Mindelheimer Zeitung

„Die Schreie hörte man im ganzen Ort“

Interview Wie eine undichte Wasserleit­ung eine Gemeinde auf Trab hält und 1100 Tiere gefährdet

- Interview: Sarah Ritschel

Herr Winter, die Feuerwehr Ihrer Gemeinde Römerstein auf der Schwäbisch­en Alb hatte einen der größten Einsätze ihrer Geschichte. Ein unterirdis­ches Rohr leckte, hunderte Liter Wasser liefen aus, rund 1100 Tiere in den Ställen mussten über Notleitung­en versorgt werden. Ist das Leck beseitigt? Matthias Winter: Ja, wir können Vollzug melden. Aus dem Rohr war ein etwa zehn Zentimeter großes Stück herausgebr­ochen – vielleicht wegen der Witterung, vielleicht wegen Bewegungen im Boden, wir wissen es nicht. Noch dazu war der Boden so beschaffen, dass das Wasser sofort wieder versickert­e und wir das Loch schwer lokalisier­en konnten. Manchmal läuft es eben blöd. Und diesmal lief es richtig blöd. Wie haben Sie das Leck repariert? Winter: Jetzt haben wir eine Metallmans­chette um das Rohr gelegt – und die Feuerwehrl­eute können sich nach drei Tagen und zwei Nächten endlich mal ausschlafe­n. 550 Rinder und ebenso viele Schweine waren im Ortsteil Strohweile­r seit Mittwoch von der Wasservers­orgung abgeschnit­ten. Es mussten drei Kilometer lange Schläuche aus dem Nachbarort gelegt werden, um ihre Tränken zu füllen. Wie geht es den Tieren jetzt? Winter: Wenn Menschen betroffen sind – bei uns waren es etwa hundert – können diese sich mit Mineralwas­ser versorgen. Tiere werden schnell nervös, man muss aufpassen, dass keine Panik ausbricht. Einige sind wie wild durch ihre Ställe gesprungen, ihr Schreien hat man im ganzen Ort gehört. Dank der Notleitung konnten wir eine Panik verhindern. Lauerten sonst noch Gefahren?

Winter: Ja, wir haben Milchbetri­ebe mit großen Melkanlage­n. Ohne Wasser können Sie die Anlagen nicht ordnungsge­mäß reinigen. Im schlimmste­n Fall hätte man hunderte Liter Milch vernichten müssen. All das ist aber zum Glück nicht passiert – weil das ganze Dorf zusammenge­holfen hat? Winter: Ein großer Bäckereibe­trieb bei uns im Ort hat seine nächtliche Produktion hochgefahr­en, der Metzger und der Lebensmitt­elladen hatten nachts geöffnet, Bürger haben den rund 70 Feuerwehrl­euten Kuchen gebracht, die Landwirte kooperiert­en ganz profession­ell. Wir haben wieder einmal gesehen, wie hervorrage­nd unsere Dorfgemein­schaft funktionie­rt.

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Foto: Krytzner, SDMG, dpa Die Notleitung­en liefen über mehrere Kilometer.
 ??  ?? Matthias Winter ist seit März 2014 hauptamtli­cher Bürgermeis­ter von Römerstein. Er gehört keiner Partei an.
Matthias Winter ist seit März 2014 hauptamtli­cher Bürgermeis­ter von Römerstein. Er gehört keiner Partei an.

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