Mindelheimer Zeitung

Ein Prinz hat es nicht leicht

Fasching Nick und Luisa treten als Prinzenpaa­r der „Narrneusia“auf. Der Showtanzgr­uppe fällt die Suche nach tanzenden Buben schwer. Denn die müssen auch mal blöde Sprüche ertragen

- VON BIRGIT SCHINDELE

Nick schlüpft in seine goldenen Halbschuhe. Luisa streift ihre weißen Flügel über. Es ist hektisch im Umkleidera­um. Wie immer, wenn ein Auftritt der Neusässer Showtanzgr­uppe „Narrneusia“bevorsteht. Luisa und Nick stechen aus der Gruppe mit drei Buben und 31 Mädchen heraus. Die beiden neun Jahre alten Grundschül­er sind heuer das Kinder-Prinzenpaa­r.

Aber wie wird man denn ein Prinz oder eine Prinzessin, die bei Faschingsb­ällen auftreten dürfen? Bei Luisa war es ganz einfach – sie tanzt gerne. Und nach der Rolle hat sie einfach gefragt. Talent gehört natürlich auch dazu. Das hat sie. Luisa ging früher ins Ballett. Aber: „Das war so steif“, sagt sie. 2017 wechselte sie zu Narrneusia. Dort sind die Choreograf­ien und die Musik moderner, sagt sie.

Was die Tänzer und insbesonde­re das Prinzenpaa­r noch brauchen, ist Kondition und Ausdauer. Denn die Gruppe hat bis zu 50 Auftritte in der Saison. Am Faschingsw­ochenende sogar bis zu sechs Shows am Tag. Dafür üben die fünf bis 17 Jahre alten Schüler einmal in der Woche. Das Prinzenpaa­r sogar zweimal.

Dass Nick heuer die Rolle des Prinzen übernimmt, hat er gar nicht so geplant. Seine Mutter hat ihn überredet. Weil die Kindertanz­gruppe keinen Prinz gefunden hat. Anders als bei Mädchen ist es nämlich gar so nicht leicht, einen Buben zu finden, der in die Rolle des Prinzen schlüpfen will. Nicht, weil Buben nicht tanzen könnten. Nein! Weil es für Jungen nicht immer leicht ist, als Tänzer aufzutrete­n. Manchmal, sagt Nick, ärgern ihn andere Kinder sogar deswegen. An manchen Tagen stört ihn das. „Aber da musst du cool bleiben“, sagt er und tanzt trotzdem. Weil es ihm Spaß macht. Darum ist es ihm egal, was die anderen denken. Und schließlic­h finden es auch nicht alle doof. Seine Freunde zum Beispiel, die finden es gut.

Und natürlich seine Familie, in der fast alle bei Narrneusia sind: seine Eltern, Tanten, Onkel und Cousinen. Als Techniker, Tänzer oder Betreuer. Sein Papa war sogar selbst schon Prinz. „Obwohl er nicht tanzen kann“, sagt Nick und kichert. Denn er findet die Choreograf­ien nicht schwer. „Wir üben ja.“Vergisst er bei einem Auftritt dann doch mal eine Bewegung, macht er einfach weiter.

Das Prinzenpaa­r muss neben den Tänzen auch das Schreiten lernen. „Das ist leicht“, erklärt Luisa. „Es ist ein bisschen wie komplizier­tes Laufen“, sagt Nick, stellt sich kerzengera­de hin und setzt elegant einen Fuß vor den anderen. Seit 1962 treten Prinzenpaa­re der Narrneusia auf. Damals noch als Gardegrupp­e in Uniformjac­ken. Das änderte sich 1993. Seitdem haben die Showtänzer bunte, fantasievo­lle Kostüme – vom Lollipop-Kleid bis zum roten Indianerko­stüm. Schon im Juni startet das Training. Pünktlich zum Faschingsb­eginn am 11. November beginnt die Saison.

An diesem Nachmittag tanzt die Gruppe in einem Seniorenhe­im. Die Kinder huschen in die Umkleide, tragen eilig Glitzer auf. Techniker stellen in Windeseile Mischpult, Vorhang und Scheinwerf­er auf. Luisa zupft ihr Kleid zurecht. Lampenfieb­er hat sie keines. „Es ist toll, zu zeigen, was ich kann.“Aus den Boxen schallt Musik. Die Bühne ist in rotes Licht getaucht. Der silbrig glänzende Vorhang gleitet zur Seite: Luisa und Nick schreiten auf die Bühne.

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Drei Buben und 31 Mädchen haben verschiede­ne Tänze einstudier­t, die sie auf Bühnen rund um Neusäss vorführen.
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Giuli, 9, ausDilling­en hat die komplette Faschingsg­arde gezeichnet.
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