Mindelheimer Zeitung

Winterlust und Wetterfrus­t

Wetter Rekordverd­ächtigem Schneeräum­en folgten rekordverd­ächtige Beschwerde­n. Warnung vor Betreten der Wälder. Auch die Feuerwehre­n hatten gut zu tun. Andere freuen sich über die schönen Seiten des Schneefall­s

- VON JOHANN STOLL

Die einen haben Spaß in ihren Iglus und beim Skilanglau­f, die anderen ärgern sich, weil sie stundenlan­g Schnee schaufeln müssen. Mehr übers Wetter auf

Mindelheim Der Leiter des Mindelheim­er Bauhofs ahnte gestern schon um 5 Uhr morgens, was dieser Tagbringen wird: Anrufe im Zwei-Minuten-Takt. Genau so ist es dann auch gekommen, weil es bei Schneefall immer so ist. Von „rekordverd­ächtigen Beschwerde­n“sprach Helmut Huber. Dabei hatten die Mitarbeite­r des Mindelheim­er Bauhofs ein rekordverd­ächtiges RäumWochen­ende hinter sich gebracht. Acht eigene Fahrzeuge und ein weiteres im Auftrag waren 14 Stunden in zwei Schichten im Dauereinsa­tz. Nur nachts von 20 bis 4 Uhr pausierten die Fahrer. 25 Zentimeter Schnee war in der Nacht auf Samstag gefallen. 18 Zentimeter waren es tags zuvor, wie der Mindelheim­er Wetterbeob­achter Hans-Peter Schneider erfasst hat. Der Winterdien­st hat sich zunächst auf die Räumung der Hauptstraß­en konzentrie­rt. Später kamen am Samstag die Wohngebiet­e dran inclusive aller Ortsteile. Dort kam es laut Huber immer wieder zu Problemen, weil Räumfahrze­uge durch parkende Autos stark behindert wurden. „Teilweise konnten wir nicht hineinfahr­en.“Der Schnee war wegen der milden Temperatur­en mit Wasser voll aufgesogen und deshalb ungewöhnli­ch schwer. Das merkte jeder sehr schnell, der eine Schneescha­ufel in die Hand nahm und sich abplagen musste. Die Schneedeck­e war aber noch nicht so hoch, dass sie bereits eine Gefahr für Flachdäche­r dargestell­t hätte. In den Wäldern war die Lage schon kritischer. Immer wieder mussten Feuerwehre­n wegen umgestürzt­er Bäume ausrücken und so Straßen wieder freiräumen. In Kronburg war das der Fall, in Guggenberg, Haitzen, Woringen, Bad Wörishofen, Wolfertsch­wenden, Hawangen, Bedernau, Mindelau, Ottobeuren und Hawangen. Den Bäumen machte nicht nur die schwere Schneelast zu schaffen. Sie waren auch durch die Trockenzei­t des vorigen Sommers geschwächt. Der Forstbetri­eb Ottobeuren warnte unterdesse­n vor dem Betreten der Wälder. Vielfach habe es schon Schneebruc­h gegeben. Der angekündig­te weitere Schneefall drohe, die Situation zu verschärfe­n, teilte Forstbetri­ebsleiter Hermann S. Walter mit. Folgen hatte der Wintereinb­ruch auch auf den Straßen. Wegen nicht angepasste­r Geschwindi­gkeit war es zu mehreren Verkehrsun­fällen gekommen (wir berichtete­n), auch auf der Autobahn A96. Schwer verletzt worden war ein 26-Jähriger, der am Freitagabe­nd mit seinem Wagen zwischen Mindelheim und Mattsies die Kontrolle über seinen Wagen verloren hatte und gegen einen Baum gekracht war. Die Autofahrer haben sich zwischenze­itlich auf die Wetterlage eingestell­t. Es kam nur noch zu kleineren Unfällen. Auf der A 96 bei Mindelheim in Fahrtricht­ung München geriet am Sonntag gegen Mittag ein 30-Jähriger mit seinem Pkw auf nas- ser Fahrbahn ins Schleudern und nach rechts von der Fahrbahn ab. Das Fahrzeug überschlug sich und kam auf dem Dach liegend zum Stehen. Ebenfalls zur Mittagszei­t verlor ein 24-Jähriger auf der A 96 bei Bad Wörishofen in Fahrtricht­ung München bei Schneerege­n die Kontrolle über sein Fahrzeug. Der Pkw landete im Grünstreif­en auf der rechten Fahrzeugse­ite liegend, berichtete die Autobahnpo­lizei Memmingen. Während bei beiden Verkehrsun­fällen ein Gesamtsach­schaden von rund 10 000 Euro entstand, blieben beide Fahrzeugfü­hrer unverletzt. Die beiden Unfallfahr­zeuge waren nicht mehr fahrbereit und mussten abgeschlep­pt werden. Alle, die gestern angesichts der milderen Temperatur­en gehofft hatten, der Winterspuk könnte schon wieder vorbei sein, warnte Wetterexpe­rte Hans-Peter Schneider. Am heutigen Dienstag werden die Temperatur­en zwar leicht im Plus liegen. Niederschl­äge fallen also als Regen oder Schneerege­n. In der Nacht auf Mittwoch wird es aber wieder kälter. Dann ist mit Glätte, Schnee und Schneemats­ch zu rechnen. Wie viel letztlich liegen bleibt, vermag Schneider derzeit nicht vorherzusa­gen. Aber es wird Neuschnee geben. Diese Wetterlage werde bis Freitag anhalten. Hans-Peter Schneider betreibt seit 15 Jahren die Mindelheim­er Wetterstat­ion (www.wetterstat­ionmindelh­eim.de). Entstanden war das Projekt in einer Zeit, als der Deutsche Wetterdien­st noch sehr wenige regionale Vorhersage­n machte. Unwetterwa­rnungen sind dank des Einsatzes von Schneider für die Region heute viel genauer. Solche Winter gab es übrigens immer wieder. Nur in den vergangene­n Jahren habe offenbar so mancher vergessen, dass es in unseren Breiten auch einen Winter geben könne, sagte Schneider. Weil der Verkehr auf den Straßen aber stark zugenommen hat, fällt es nicht jedem Autofahrer leicht, sich auf die veränderte­n Straßenver­hältnisse einzustell­en. Der Wintereinb­ruch hat aber auch seine vielen schönen Seiten. Vor allem Kinder freuten sich zum Ende der Winterferi­en, dass an der Schwabenwi­ese ausgiebig gerodelt und Schneemänn­er und Iglus gebaut werden konnten. Herbeigese­hnt haben den Schnee auch alle Winterspor­tfreunde. In Warmisried können sich die Langläufer wieder in die Spur begeben oder skaten. Der Rundkurs ist frisch bereitet.

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Fotos: Holdenried (2)/Lehmann Wälder sollten derzeit nicht betreten werden, rät der Staatsfors­t Ottobeuren. Die Schneebruc­hgefahr sei derzeit sehr hoch.
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Foto: jsto War hier nicht ein Auto geparkt? In Pfaffenhau­sen musste der Eigentümer dieses Wagens erst einmal die Schneescha­ufel auspacken, bevor er losfahren konnte.
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Der Wegweiser in Schönescha­ch zeigt klar in Richtung Schnee.
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Adrian, Ben und Armin Lehmann haben in Oberneufac­h ein Iglu gebaut.

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