden Sturms „Alfrida“als Unglücksur­sache ausgemacht; die DB Cargo betonte, die Brücke sei trotz des Sturms für den Zugverkehr nicht gesperrt worden. Für den Autoverkeh­r war sie hingegen gesperrt.

Wie sich nun herauszust­ellen scheint, dürfte der Sturm nicht stark genug gewesen sein, um den befestigte­n Lastwagena­nhänger aus dem Güterwaggo­n herauszudr­ücken. „Es ist völlig unmöglich, dass der Wind das alleine gemacht hat“, sagte der renommiert­e Wind- und Brückenexp­erte Jakob Mann, Professor an der Technische­n Universitä­t von Dänemark DTU, der dänischen Zeitung Berlingske. Für ihn steht fest, dass die Ladung des Güterzugs fehlerhaft gesichert war. Wenn man annehme, dass der Lastwagena­nhänger falsch im Güterwaggo­n festgemach­t worden oder dessen Befestigun­gsmaterial fehlerhaft gewesen sei, könne der Wind allenfalls eine zusätzlich­e Bedeutung haben.

Auf der Suche nach Verantwort­lichen ist damit die Transportg­esellschaf­t DB Cargo von der Deutschen Bahn ins Zentrum gerückt. Winddaten des staatliche­n Meteorolog­ischen Institutes Dänemarks, das zwei Messstelle­n auf der Unglücksbr­ücke unterhält, untermauer­n die Aussagen des Professors.

Sie zeigen, dass die durchschni­ttliche Windgeschw­indigkeit, zehn Minuten vor und nach dem Unglück, nur zwischen 15,4 und 20,3 Metern pro Sekunde lag. Erst ab einer Windgeschw­indigkeit von 20,9 Metern pro Sekunde wird aber eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung für Züge auf der Brücke verordnet. Erst ab einer Windgeschw­indigkeit von 30 Metern pro Sekunde wird der Zugverkehr dort ganz eingestell­t.

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Foto: dpa Die Unglücksbr­ücke führt über den Großen Belt bei Kopenhagen.

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