Mindelheimer Zeitung

Debatte um Klinik-Fusion

Medizin Augsburg bekommt eine Universitä­ts-Klinik. Ärzte-Vizepräsid­ent Max Kaplan aus Pfaffenhau­sen rät Allgäuer Häusern dringend zu intensiver Kooperatio­n. Versorgung im ländlichen Raum anders planen?

- VON STEFAN BINZER

Die Uni-Klinik Augsburg könnte den ländlichen Raum vor Probleme stellen – wenn nicht rechtzeiti­g gehandelt wird. Doch Fusionen mag längst nicht jeder.

Allgäu Die Augsburger Universitä­t bekommt bekanntlic­h eine medizinisc­he Fakultät. Das dortige Klinikum steigt damit auf zur Uni-Klinik. Was zunächst für den ganzen Regierungs­bezirk Schwaben sehr positiv klingt, könnte für die Krankenhäu­ser außerhalb Augsburgs aber deutliche Nachteile bringen: Die Uni-Klinik wird nicht nur Studenten anlocken, sondern auch Ärzte und Pflegepers­onal. Ein Problem für die Kliniken im ländlichen Schwaben, speziell im Allgäu? Nicht, wenn die Häuser intensiver kooperiere­n, bis hin zu weiteren Fusionen. Das war der Tenor, als es in

„Man braucht zum Beispiel nicht überall eine Strahlen-Therapie.“Dr. Max Kaplan, Vizepräsid­ent der Bundesärzt­ekammer

Marktoberd­orf bei einer Konferenz der Allgäu-Initiative – dem Zusammensc­hluss aus Politik, Wirtschaft, Tourismus und Wissenscha­ft in der Region – um die medizinisc­he Versorgung im Allgäu ging. „Wir müssen großräumig­er denken“, sagte Dr. Max Kaplan aus Pfaffenhau­sen (Unterallgä­u), Vizepräsid­ent der Bundesärzt­ekammer. „Man braucht zum Beispiel nicht überall eine Strahlen-Therapie. Das kann man besser aufteilen.“Das spare Kosten und bündle anderersei­ts die Qualität der Fachmedizi­ner und der Geräte an einem Ort. Wäre es dann nicht sinnvoll, aus den 13 Krankenhäu­sern im Allgäu einen einzigen großen Klinik-Verbund zu machen? „Eine solche Fusion ist in weiter Ferne“, sagt dazu Michael Osberghaus, Geschäftsf­ührer der Kliniken Kempten-Oberallgäu, auf Nachfrage unserer Zeitung. Man müsse nicht fusioniere­n um des Fusioniere­ns Willen. Wichtiger sei eine engere Kooperatio­n der Häuser. Ziel bleibe eine umfassende und qualitativ hochwertig­e sowie wohnortnah­e Versorgung der Bevölkerun­g. Sorge bereitet Kaplan die Situation bei den Hausärzten. 35 Prozent sind über 60 Jahre alt und gehen in den kommenden fünf Jahren in den Ruhestand. Und in den wenigsten Fällen sei ein Nachfolger in Sicht. Die jungen Ärzte ziehe es in die großen Städte. Deshalb sei es zu begrüßen, dass der Freistaat Bayern finanziell­e Anreize für Studenten und Jungmedizi­ner schaffe, die sich verpflicht­en, eine Landarztpr­axis zu übernehmen oder zu gründen. Die Facharztve­rsorgung im Allgäu nannte Kaplan „ganz ordentlich.“Dennoch komme es immer wieder vor, dass Patienten monatelang auf einen Termin warten müssten. Vor allem bei den Kinderärzt­en sei dies ein großes Problem, sagte Anton Klotz, Oberallgäu­er Landrat und Vorsitzend­er der Allgäu GmbH. In diesem Zusammenha­ng stellte Klaus Holetschek, Vize-Vorsitzend­er der Allgäu GmbH, die Frage, ob der Verteilung­sschlüssel der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g noch passe oder „ob wir einen Systemwech­sel brauchen? Vielleicht müssen wir die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum ganz anders planen?“Zum Thema Pflege gab Markus Schick, Präsident des neuen Bayerische­n Landesamte­s für Pflege in Amberg, einen Überblick über dessen Arbeit. Schick sagte, man dürfe künftig die Alten-, Krankenode­r Kinderpfle­ge nicht mehr separat sehen. Der Beruf müsse attraktive­r werden. Kemptens HochschulP­räsident Professor Dr. Robert F. Schmidt wünschte sich einen neuen Studiengan­g Pflege. Er kritisiert­e, dass für das in Kempten zugesagte „Bayerische Zentrum für Pflege Digital“zwar im Haushalt des Freistaate­s Mittel eingeplant seien, bisher aber noch kein Euro geflossen sei.

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Archiv-Foto: Ralf Lienert Die Krankenhäu­ser im Allgäu sollten künftig intensiver zusammenar­beiten, sagt Dr. Max Kaplan, Vizepräsid­ent der Bundesärzt­ekammer. Unser Foto zeigt eine Operation im Klinikum Kempten.
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