Mindelheimer Zeitung

Zu viel Geld für die Bildung

Ministerin Karliczek muss sich erklären

- VON STEFAN LANGE

Berlin Die Idee des Bildungsmi­nisteriums ist gut: Eine Bildungspr­ämie soll Menschen mit niedrigen Einkommen eine Weiterbild­ung ermögliche­n. Schlecht ist nur, dass die Prämie aus dem Haus von Ministerin Anja Karliczek (CDU) teuer und wenig effektiv ist. Das hat eine Prüfung des Bundesrech­nungshofes ergeben, mit der sich am Freitag der Bundestag befasste.

Das Bildungsmi­nisterium fördert Weiterbild­ungen seit 2008. Nach Angaben des Bundesrech­nungshofes (BRH) wurden bis Ende 2017 rund 78 Millionen Euro für den Prämiengut­schein ausgeschüt­tet, mit dem Weiterbild­ungen bis maximal 500 Euro gefördert werden können. Das Geld stammt aus Mitteln des Europäisch­en Sozialfond­s (ESF), es belastet den deutschen Steuerzahl­er nicht direkt und so weit ist die Prämie noch kein Problem. Das wird sie erst, wenn man sich den Aufwand anschaut. Der beläuft sich nach BRH-Berechnung­en nämlich auf fünf Millionen Euro pro Jahr.

Mithin standen den 78 Millionen Euro an Prämieners­tattungen bis 2017 rund 45 Millionen Euro für den bürokratis­chen Aufwand gegenüber. Der Steuerzahl­er musste damit im Schnitt auf jeden Euro noch 57 Cent drauflegen, wie der BRH kritisiert­e. Das Ministeriu­m wies auf Anfrage darauf hin, dass für eine Bewertung auch die Nutzenseit­e zu beachten sei. Für jeden Euro Zuschuss würden private Mittel in

Die Nachfrage nach dem Programm ist schwach

mindestens gleicher Höhe mobilisier­t. Mit einem Anteil von 75 Prozent könnten zudem Frauen in besonderem Maße von der Bildungspr­ämie profitiere­n.

Ein weiterer Kritikpunk­t: Das bis zum Jahr 2011 angestrebt­e Absatzziel von 300000 Prämiengut­scheinen sei erst fünf Jahre später erreicht worden, moniert der BRH. „Tatsächlic­h ist die Nachfrage nach Prämien- und Spargutsch­einen weit hinter den Erwartunge­n des BMBF geblieben“, bestätigte das Ministeriu­m, das zehn Jahre nach dem Start des Programms keine Idee hat, woran das liegen könnte. „Auf welche Faktoren dieses zurückzufü­hren ist, wird im Rahmen der bis 31. März abzuschlie­ßenden Evaluation eruiert werden“, sagte eine Sprecherin des Hauses.

Die Angelegenh­eit erreichte nun den Rechnungsp­rüfungsaus­schuss des Bundestage­s. Dessen Mitglieder gaben Karliczek nach Informatio­nen unserer Zeitung einige Hausaufgab­en mit auf den Weg. Das Ministeriu­m soll demnach Fragen beantworte­n und von dem Plan Abstand nehmen, die Bildungspr­ämie nach dem Auslaufen der ESF-Mittel 2020 „zu verstetige­n“. Karliczek wird außerdem ermahnt, vernünftig mit den ihr anvertraut­en Steuergeld­ern umzugehen.

Als Mitglied des Ausschusse­s zeigte sich die Grünen-Haushaltse­xpertin Ekin Deligöz nach der Sitzung ziemlich sauer über das Verhalten im Hause Karliczek. „Das Bildungsmi­nisterium schleppt seit dem Jahr 2008 mit der Bildungspr­ämie ein Instrument mit sich herum, das nicht funktionie­rt und obendrein auch noch zu teuer ist“, sagte Deligöz (Neu-Ulm) unserer Zeitung.

Die Bildungspr­ämie habe ihren Zweck offensicht­lich verfehlt, konstatier­te Deligöz. Sie forderte die Regierung auf, endlich wirksame Vorschläge zur Weiterbild­ung vorzulegen. In einer alternden Gesellscha­ft mit Fachkräfte­mangel sei eine hohe Weiterbild­ungsbeteil­igung auch bei Menschen mit geringeren Einkommen ein wichtiger Zukunftsfa­ktor.

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