Mindelheimer Zeitung

Brigitte Macron: Die Co-Präsidenti­n

Hintergrun­d Der Einfluss von Brigitte Macron für den französisc­hen Staatschef kann gar nicht hoch genug eingeschät­zt werden. Dies behauptet jedenfalls ein aktuelles Buch über „Madame la Présidente“

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Vor knapp zwei Jahren geschah eine Art Revolution in Frankreich. Ein bis dahin wenig bekannter, aber telegener 40-Jähriger namens Emmanuel Macron begab sich mit seiner ein Jahr zuvor gegründete­n Partei in den Präsidents­chaftswahl­kampf – und siegte quasi im Alleingang. Das heißt, nicht ganz allein, sondern im Duo mit seiner Frau Brigitte. „Ohne sie wäre ich nicht ich“, würdigte er sie damals öffentlich.

Genau so sehen es auch Ava Djamshidi und Nathalie Schuck. Die Reporterin­nen der Zeitung Le Parisien haben in rund 70 Gesprächen mit Ministern, Beratern, Vertrauten der Macrons versucht, die Rolle der Première Dame bei der persönlich­en und berufliche­n Entwicklun­g des Präsidente­n einzuordne­n. Das Ergebnis spiegelt sich im Titel ihres Buchs über Brigitte Macron, „Madame la Présidente“, also „Frau Präsidenti­n“, wider: „Ihre Bedeutung für ihn kann gar nicht überschätz­t werden. Er verdankt ihr alles.“Jeden Abend beim gemeinsame­n Essen im Élysée-Palast, abgeschirm­t in einem schicken Pariser Restaurant oder einer Weinbar, sprechen die beiden über Politik. Ob bei der Besetzung des Kabinetts oder einer Maßnahme zur Beruhigung der „Gelbwesten“-Protestbew­egung – Brigitte Macron redet mit und gerät so in direkte Konkurrenz zu seinen Beratern, die ihr das – wie in dem Buch geschilder­t wird – übel nehmen. Manche würden sie sogar „die Alte“nennen.

Zwar scheut die Frau mit der großen indirekten Macht die Kameras. Doch sie ließ sich im Wahlkampf Hand in Hand mit ihrem Mann für die Boulevardp­resse ablichten, denn sie wurde zu seinem Trumpf – nicht trotz, sondern wegen der 24 Jahre Altersunte­rschied. Dieser ist ebenso groß wie jener zwischen Donald und Melania Trump und wird doch deutlich häufiger kommentier­t. Ihre gemeinsame romantisch­e Liebesgesc­hichte diente den Buch-Autorinnen zufolge Macrons Image, der sich als Kandidat außerhalb des „Systems“präsentier­t hatte.

„Doch er hat Elitehochs­chulen absolviert und einen perfekten, glatten Lebenslauf“, sagt Ava Dhamshidi. „Das Einzige, womit er wirklich Normen brach, ist seine 24 Jahre äl- tere Frau.“Für sie, die schon drei Kinder und sieben Enkelkinde­r hat, verzichtet­e er auf eigenen Nachwuchs.

Macron war noch Schüler eines katholisch­en Gymnasiums im nordfranzö­sischen Amiens, als er der verheirate­ten 40-jährigen Lehrerin und Leiterin der Theatergru­ppe begegnete. Bei der gemeinsame­n Überarbeit­ung eines Bühnenstüc­kes verliebten sie sich. Seine Intelligen­z habe sie umgeworfen, erzählte Brigitte Macron später. Gegen alle Konvention­en entschied sie sich für den aufstreben­den jungen Mann, half ihm in Paris mit wichtigen Kontakten, unterstütz­te ihn als eine Art Coach. Bis heute übt sie mit ihm Auftritte ein wie damals im Schultheat­er. „Um Himmels willen, kannst du dich bei deinen Reden nicht mal kürzer halten?“, maßregelt sie den Staatschef regelmäßig. Unerbittli­ch, sogar autoritär rede sie mit ihm, sagt Nathalie Schuck. „Und er will in ihren Augen glänzen.“

Als direkte, herzliche, starke Frau wird Brigitte Macron beschriebe­n, die mit ihrer Rolle im ÉlyséePala­st, der auf sie wie eine „Festung“wirkt, durchaus zu kämpfen hat. Mit den Anfeindung­en, dem Spott über ihr Alter, den verletzend­en Gerüchten über die angebliche Homosexual­ität ihres Mannes: „Das rührt allein vom Altersunte­rschied her und ist schlicht frauenvera­chtend“, sagt Ava Djamshidi. Umso mehr betone Brigitte Macron ihre Attraktivi­tät einer reiferen Frau, zeige ihre schlanken Beine, setze auf ihre positive Ausstrahlu­ng. Der Luxuskonze­rn LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) leiht ihr Garderobe für ihre öffentlich­en Auftritte als Botschafte­rin der französisc­hen Mode, greift dabei fast immer auf Dior zurück. Sie ist disziplini­ert, heißt es, hält ihre eigene freche Spontanitä­t zurück, während ihr Mann immer wieder mit unbedachte­n, flapsigen Sätzen aneckt, will keinen Fehler machen. „Wenn ich im Ausland einen Fauxpas begehe, wird man sagen: Ah, die Franzosen!“, beschrieb Brigitte Macron laut den beiden Journalist­innen selbst ihre Verantwort­ung.

Ein eigenes Gehalt bekommt sie nicht, doch stehen ihr mehrere Mitarbeite­r zur Verfügung, was den Staat laut französisc­hem Rechnungsh­of gut 280000 Euro im Jahr kostet. Als Mitglied einer angesehene­n Schokolade­nfabrikant­en-Familie in Amiens stammt sie aus der Bourgeoisi­e und befindet sich dank der Einnahmen aus vermietete­n Immobilien und ihrer Rente in einer finanziell komfortabl­en Situation. Brigitte Macrons Arbeit gilt als ehrenamtli­ch: Die Beantwortu­ng von vielen der rund 200 Briefe, die sie täglich erhält, die regelmäßig­en Besuche bei den Franzosen, macht sie zum Bindeglied zu ihrem Mann. Hebt der Präsident ab, bekommt er einen Rüffel von seiner Frau – schließlic­h ist seine Amtszeit auch die ihre als heimliche Co-Präsidenti­n Frankreich­s.

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 ?? Foto: Onna Ojala, dpa ?? Brigitte Macron ist viel mehr als die Frau des französisc­hen Präsidente­n. Ein viel beachtetes Buch über „Madame la Présidente“legt nahe, dass ihr Einfluss auf den Staatschef immens ist.
Foto: Onna Ojala, dpa Brigitte Macron ist viel mehr als die Frau des französisc­hen Präsidente­n. Ein viel beachtetes Buch über „Madame la Présidente“legt nahe, dass ihr Einfluss auf den Staatschef immens ist.
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