König Frenzel setzt sich WM-Krone auf
Nordische Kombination Der 30-jährige Oberwiesenthaler holt in Seefeld überraschend Gold, löst Johannes Rydzek als Titelträger ab und ist wieder erfolgreichster deutscher WM-Teilnehmer
Seefeld Hermann Weinbuch ist ein erfolgsverwöhnter Trainer. Seit 21 Jahren schon räumt der Oberbayer bei Großveranstaltungen mit den deutschen Kombinierern reihenweise Medaillen ab. Die goldene gestern für den Oberwiesenthaler Eric Frenzel löste aber auch beim 58-jährigen Bischofswiesener nur eines aus: Kopfschütteln. „Ich weiß auch nicht, wie das immer geht. Damit konnte wirklich keiner rechnen“, sagte Weinbuch, als wenige Meter entfernt die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen dem Oberfeldwebel Frenzel zu seinem sechsten WM-Titel gratulierte. Und Weinbuch bedachte den mit 30 Jahren ältesten deutschen Athleten mit weiteren Komplimenten: „Eric ist ein WahnsinnsWettkämpfer. Wenn er eine Chance wittert, dann beißt er einfach zu. Er ist ein Riesenathlet. Ich kann nur immer wieder den Hut ziehen.“
Auch Frenzel sprach von einem „kleinen Wunder“, so abgeschlagen lief er in der laufenden Saison seiner Form und auch der Konkurrenz hinterher. Einmal musste er krankheitsbedingt pausieren, dann nahm er sich selbst raus aus dem Weltcup und legte mit seinem Heimtrainer Frank Erlbeck Sonderschichten ein.
Frau Laura vergießt die ersten Freudentränen
Das Glück des Tüchtigen sei ihm durchaus hold gewesen, gab Frenzel zu. Schließlich passte bei seinem 130,5-Meter-Satz von der BergiselSchanze am Vormittag alles zusammen. Frenzel hatte ideale AufwindBedingungen, packte die Gelegenheit beim Schopf, ging als Führender in die Loipe und hatte auch beim abschließenden 10-Kilometer-Lauf in der Vierergruppe mit dem Norweger Jan Schmid (am Ende Zweiter) und den Österreichern FranzJosef Rehrl (Dritter) und Mario Seidl alles im Griff.
Nachdem Frenzel seine Konkurrenten vor der letzten Abfahrt abgeschüttelt und dem Norweger Schmid im Flachstück mit großen Skatingschritten die entscheidenden Meter abgenommen hatte, war die Bahn frei für den sechsten WM-Titel von Frenzel. Schon auf der Zielgeraden schickte er Küsschen ins Publikum, überquerte mit dem ihm typischen Ausfallschritt die Ziellinie und reckte die Arme jubilierend in die Höhe. Seine Frau Laura vergoss mit Töchterchen Emma auf dem Arm die ersten Freudentränen.
Der König von Seefeld hatte sich im Tiroler Wintersportort nach 13 Einzelsiegen im Weltcup nun auch die WM-Krone aufgesetzt. Was Wimbledon für Boris Becker und Spa-Francorchamps für Michael Schumacher war – nämlich ihr Wohnzimmer, ist für Frenzel Seefeld. Obwohl er ja von der Schanze
DSV setzt Dominanz bei Großereignissen fort
in Innsbruck gesprungen sei und die WM-Loipen komplett anders sind als in den Vorjahren, habe ihm „der Druck mit dem Titel König von Seefeld wohl doch geholfen“. Die deutschen Kombinierer setzen ihre Dominanz bei Großereignissen ungebremst fort. Bei Olympia in Pyeongchang hatten Frenzel und Johannes Rydzek im Einzel Gold gewonnen, das Team dominierte im Mannschaftswettbewerb. Auch im finnischen Lahti 2017 gab es keine anderen Sieger: Rydzek gewann beide Einzel, eroberte mit Frenzel auch Gold im Teamsprint und einen weiteren WM-Titel in der Staffel. Rydzek verspielte die Titelverteidigung gestern beim Springen. Mit 117,5 Metern ging der König von Lahti mit zu großem Rückstand in die Loipe. „Ich hab’ alles gegeben, aber für mehr hat es heute nicht gereicht“, sagte der Oberstdorfer.