Mindelheimer Zeitung

König Frenzel setzt sich WM-Krone auf

Nordische Kombinatio­n Der 30-jährige Oberwiesen­thaler holt in Seefeld überrasche­nd Gold, löst Johannes Rydzek als Titelträge­r ab und ist wieder erfolgreic­hster deutscher WM-Teilnehmer

- VON THOMAS WEISS

Seefeld Hermann Weinbuch ist ein erfolgsver­wöhnter Trainer. Seit 21 Jahren schon räumt der Oberbayer bei Großverans­taltungen mit den deutschen Kombiniere­rn reihenweis­e Medaillen ab. Die goldene gestern für den Oberwiesen­thaler Eric Frenzel löste aber auch beim 58-jährigen Bischofswi­esener nur eines aus: Kopfschütt­eln. „Ich weiß auch nicht, wie das immer geht. Damit konnte wirklich keiner rechnen“, sagte Weinbuch, als wenige Meter entfernt die Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen dem Oberfeldwe­bel Frenzel zu seinem sechsten WM-Titel gratuliert­e. Und Weinbuch bedachte den mit 30 Jahren ältesten deutschen Athleten mit weiteren Kompliment­en: „Eric ist ein WahnsinnsW­ettkämpfer. Wenn er eine Chance wittert, dann beißt er einfach zu. Er ist ein Riesenathl­et. Ich kann nur immer wieder den Hut ziehen.“

Auch Frenzel sprach von einem „kleinen Wunder“, so abgeschlag­en lief er in der laufenden Saison seiner Form und auch der Konkurrenz hinterher. Einmal musste er krankheits­bedingt pausieren, dann nahm er sich selbst raus aus dem Weltcup und legte mit seinem Heimtraine­r Frank Erlbeck Sonderschi­chten ein.

Frau Laura vergießt die ersten Freudenträ­nen

Das Glück des Tüchtigen sei ihm durchaus hold gewesen, gab Frenzel zu. Schließlic­h passte bei seinem 130,5-Meter-Satz von der BergiselSc­hanze am Vormittag alles zusammen. Frenzel hatte ideale AufwindBed­ingungen, packte die Gelegenhei­t beim Schopf, ging als Führender in die Loipe und hatte auch beim abschließe­nden 10-Kilometer-Lauf in der Vierergrup­pe mit dem Norweger Jan Schmid (am Ende Zweiter) und den Österreich­ern FranzJosef Rehrl (Dritter) und Mario Seidl alles im Griff.

Nachdem Frenzel seine Konkurrent­en vor der letzten Abfahrt abgeschütt­elt und dem Norweger Schmid im Flachstück mit großen Skatingsch­ritten die entscheide­nden Meter abgenommen hatte, war die Bahn frei für den sechsten WM-Titel von Frenzel. Schon auf der Zielgerade­n schickte er Küsschen ins Publikum, überquerte mit dem ihm typischen Ausfallsch­ritt die Ziellinie und reckte die Arme jubilieren­d in die Höhe. Seine Frau Laura vergoss mit Töchterche­n Emma auf dem Arm die ersten Freudenträ­nen.

Der König von Seefeld hatte sich im Tiroler Winterspor­tort nach 13 Einzelsieg­en im Weltcup nun auch die WM-Krone aufgesetzt. Was Wimbledon für Boris Becker und Spa-Francorcha­mps für Michael Schumacher war – nämlich ihr Wohnzimmer, ist für Frenzel Seefeld. Obwohl er ja von der Schanze

DSV setzt Dominanz bei Großereign­issen fort

in Innsbruck gesprungen sei und die WM-Loipen komplett anders sind als in den Vorjahren, habe ihm „der Druck mit dem Titel König von Seefeld wohl doch geholfen“. Die deutschen Kombiniere­r setzen ihre Dominanz bei Großereign­issen ungebremst fort. Bei Olympia in Pyeongchan­g hatten Frenzel und Johannes Rydzek im Einzel Gold gewonnen, das Team dominierte im Mannschaft­swettbewer­b. Auch im finnischen Lahti 2017 gab es keine anderen Sieger: Rydzek gewann beide Einzel, eroberte mit Frenzel auch Gold im Teamsprint und einen weiteren WM-Titel in der Staffel. Rydzek verspielte die Titelverte­idigung gestern beim Springen. Mit 117,5 Metern ging der König von Lahti mit zu großem Rückstand in die Loipe. „Ich hab’ alles gegeben, aber für mehr hat es heute nicht gereicht“, sagte der Oberstdorf­er.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Eric Frenzel kann es zuerst selbst kaum fassen, dann überwiegt die Freude über den sechsten WM-Titel bei dem 30-Jährigen. Dieser Titel kam nach dem bisherigen Saisonverl­auf recht überrasche­nd.
Foto: Ralf Lienert Eric Frenzel kann es zuerst selbst kaum fassen, dann überwiegt die Freude über den sechsten WM-Titel bei dem 30-Jährigen. Dieser Titel kam nach dem bisherigen Saisonverl­auf recht überrasche­nd.

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