Mindelheimer Zeitung

Ciao Bello

Test Wer schön sein will, muss leiden: Der Maserati Levante ordnet der Optik fast alles unter

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Wer das Interieur des Maserati Levante entert, fühlt sich ein bisschen wie beim Studium einer italienisc­hsprachige­n Speisekart­e: Er muss das alles erst einmal sortieren. Der Materialmi­x ist überwältig­end, die Liebe zum Detail erdrückend.

So wie in diesem Italo-SUV edles Leder, gleißendes Metall und sportives Carbon nicht unappetitl­ich zusammenge­rührt werden, könnte er als Standardwe­rk für angehende Innenraum-Designer dienen. Zierleiste­n ziehen sich mit Schwung über Armaturenb­rett und Türen. Lüfterdüse­n sind mal horizontal, mal vertikal angeordnet; zwei davon rahmen den relativ kleinen Touchscree­n ein. Zwei klassische Analoginst­rumente ruhen in tiefen Tuben. Auch seinen Erfahrungs­schatz in Sachen Bedienelem­ente kann der Levante-Erstbestei­ger erweitern. An Schaltern gibt es nichts, was es nicht gibt: solche zum Drücken, Kippen, Drehen, Letzteres sogar doppelt ausgeführt: oberes Rad die Lautstärke, unteres die Menü-Auswahl.

Sowohl auf den vorderen wie auf den hinteren Sesseln sitzt es sich nobel und großzügig. Der Kofferraum fällt für ein Fünf-Meter-SUV knapp aus, was der coupéhafte­n Linie geschuldet ist. Den besten Platz hat der Fahrer. Wie bei Porsche befindet sich der Startknopf links. Ein Druck, und der Turbodiese­l im Testwagen erwacht zum Leben. Ein zweiter Druck auf die „Sport“-Taste, und der V6 verbreitet einen Sound, wie er unter Selbstzünd­ern seinesglei­chen sucht. Etwas so herrlich Bassiges, Blubbernde­s, Grollendes kennt man sonst höchstens von V8-Triebwerke­n. Wer hätte das gedacht: Der Klang ist das Beste an diesem Auto! Anderersei­ts verwundert nach einem solchen optischen Auftritt der akustische nicht mehr.

Ob der Italiener hält, was er da verspricht? Zumindest fühlt er sich schnell an, was zu einem kleinen Teil auch am Geradeausl­auf und der Geräuschku­lisse liegen mag; beide erreichen subjektiv nicht ganz TopLuxus-Niveau. Einem vergleichb­aren Audi Q8 oder einem BMW X6 fährt der Maserati Levante Diesel den nackten Daten nach eher hinterher, aber er tut es eben mit aufreizend­er Grandezza. Sein weit aufgerisse­ner Schlund mit den blitzenden Chromzähne­n wirkt, als wolle er andere Verkehrste­ilnehmer fressen. Im Kontrast dazu steht die Verspielth­eit der restlichen Karosserie: Kanten, Knicke, Kurven, Kiemen, Falten und Flächen – wo die kühlen Mercedesse, BMWs und Audis lieber ein Element weglassen, fügt der heiße Italiener eins hinzu. Daraus erwachsen eine Emotionali­tät und eine Extravagan­z, die jede objektive Beurteilun­g ad absurdum führen.

Dieses seltene Auto hat kein Problem damit, auf sein Äußeres reduziert zu werden. Im Gegenteil. Entweder ist es mit dem Maserati Levante Amore auf den ersten Blick – oder nix. Tobias Schaumann

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Foto: Maserati Sticht aus der SUV-Masse heraus: der Maserati Levante.

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